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Quarantaene

Quarantaene

Titel: Quarantaene Kostenlos Bücher Online Lesen
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fuhr schweigend zum Ende der Straße, wo an der Wendeschleife schon ein halbes Dutzend Autos parkten.
    Der steilste Hang des schneeweißen Hügels war übersät von Rodlern, Boardern und geduldigen Eltern.
    »Viele Flugzeuge unterwegs heute«, sagte Tess, als sie aus dem Auto stieg.
    Chris blickte zum Himmel, sah aber nichts als einen silbernen Fleck fern am Horizont. Wieder eine von diesen kryptischen Tess-Bemerkungen. »Hilfst du mir, den Schlitten raufzuziehen?«
    »Aber sicher.«
    »Fährst du mit mir runter?«
    »Wenn du willst. Aber ich warne dich, ich habe ewig nicht mehr auf einem Schlitten gesessen.«
    »Ich denke, du hattest gar keinen Schlitten. Du hast gesagt, ihr hättet nur Snowtubing gemacht.«
    »Ich meinte, ich bin ewig nicht mehr einen Hügel runtergerutscht.«
    »Seit Portia klein war?«
    »Genau.«
    »Na, dann komm«, sagte Tess.
     
    Die ganze Zeit war sich Tess der zunehmenden und beharrlichen Gegenwart Mirror Girls bewusst.
    Mirror Girl glitt durch jede spiegelnde Oberfläche, wie ein schlüpfriger Geist. Mirror Girl flackerte über die Fenster, die glänzend blaue Motorhaube und die Seitenteile des Autos. Tess war sich sogar der wenigen Schneeflocken bewusst, die aus dem hohen grauen Himmel fielen. Sie hatte Schneeflocken im Sachkundeunterricht studiert: als Beispiele für Symmetrie. Eis, dachte sie, wie Glas, in Reflexionswinkel gefaltet. Sie stellte sich Mirror Girl in sämtlichen unsichtbaren Facetten des fallenden Schnees vor.
    Im Grunde war Tess ein bisschen übel. Mirror Girl bedrängte sie wie ein schwerer, atemberaubender Nebel, bis sie kaum noch an etwas anderes denken konnte. Vielleicht hatte sie Chris zu viel erzählt. Den Namen Mirror Girl auszusprechen, war wahrscheinlich keine so gute Idee gewesen. Vielleicht mochte Mirror Girl es nicht, wenn man über sie sprach.
    Aber Tess hatte sich schon die ganze Woche auf diesen Rodelausflug gefreut und hatte keine Lust, ihn sich jetzt von Mirror Girl vermiesen zu lassen.
    Sie erlaubte Chris, den Schlitten bis zum höchsten Punkt des Hügels zu ziehen. Es gab einen sanften Anstieg auf der einen und dann eine steile Abfahrt auf der anderen Seite. Tess war ein bisschen außer Atem, als sie oben angelangt waren, aber die Aussicht gefiel ihr. Komisch, dass man von einem eher kleinen Hügel so viel mehr sehen konnte als von unten. Hier waren die dunklen Türme von Eyeball Alley, dort die weißen Quadrate der Hubble Plaza sowie die Geschäfte und Häuser rundherum. Die Straßen sahen aus wie auf einem Stadtplan, gerade und messerscharf geführt; die Straße nach Constance schnitt wie eine in weißes Metall geätzte Linie durch das Südtor und weiter in die verschneite Ferne. Wind zupfte an Tessas Haaren, sie nahm ihre Schneemütze aus der Jackentasche und zog sie sich über den Kopf, fast bis zu den Augen hinunter.
    Sie schloss die Augen und sah Flugzeuge. Warum Flugzeuge? Mirror Girl machte sich im Moment große Sorgen um Flugzeuge.
    Um ein kleines Flugzeug mit Propellern und einen größeren Düsenjet, der auf das erste niederschoss wie ein Raubvogel. Wo? Der Himmel war zu bewölkt, um viel erkennen zu lassen, wenngleich die Wolken eher dünn waren und ziemlich hoch. Das Summen in ihren Ohren konnte ein Flugzeug sein, dachte Tess, oder vielleicht auch nur der Wind, der mit dem Kragen ihrer Jacke spielte, oder das eigene Blut, das in den Ohren pulsierte.
    Ihre Finger kribbelten, aber ihr Körper unter der Kleidung war warm. Mir ist heiß, mir ist kalt, dachte sie.
    »Tess?«, sagte Chris. »Alles in Ordnung?«
    Wenn Leute ihr diese Frage stellten, hieß das normalerweise, dass sie sich gerade irgendwie seltsam benahm. Dass sie zu still dastand oder zu lange auf etwas starrte. Aber was kümmerte das die Leute? Was war so seltsam daran, dass man dastand und nachdachte?
    Vielleicht war es das, was Mirror Girl sah oder was Tess sehen sollte: das große und das kleine Flugzeug. Das kleine war hellgelb und hatte Zahlen auf den Flügeln, aber keine militärischen Kennzeichen. Es war größer als die Flugzeuge, die die Felder besprühen, aber nicht viel. Es war ganz klar zu sehen, wenn sie die Augen schloss, aber auch verwirrend, so als würde sie aus zu vielen Blickwinkeln gleichzeitig auf das Flugzeug gucken. Es war ein facettiertes Flugzeug, ein Kaleidoskopflugzeug, ein Flugzeug in einem Spiegel mit vielen Knicken und Kanten.
    Chris reichte ihr das Seil ihres Schlittens. Tess nahm es fest in die Hand und versuchte sich auf die Aufgabe des Rodeins zu

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