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Quarantaene

Quarantaene

Titel: Quarantaene Kostenlos Bücher Online Lesen
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ist?«
    »Marguerite, keiner weiß es. Wir verstehen nicht mal annähernd, was die O/BEKs machen. Sie können durch Steinwände gucken; ein Sandsturm sollte da eigentlich kein Problem sein. Aber die Sicht ist stark eingeschränkt, also muss das Auge sich vielleicht viel mehr anstrengen, um an einem beweglichen Ziel dranbleiben zu können; vielleicht ist es das, womit wir es hier zu tun haben. Wir können nicht mehr tun, als die Peripherieprobleme zu behandeln, sobald sie auftauchen. Die Temperatur kontrollieren, die Quantentröge stabil halten.« Er schloss die Augen und strich sich mit der flachen Hand über die stoppelige Kopfhaut.
    Das ist es, was wir uns nicht gerne eingestehen, dachte Marguerite: dass wir eine Technologie benutzen, die wir nicht begreifen. Eine »dissipative Struktur«, die fähig ist, ihre eigene Komplexität zu erhöhen – fähig, in ihrem Wachstum über die Grenzen unseres geistigen Auffassungsvermögens hinauszugehen. Nicht eigentlich eine Maschine, sondern ein Prozess innerhalb einer Maschine, Evolution im Kleinformat, eine neue Lebensform eigener Art. Wir haben dabei nichts weiter getan, als den Anstoß gegeben, den Prozess auszulösen und ihn unseren Zwecken anzupassen. Was uns zur einzigen Spezies macht mit einem Auge, das komplexer ist als unser Gehirn.
    Die Deckenlampen flackerten und wurden dunkler. Spannungsversorgungsmonitoren gaben schrillen Alarm.
    »Bitte, Charlie«, sagte Marguerite. »Lassen Sie ihn nicht entgleiten.«
     
    Chris war eben dabei, Tessas abrupter Handbewegung zu folgen, als er die Explosion hörte.
    Es war kein besonders lautes Geräusch, nicht viel lauter als eine zugeschlagene Heckklappe, allerdings gewichtiger, voller rollender Untertöne, wie Gewitterdonnern. Er richtete sich auf und suchte den Himmel ab. Auch die anderen Rodler taten das, soweit sie nicht gerade mit ihren Schlitten auf dem Weg nach unten waren.
    Zuerst sah er einen Rauchring, der sich ausdehnte, sehr blass vor dem Hintergrund der hohen Wolken und der blauen Himmelsabschnitte … dann das Flugzeug selbst, das in ziemlich weiter Ferne in einer gekrümmten Kurve zur Erde fiel.
    Es fiel, war aber nicht hilflos. Der Pilot schien darum zu kämpfen, die Kontrolle zurückzugewinnen. Es war ein kleines Privatflugzeug, kanariengelb, nichts, was irgendwie mit Militär zu tun hatte; Chris sah es im Schattenriss, als es für einen Moment horizontal flog, parallel zur Straße nach Blind Lake und vielleicht noch knapp hundert Meter vom Boden entfernt. Es kam näher, begriff er. Wollte der Pilot die Straße vielleicht als Landebahn benutzen.
    Dann aber kam der Flug wieder ins Stocken, das Flugzeug geriet wild ins Trudeln und stieß schwarzen Rauch aus.
    Jetzt ging es erneut abwärts und jetzt kam es immer näher. »Runter«, sagte er zu Tess. »Runter auf den Boden. Sofort.«
    Das Mädchen bewegte sich nicht, blickte erstarrt auf das Geschehen. Chris drückte sie in den Schnee und deckte sie mit seinem Körper ab. Einige Leute auf dem Rodelberg fingen an zu schreien. Davon abgesehen, war die Stille des Nachmittags geradezu unheimlich geworden: Die Flugzeugmotoren hatten ausgesetzt. Es müsste eigentlich mehr Lärm machen, dachte Chris. All das herunterfallende Metall.
    Das Flugzeug traf am Nordende der Wendeschleife des Parkplatzes auf, nachdem es sich noch kurz hochreißen konnte, um die Kollision mit einem leuchtend roten Ford-Transporter zu vermeiden; die ganze kinetische Energie verwandelte sich in einen Schweif aus roten und gelben Trümmern, der Gräben und Krater in den tiefen Schnee schnitt. Tessas Körper erzitterte bei dem Geräusch. Die Splitter flogen nach Osten, vom Rodelberg weg, und sie prasselten noch immer mit vom Schnee gedämpften Schlägen nieder, als das Wrack in Flammen aufging.
    Chris zog Tess zurück in eine sitzende Haltung.
    Sie saß wie katatonisch da, starre Arme, starrer Blick, kein Blinzeln.
    »Tess«, sagte er. »Hör mir zu. Ich muss da helfen, aber ich möchte, dass du hierbleibst. Knöpf dir die Jacke zu, wenn dir kalt wird, wende dich an irgendeinen anderen Erwachsenen, wenn du Hilfe brauchst, ansonsten aber warte auf mich, okay?«
    »Glaub schon.«
    »Warte auf mich.«
    »Auf dich warten«, sagte sie stumpf.
    Es gefiel ihm nicht, wie sie sprach und sich verhielt, aber sie war nicht verletzt, und in dem brennenden Wrack waren vielleicht noch Überlebende. Er umarmte sie kurz, zur Beruhigung, wie er hoffte, und stürmte dann den Hang hinunter, riss Löcher in den vom

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