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Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken

Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken

Titel: Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Puri
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Ausdruck, der quasi frenetische Begeisterung zum Ausdruck bringt: Not bad at all! – „Gar nicht übel!“ Wenn Sie es dabei noch schaffen, dreinzuschauen wie sieben Tage Regenwetter und überhaupt alle Anzeichen einer klinischen Depression aufweisen, können Sie ohne Umschweife die englische – äh, britische Staatsbürgerschaft beantragen.
    Natürlich wird ein wohlerzogener Engländer anderen gegenüber niemals einen auf dicke Hose machen, wenn es um seine eigene Leistung geht. Ganz egal, ob er barfuß den Mount Everest erklommen, das London Eye aus einem Streichholz geschnitzt oder ein Gemüse gegen den Welthunger gezüchtet hat – er wird die Chose garantiert mit einem beiläufigen „Ach, das ist gar nichts – nur ein kleines Hobby von mir“ runterspielen. Selbst unter Freunden und Kollegen ist es Gang und Gäbe, sich gegenseitig auf Zwergformat zurechtzustutzen. So ist England wahrscheinlich das einzige Land der Welt, in dem Leute ihren besten Freund mit den Worten „Das ist mein Kumpel Barry, er ist ein ziemlicher Idiot“ vorstellen. Und diesen dann mit den Worten Hey, you wanker! („Na, du Wichser!“) begrüßen.
    Unter ferner liefen oder nicht der Rede wert rangieren auch Leistungen berühmter Landsmänner. Ein waschechter Engländer wird niemals über David Beckham sagen, dass dieser ein Spitzenspieler sei oder ähnlich überzogenen Mumpitz behaupten, sondern höchstens einmal anmerken: „Er hat einige Spiele hinter sich.“ John Lennon behauptete seinerzeit von Ringo Starr, dieser sei „nicht mal der beste Schlagzeuger innerhalb der Beatles.“ Und als Colin Firth 2011 für den Oscar nominiert wurde, war sich die gesamte englische Presse einig, dass das nur in die Hose gehen kann. Als Firth dann doch den Oscar gewann, bedankte er sich postwendend bei seiner Filmcrew dafür, dass sie es ihm schwer gemacht hatte, „so schlecht zu sein, wie ich es eigentlich vorhatte.“ Wenn ein Engländer es trotz aller Widerstände zu echtem Ruhm bringt und diesen entgegen aller englischen Gepflogenheit tatsächlich genießen möchte – tja, dann kann man ihm nur raten, das Heimatland zu verlassen und irgendwohin zu ziehen, wo englische Stars wie Stars behandelt werden und nicht wie völlig überschätzte, eingebildete, aufgeblasene Wichtigtuer, die offenbar völlig den Boden unter den Füßen verloren haben. 8
    Völlig legitim ist es dagegen, davon zu erzählen, dass man selbst ganz kurz vom Ruhm gestreift wurde. Zum Beispiel indem man irgendwo durch einen wahnwitzigen Zufall in irgendeine celebrity reingeknallt ist. Oder ein Cousin eines Cousins eines Cousins des eigenen Schwippschwagers – wer hätte es gedacht! – mit einem der rangniedrigeren Royals über drei Ecken verwandt ist. Wichtig ist dabei, dass a) die Person wirklich nur ein entsetzlich unbedeutender oder peinlicher Z-Promi ist oder b) diese Beziehung zum Promi wirklich nur ganz, ganz entfernt ist. Denn alles andere wäre aus englischer Sicht schrecklich wichtigtuerisches namedropping .
    Wo sonst außer im Land des Sich-selbst-Runtermachens könnte es passieren, dass ein Buch mit dem Titel craptowns , auf Deutsch: „Scheißorte“, aufgelegt wird und der zweite Band direkt auf dem Fuße folgt, weil sich so viel Leute beschwert haben, dass ihr Wohnort es nicht in den ersten Band geschafft hat?
    Sich selbst ganz hinten anzustellen ist nicht nur in sprachlicher Hinsicht eine große englische Leidenschaft. Ja, Sie ahnen es, wir kommen endlich zum berühmten englischen Schlangestehen. Es ist tatsächlich so: Kaum steht in England eine einzelne Person länger als ein paar Sekunden irgendwo in der Gegend herum, wird sich ganz automatisch eine weitere Person dahinter stellen und dahinter wieder eine weitere Person und so weiter und so fort. Auch da, wo sich Deutsche innerhalb kurzer Zeit zu lautstark protestierenden und marodierenden Massen zusammenschließen würden, also sagen wir mal, an einer regengepeitschten Bushaltstelle, einem defekten Geldautomaten oder einem verwaisten Kassenschalter, stehen Engländer geduldig ausharrend an, ohne mit der Wimper zu zucken. Wobei Anstehen nicht zwingend meint: in einer schnurgeraden Reihe anstehen. Wer sich an die weltberühmte Schlange Kaa aus dem Dschungelbuch erinnert, weiß, dass Schlangen sich ringeln, stauchen, zum Zickzack falten oder sich auch zum scheinbar völlig ungeordneten Knäuel zusammenlegen können. Wenn es drauf ankommt, ist aber ganz klar, welches Ende zuschnappt. Genauso ist es mit den

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