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Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken

Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken

Titel: Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Puri
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Teriyaki-Soße, Olivenöl und Safran. Mittlerweile gilt England – insbesondere London natürlich, aber nicht nur! – als Paradies für Gourmets aus aller Welt, wo man nach Belieben thailändisch, japanisch, chinesisch, indisch, französisch, italienisch, griechisch oder wie-auch-immerisch essen kann. Das französische Magazin Madame Le Figaro kürte die Engländer 2010 zum Entsetzen der Franzosen zum Sieger in Sachen Kochen, und der renommierte Guide Michelin vergab 2011 ganze 143 Sterne an britische Restaurants. Ha!
    Man muss an dieser Stelle allerdings einräumen, dass viele Engländer das nicht wirklich mitbekommen haben. Die wichtigsten Kochwerkzeuge in den meisten englischen Haushalten sind immer noch Schere, Kochbeutel und Mikrowelle. In den Supermärkten gibt es kilometerlange Gänge mit convenience food . Angeblich gibt es seit Neustem sogar baked beans auf Toast zum Auftauen! Wer kein convenience food zuhause vorrätig hat, holt sich auf dem Nachhauseweg eine Portion fish & chips , chicken tikka masala oder ein Pommes-Sandwich von einer der Imbissbuden, den sogenannten greasy spoons („ fettigen Löffeln“), von denen in England ungefähr 15.625 auf jeden Quadratkilometer kommen. Während immer mehr Deutsche Wert darauf legen, ausgedehnte Essen in geselliger Runde zu genießen – ob in eleganten Restaurants, lauschigen Straßencafés oder am eigenen Tisch –, nehmen viele Engländer ihre Hauptmahlzeit an der Bushaltestelle ein. Oder vor dem Fernseher, wo sie gemütlich und schweigsam vor sich hinkauend – mit Plastikbesteck und warmer Styroporschachtel auf den Knien – einem der unzähligen Fernsehköche beim Zubereiten eines 7-Gänge-Menüs über die Schulter schauen.
    Ach, achten Sie übrigens bei Gelegenheit mal drauf, wie die Engländer ihre Gabel benutzen – nicht wie eine Schaufel, sondern anders herum. Wer sieht, wie sie einzelne Erbsen auf den rutschigen Hügel ihrer umgedrehten Gabel schieben, diese dann zwischen die Ritzen der einzelnen Gabelzinken drücken und die Gabel anschließend vorsichtig zum Mund balancieren, dem wird schlagartig klar, dass Engländer schlichtweg gar keine Zeit haben, ihr Essen auch noch selbst zuzubereiten!
    Seltsam mutet darüber hinaus an, dass traditionelle englische Gerichte, die an und für sich lecker schmecken, so unglückliche Namen tragen wie „Bläschen und Gequieke“ (bubble and squeak), „ Kröte im Loch“ (toad in the hole) oder „Tunten in Soße“ (faggots in gravy). Wer möchte schon persönlich in Erfahrung bringen, was hinter dem Namen „Kniebundhosen Pracht“ (knickerbocker glory) steckt? Oder wie „Singende Maulesel“ (singing hinnies) schmecken? 20 Fast kann einen angesichts so abschreckender Namen der Verdacht beschleichen, dass die Engländer in einer trotzigen Art von verdrehtem Nationalstolz gar nicht wollen, dass man ihr Essen lecker findet. Ich selbst gestehe an dieser Stelle, dass ich tatsächlich immer ein kleines bisschen enttäuscht bin, wenn ich einem deutschen Freund eine Ecke Marmite-Toast (s. S. 94) zum Probieren gebe und er es nicht gleich prustend in hohem Bogen ausspuckt. Denn schließlich bin ich voll und ganz darauf eingestellt, mit stolz geschwellter Brust zu sagen: „Tja-ha, das muss man eben doch mit der englischen Muttermilch eingesaugt haben!“
    Aus dieser womöglich typisch englischen Eigenschaft, stolz auf grenzwertiges Essen zu sein, hat der Starkoch Fergus Henderson ein Geschäft gemacht und im Szeneviertel Spitalfields ein Restaurant namens St John’s Bread & Wine mit Delikatessen wie knusprigem Schweineohrensalat, Ochsenherz und Knochenmarktoast eröffnet, wo die Gäste versuchen, sich im Schräge-Sachen-Essen zu übertrumpfen. Im Gourmettempel Fat Duck in Bray, das zeitweise als bestes Restaurant der Welt galt, hält Starkoch Heston Blumenthal mit erlesenen Köstlichkeiten wie Schnecken-Porridge, in Lakritzegel gedünstetem Lachs und Schinken-Rührei-Eiskrem dagegen.
    Schräg hin, schräg her: Ich möchte hier erwähnen, dass das englische Essen in Wirklichkeit gar nicht mal schlecht ist. Es ist auf eine schlichte, bescheidene und unaufgeregte Weise sogar ziemlich lecker. Außerdem ist es womöglich das tröstlichste Essen, das man an einem langen, kalten, regnerischen Tag zu sich nehmen kann. Angefangen mit dem berühmten englischen Frühstück, dem full english breakfast, auch fry-up genannt, in dem baked beans , gebratene Würstchen, Spiegeleier und Frühstücksbacon die Hauptrollen spielen.

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