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Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken

Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken

Titel: Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Puri
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Frau, die nach einer solchen Ansprache nicht die Bohne weiß, was der wirr daher redende Typ mit den roten Flecken im Gesicht eigentlich von ihr will.
    Eine andere Taktik, das Gegenüber anzusprechen ohne irgendetwas über das eigene schändliche Vorhaben durchsickern zu lassen, erinnert an Stasi-Spitzel, die nur verschlüsselt („Schwarzer Ziegel?“ – „Grüner Skorpion!“) miteinander sprachen. Was soll man von rätselhaften Anmachen halten wie „Entschuldige, würdest du meinen Bart auf Läuse untersuchen?“ oder „Sind deine Zähne echt?“ Eine englische Freundin wurde in einem Pub mit dem Spruch konfrontiert: „Ich bin nicht wirklich so groß. Ich sitze auf meinem Geldbeutel.“ Sollte das nun wohl soviel heißen wie „Du gefällst mir“ – ? Oder vielleicht doch eher „Ich bin ausnehmend winzig und zugleich ein Geldprotz“ – ? Man weiß es nicht.
    Um gar nicht erst den peinlichen Verdacht aufkommen zu lassen, dass sie ihr Gegenüber nett oder attraktiv finden – es besteht schließlich die reale Gefahr, sich eine Abfuhr einzuholen -, setzen manche Engländer auf ironisches Gefrotzel, auf Englisch: bantering. Dabei bedeuten Kommentare wie „Schade, dass du nicht mein Typ bist!“, „Gibt’s deinen Hintern auch in Größe S?“ oder „Blöde alte Kuh!“ – die in Deutschland den Tatbestand der Beleidigung erfüllen würden – je nach Alter, Klasse und Kontext einfach nur „Du bist sehr schön!“, ohne dass man irgendetwas Verfängliches wie „Du bist sehr schön!“ sagen müsste.
    Auch bei Partnerschaftsanzeigen verschleiert man taktisch geschickt die wahren Absichten mit Formulierungen wie: „Jung, attraktiv und intelligent bin ich nicht. Wenn du passendere Adjektive für einen 53 Jahre alten, übellaunigen Idioten finden möchtest, schreib jetzt an Chiffre Nr. 2202.“ Selbst Prominente machen von solchen Abschreckungstaktiken Gebrauch. So beschrieb sich Hugh Grant (schon wieder der!) im Interview zur Liebeskomödie „Mitten ins Herz“ als griesgrämigen alten Sack, der weder romantisch noch musikalisch sei, sondern ein trübsinniger Freak, ja, er nannte sich selbst gar „eine Wolke der Trübsal“. Vorbildlich!
    Natürlich gibt es auch den sehr seltenen Fall, dass Engländer derart von ihren romantischen Gefühlen übermannt werden, dass sie tatsächlich darüber reden wollen. Das führt, ungeübt wie sie in solchen Belangen sind, freilich zu verheerenden Ergebnissen. Man denke nur an das Telefonat, in dem der Prince of Wales seiner damaligen Geliebten beichtete, dass er gerne ihr Tampon wäre. Eine englische Kollegin berichtete, sie habe einmal das erstaunliche Kompliment bekommen, „die bewundernswerteste Frau neben Margret Thatcher zu sein“. Diese Bekanntschaft hat sie nicht weiter vertieft.
    Zusammenfassend lässt sich sagen, das Flirtverhalten des durchschnittlichen englischen Mannes ist so rätselhaft wie das Balzverhalten des neuseeländischen Kakapos, eines vom Aussterben bedrohten Vogels. Dass das englische Volk dennoch weiterhin überlebt, liegt schlicht daran, dass englische Frauen schneller von Kapee sind als Kakapo-Weibchen.
    Kommt es trotz aller Widrigkeiten tatsächlich zu einem Date (dazu sagt man in England übrigens pull ), wird ein normaler Engländer sich auch bei der Wahl der Lokalität keinesfalls dem Verdacht der Gefühlsduselei aussetzen. Kuscheliges Candlelight Dinner beim Italiener fällt also mit hoher Wahrscheinlichkeit flach. Je nach Bildung und Interessenslage hat er vielleicht zwei Kinokarten für einen Arthouse Film über die Inuit in der Tasche. Oder einen Tisch in seinem Stamm-Pub reserviert, an dem im Verlauf des Abends noch drei seiner Kumpels dazu stoßen werden.
    Falls die Verabredung doch (weil die Kumpels nicht konnten) in trauter Zweisamkeit und im flackernden Schein eines Teelichts stattfindet, wird der Engländer keinesfalls durch irgendwelche public displays of affection, auf Deutsch: „öffentliche Zurschaustellung von Zuneigung“, romantische Stimmung aufkommen lassen. Wozu auch durchblicken lassen, dass er sein Gegenüber attraktiv findet? Das kann sie sich ja denken, bei der niedlichen Art, wie er vom letzten Arsenal-Spiel erzählt oder schon mal ausklamüsert, wie man nachher am besten die Rechnung teilt. Dafür, dass der Abend in amouröser Hinsicht nicht ergebnislos zur Neige geht, sorgt schlussendlich alleine die entsprechende Menge Alkohol. Dutch courage, „Holländischer Mut“, nannte man es früher, wenn

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