Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken
genannt, erfanden Engländer. Filme wie Wuthering Heights, Sense and Sensibility oder Der Englische Patient, in denen es vor heimlichen Gelüsten, romantischen Gefühlswallungen und erotischen Anspielungen nur so lodert, entstammen englischen Federn. Dito die Sexbibel der Siebziger, Joy of Sex. Und wer hat das Page-Three-Girl , das „Seite-Drei-Mädchen“ erfunden? Na? Die Engländer. Bitteschön.
Diese überaus beeindruckende Sinneslust der Engländer ist umso bemerkenswerter angesichts der Tatsache, dass Sex und Nacktheit Themen sind, die in England sehr viel haltloses und nervöses Gekicher auslösen. Es ist, wenn man geschichtlich weit ausholt, womöglich noch dem zugeknöpften Erbe der prüden Königin Victoria zu verdanken, dass Sex noch weit bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg nur auf witzig gemeinten Cartoon-Postkarten, sogenannten seaside postcards, abgehandelt wurde. Auf denen waren vor allem mollige Frauen, lüsterne Pfarrer, betrogene Ehemänner und Texte voller Doppeldeutigkeiten zu bewundern. Später, als in Deutschland schon längst FKK-Strände und gemischte Saunas Einzug gehalten hatten, Sexperten wie Dr. Sommer oder Erika Berger die dunkelsten Ecken des Schlafzimmers ausleuchteten und die Berliner Mutter des Punks Nina Hagen im Fernsehen ausführlich zeigte, wie Frauen masturbieren – fand man in England allenfalls schlüpfrige Komödien mit Titeln wie „Geständnisse eines Fensterputzers“ oder „Abenteuer einer Hausfrau“. Der Inhalt in Kurzfassung: Ein sehr unprofessionell ausgeleuchteter Mann mit sehr weißem Hintern macht zu Orgelmusik und lustigen Soundeinlagen (Quiek, quiek, hup, hup!) liegestützenartige Verrenkungen auf einer halbnackten Hausfrau, bis der Ehemann ins Zimmer platzt oder etwas anderes schreiend Lustiges passiert.
Während heutzutage in Deutschland schon 8-jährige in der Schule lernen, was Männer und Frauen machen, wenn sie sich lieb haben und wie man ein Kondom über einen Besenstiel oder eine Banane stülpt, erwerben die meisten englischen Kinder ihre Kenntnisse über Sex im Wesentlichen immer noch durch das intensive Studium von Pornos, Presseskandalen und den Page-3-Girl Bildunterschriften in der Sun . Was zur Folge hat, dass ein Drittel aller Engländer Sex im Stehen oder unter der Dusche für einen angemessenen Schutz vor unfreiwilligen Schwangerschaften und Geschlechtskrankheiten hält, es deswegen eine Menge unfreiwilliger Schwangerschaften und Geschlechtskrankheiten gibt, und bis heute alles, was mit Sex zu tun hat, sehr, sehr schmutzig, verboten und ungezogen ist. Auf Englisch: naughty! Das sagt man in England eigentlich zu Kindern, die etwas ausgefressen haben. Wenn man Erwachsene hingegen als naughty bezeichnet, heißt das, dass sie Geschlechtverkehr haben, die Racker, tss! Obwohl Engländer oft und ausgiebig Sex haben, wäre es ihnen furchtbar peinlich, wenn jemand denken könnte, dass sie in irgendeiner Form beabsichtigen, hoffen oder auch nur im Entferntesten daran denken , so etwas Ungezogenes und Verbotenes wie Geschlechtsverkehr zu haben. Das führt naturgemäß dazu, dass Flirtrituale, in denen es eben genau darum geht, dass man beabsichtigt, hofft und daran denkt, Geschlechtsverkehr zu haben, eine umständliche und nervenaufreibende Angelegenheit sind.
Fängt schon damit an, dass ein englischer Mann die Frau, für die er sich interessiert, natürlich niemals einfach so direkt ansprechen wird – sie könnte ja schließlich merken, dass er – knickknack – etwas von ihr will! Ein normaler englischer Mann wird also erstmal nur verstohlene Blicke werfen und mit einem Bier in der Hand das Objekt seines Interesses umkreisen. Etwa so wie deutsche Jugendliche am Kiosk um die Ecke mit den Ab-18-Zeitschriften herumscharwenzeln. Mit viel Glück nimmt die Frau ihn rein zufällig aus den Augenwinkeln wahr, entweder weil er so niedlich aussieht wie, sagen wir mal, Colin Firth oder auch nur, weil er über den Barhocker gestolpert ist. Ansonsten muss er sie ansprechen. Was den englischen Mann mindestens so viel Nerven kostet wie einen 15-jährigen Deutschen, der im Sexshop nach genoppten Präservativen oder Lackkorsagen fragen muss. Daher wird die Anrede mit vielen „öhs“ und „öms“ und „tjas“ sowie langen Abschnitten des Schweigens durchsetzt sein. Wer gesehen hat, wie Hugh Grant sich im Film „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ an die Frau seines Herzens ranstotterte, weiß, wovon die Rede ist. Im Gegensatz zu der derart umflirteten
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