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Quellcode

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Titel: Quellcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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da Sie seine Wohnung hier nun kennen, aber das braucht Sie nicht zu kümmern. Wenn Sie sich für diese Möglichkeit entscheiden, wird Ihnen nichts geschehen. Die Augen werden Ihnen verbunden, sonst nichts.«
    Der Mann von der Straße hatte den langen Koffer zugeklappt und saß jetzt weiter unten an dem zweiten langen Tisch neben dem jungen Dunkelhaarigen.
    »Und welchen Grund sollten Sie haben, mir zu trauen?«, sagte sie. »Warum sollte ich nicht die Polizei rufen, sobald ich wieder auf freiem Fuß bin?«
    »In der Regierungsorganisation, deren Mitglied ich früher war«, sagte er, »wurde ich dazu ausgebildet, Charaktere schnell zu beurteilen. Bei meiner Arbeit ging es darum, wichtige Perso-nalentscheidungen sehr schnell zu treffen, oft wortwörtlich aus dem Stand, und das unter äußerst schwierigen Umständen.« Er stand auf.
    »Wenn das so ist«, sagte sie und blickte zu ihm auf, »warum sollte ich Ihnen glauben?«
    »Sollten wir zu einer Einigung kommen, werden Sie nicht dagegen verstoßen«, meinte er. »Weil Sie nicht der Typ dazu sind. Aus dem gleichen Grund werden Sie uns auch vertrauen. Was Sie im Grunde ja bereits tun.«
    Darauf wandte er sich ab, ging hinüber zu dem Mann von der Zufahrtsstraße und begann ein leises Gespräch mit ihm.
    Sie hörte das schnarrende Geräusch eines Feuerzeugs, als Bobby sich auf dem Boden eine Marlboro ansteckte.
    Wo würde Bobby schlafen ohne seine Planquadrate? Dann bemerkte sie direkt vor dem Stuhl des Alten eine dünne, blau-graue, perfekt gerade Linie, wie man sie mit einer gespannten Maurerschnur und Kreide zog.
    Dann sah sie eine zweite, welche die erste im rechten Winkel kreuzte.

69. MAGNETE
    Garreth trat mit Tito ans hintere Ende des zweiten Tisches, wo zehn Scheiben mit etwa acht Zentimeter Durchmesser und nicht dicker als eine kleine Münze auf einer frischen Sperrholzplatte lagen.
    Jemand hatte die Scheiben mit türkisblauer Farbe besprüht und dann mit einem Hauch Dunkelgrau und mattem Transparentlack überzogen. Jede der Scheiben lag in einem separaten Feld aus Sprühnebel. Die drei Spraydosen standen ordentlich aufgereiht am Ende der Spanplatte. Garreth zog sich Latexhandschuhe über und hob eine Scheibe vorsichtig hoch, sodass ein sauberer Kreis von unbesprühtem Sperrholz sichtbar wurde. Er zeigte Tito die unbehandelte Rückseite aus silberglänzendem Metall. »Hochenergie-Magnete«, sagte er, »so angesprüht, dass sie möglichst genau mit dem Container übereinstimmen.« Er zeigte auf zwei Computerausdrucke, Fotos eines Frachtcontainers in schmutzigem Türkisblau. »Wenn du so einen auf eine ebene Stahloberfläche setzt, lässt er sich kaum wieder ablösen, außer mit einem Messer oder einer sehr dünnen Schraubenzie-herspitze. Wir haben zehn davon, du musst aber nur maximal neun Löcher abdecken. Der Extramagnet ist für den Fall, dass dir einer runterfällt, aber pass lieber gut auf.«
    »Wie soll ich sie transportieren?«
    »Sie haften entweder aneinander, eigentlich zu fest, um sie wieder zu trennen, oder sie stoßen sich ab. Deswegen nimmst du das hier.« Er zeigte auf ein Rechteck aus steifem, schwarzem Plastik, das mit silbernem Gewebeband beklebt war. An einem Ende war ein Stück olivgrüne Fallschirmleine durch zwei Löcher gezogen. »Unter dem Gewebeband sind weiche Plastiktaschen, eine für jeden Magnet. Zum Reinschmuggeln steckst du das vorne in deine Jeans, beim Klettern hängst du es dir um den Hals. Wenn du die neun Löcher abdeckst, holst du einen nach dem anderen heraus. Sie müssten sämtliche abgeplatzten Stellen vollständig abdecken und gleichzeitig die Löcher versiegeln.«
    »Was für ›abgeplatzte Stellen‹?«
    »Wenn die Kugel den lackierten Stahl durchdringt, verbiegt der Stahl sich nach innen«, erklärte Garreth. »Der Lack ist nicht flexibel und platzt deswegen ab. Ein wenig verdampft auch. Als Ergebnis hat man hellglänzenden Stahl, der um das Loch herum sichtbar ist. Das Loch selbst ist nicht größer als deine Fingerspitze. Sichtbar wird die Einschussstelle nur durch die Abplatzungen, deswegen müssen wir sie abdecken. Außerdem wollen wir das Ganze so hermetisch wie möglich versiegeln, damit keine Sensoren ausgelöst werden.«
    »Und wenn die Löcher zu sind?«
    »Dann musst du dir selbst einen Weg nach draußen suchen. Der Mann, der dich reinbringt, kann uns dabei nicht behilflich sein. Wir gehen gleich noch mal die Karten und die Satellitenbilder durch. Beginn nicht mit dem Klettern, bevor die Mitternachtssirene

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