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Titel: Quellcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Bargeld da. Irgendjemand hat mir erzählt, dass die großen Fische die Fünf- und Ein-Dollar-Noten wegwerfen, weil sich der Aufwand nicht lohnt.« Inchmale liebte solche Geschichten, die mit illegalen Handlungen jeder Art zusammenhingen. »Aber es ist schwierig, mit einer Wagenladung Bargeld etwas Vernünftiges zu kaufen und bei der Bank kann man nur einen gewissen Höchstbetrag einzahlen. Deswegen müssen die Typen mit den Säcken voller Geld heftige Abschläge in Kauf nehmen, wenn jemand das Geld für sie zurück in den Kreislauf bringen soll.«
    »In den USA liegt die Grenze für Bareinzahlungen bei zehntausend Dollar«, sagte der Alte und nahm sich bunt gescheckten Reis und Hühnerstücke in leuchtend gelber Sauce. »Eine zu große Geldmenge stellt ein echtes Hindernis dar. Was kann man denn zum Beispiel mit zehn Millionen anfangen, wenn man die Herkunft nicht preisgeben will?«
    Warum erzählte er ihr das? »Wie viel wäre das denn vom Volumen her, zehn Millionen?« Sie musste an Jimmys Fünftausend in ihrer Handtasche denken. »In Hundertern.«
    »Es sind immer Hunderter«, sagte er. »Weniger als man meinen sollte. Zwei Komma vier Milliarden in Hundertern nehmen nur denselben Raum ein wie vierundsiebzig Waschmaschinen, auch wenn das Geld beträchtlich schwerer ist. Eine Million in Hundertern wiegt nur gut zehn Kilo und passt in einen kleinen Koffer. Zehn Millionen in Hundertern wiegen etwas mehr als hundert Kilo.«
    »Haben Sie die zwei Komma vier Milliarden selbst gesehen?« Fragen konnte man ja.
    »Im Juni 2004«, sagte er, ohne auf die Frage einzugehen, »öffnete an einem Sonntag die Federal Reserve Bank in New York ihren Tresor, um diesen Betrag für die Verschiffung nach Bagdad vorzubereiten, an Bord mehrerer C-130 Frachtflugzeuge.«
    »Bagdad?«
    »Wir haben zwischen März 2003 und Juni 2004 fast zwölf Milliarden Dollar Bargeld in den Irak geschickt. Die Junilieferung sollte die Machtübergabe von der provisorischen Koalitionsverwaltung an die irakische Übergangsregierung abdecken. Der größte Bargeldtransfer auf einmal in der Geschichte der US-Zentralbank.«
    »Und wem gehörte das Geld?« Eine bessere Frage fiel ihr nicht ein.
    »Irakische Gelder, die zum größten Teil aus dem Ölexport stammten und treuhänderisch von der amerikanischen Zentralbank verwaltet wurden, gemäß einer Resolution der Vereinten Nationen. Der Entwicklungsfonds für den Irak. Selbst unter idealen Bedingungen, wie zum Beispiel in einem Land wie diesem in Friedenszeiten, wäre es praktisch unmöglich, genau zu verfolgen, wohin auch nur eine Milliarde letztendlich fließt. Wer sollte den Überblick über zwölf Milliarden in einer Situati-on wie im Irak behalten? Es ist heute völlig unmöglich, mit irgendeiner Sicherheit festzustellen, wohin der Großteil dieses Geldes geflossen ist.«
    »Aber es wurde zum Wiederaufbau des Landes verwendet?«
    »Sieht es so aus?«
    »Es hat zumindest die Übergangsregierung finanziert?«
    »Wahrscheinlich. Zumindest ein Teil davon.« Der Alte fing an zu essen, bedächtig und mit offensichtlichem Genuss.
    Hollis Blick traf den des Engländers, der sie in der Zufahrt aufgelesen hatte. Er hatte dunkle, ganz kurz geschnittene Haare, wahrscheinlich, um seinen früh auftretenden Haarausfall zu vertuschen. Er machte einen intelligenten Eindruck, dachte Hollis. Intelligent und körperlich fit und vermutlich sogar witzig. Er hätte durchaus ihr Typ sein können, dachte sie, wenn er nicht irgendein international agierender Krimineller, Terrorist oder Pirat gewesen wäre. Wer auch immer Bobbys Auftraggeber waren. Multikulturelle Verbrecher, wenn man den verträumt aussehenden Jungen in Schwarz nicht vergessen wollte, der zwar von unbestimmbarer ethnischer Herkunft, aber definitiv kein Amerikaner war. Der Alte war so amerikanisch, wie es nur ging, aber auf eine gerade etwas in die Jahre gekommene Weise. Jemand, der eine Führungsposition eingenommen haben könnte, als Amerika noch von Erwachsenen regiert wurde.
    »Setz dich zu mir«, lud Mr. Intelligent-Fit-und-Kriminell sie von der anderen Tischseite ein und deutete auf den Stuhl neben sich. Der Alte bekundete seine Einverständnis mit einer Geste, da er gerade den Mund voll hatte. Hollis nahm ihren Teller und ging um den Tisch herum. Dabei bemerkte sie am Tischende ein gelbes, rechteckiges Plastikkästchen mit drei kurzen, schwarzen Antennen, jede in einer etwas anderen Länge, einem An-Aus-Schalter und einer roten LED-Anzeige. Es war

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