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angeschaltet.
Sie stellte ihren Teller auf dem Tisch ab und setzte sich neben ihn.
»Ich heiße Garreth«, sagte er.
»Ich dachte, ihr benutzt hier keine Namen.«
»Keine Nachnamen«, antwortete er. »Aber das ist mein echter Vorname. Einer davon zumindest.«
»Was hast du gemacht, Garreth, bevor du mit dieser Sache hier angefangen hast?«
Er dachte nach. »Extremsportarten. Ein bisschen Krankenhaus deswegen. Geldstrafen und ein bisschen Knast, auch deswegen. Ich habe Requisiten für Filme gebaut. Und war Stuntman. Und was hast du getan zwischen ›Hard To Be One‹ und deiner jetzigen Beschäftigung?« Er zog die Augenbrauen hoch.
»Habe Geld an der Börse verloren. Und ins Musikgeschäft eines Freunds investiert. Was sind denn solche ›Extremsportarten‹?«
»Base-Jumping, vor allem.«
»Base-Jumping?«
»Man nennt es auch Objektspringen, weil man im Gegensatz zum Fallschirmspringen von festen Objekten herabspringt. Von Gebäuden, Sendemasten, Brücken, Klippen und anderen natürlichen Formationen.«
»Was ist das höchste Objekt, von dem du je heruntergesprungen bist?«
»Das kann ich dir nicht verraten«, sagte er, »du würdest es nachschauen.«
»Ich kann also nicht einfach Garreth und Base-Jumping googeln?«
»Ich habe meinen Basejumper-Namen benutzt.« Er riss einen langen Streifen von einem leicht angebrannten Naanbrot ab, rollte ihn zusammen und tunkte damit die Reste des Tandoori mit Paneer auf.
»Manchmal wünschte ich mir, ich wäre auch bei meinem Indie-Rocksängerinnen-Namen geblieben.«
»Tito«, er zeigte auf den schwarz gekleideten, jungen Mann, »hat am St. Marks Place ein Poster von dir gesehen.«
»›Tito‹ ist sein Basejumper-Name?«
»Vielleicht ist es auch der einzige Name, den er hat. Er hat eine weit verzweigte Familie, aber ich habe noch keinen einzigen Nachnamen gehört.« Er wischte sich den Mund mit Küchenpapier ab. »Willst du Kinder haben?« fragte er sie.
»Will ich was?«
»Entschuldigung«, sagte er. »Bist du schwanger?«
»Nein.«
»Wie würde es dir damit gehen, wenn du einer gewissen Strahlungsmenge ausgesetzt würdest? Ich spreche von einer unbekannten Menge. Eigentlich nicht sehr viel. Wahrscheinlich. Aber schon etwas heikel. Aber wahrscheinlich gar nicht so schlimm.«
»Du machst keine Witze, oder?«
»Nein.«
»Aber wie viel Strahlung weißt du nicht?«
»So viel wie bei ein paar Röntgenaufnahmen. Wenn alles optimal läuft, wovon wir ausgehen. Falls ein Problem auftritt, könnte sie allerdings auch höher ausfallen.«
»Was für eine Art von Problem?«
»Ein komplexes. Und unwahrscheinliches.«
»Und warum willst du das wissen?«
Er zeigte auf den Alten: »Er will, dass du mitkommst und siehst, worin meine Aufgabe besteht. Das geht, wie gerade beschrieben, allerdings mit einem gewissen Risiko einher.«
»War es eine Überraschung für dich, dass er mich das fragt?«
»Nicht wirklich«, antwortete Garreth. »Er folgt seinem Instinkt, und damit lag er bisher eigentlich immer richtig. Ich finde es merkwürdiger, wer du bist, als dass er dich dabeihaben will, wenn du verstehst, was ich meine. Dass du Hollis Henry bist. Das glaubt einem doch kein Mensch. Aber wenn er dich dabei haben will, bist du herzlich willkommen. Du darfst mich nur nicht ablenken oder hysterisch werden, aber er meint, dass du nicht der Typ dafür bist. Ich glaube es eigentlich auch nicht. Aber wegen der Strahlung wollte ich dich auf jeden Fall fragen. Das möchte ich nicht auf dem Gewissen haben, wenn etwas schief geht.«
»Ich muss aber nicht irgendwo runterspringen?« Sie dachte daran, wie Inchmale ihr mal vom Stockholm-Syndrom erzählt hatte, von der Zuneigung und Loyalität, die man angeblich selbst für den brutalsten Geiselnehmer entwickelte. Sie fragte sich, ob sie gerade etwas in dieser Art erlebte. Inchmale fand, dass Amerika seiner eigenen Regierung gegenüber ein Stockholm-Syndrom entwickelt habe, nach dem 11. September. Aber andererseits dachte sie, dass sie es eigentlich viel eher für Bigend als für diese drei hier hätte entwickeln müssen. Sämtliche In-stinkte sagten ihr, dass Bigend ein wesentlich unheimlicherer Geiselnehmer war (abgesehen von Bobby natürlich, der allerdings hier keine tragende Rolle zu spielen schien).
»Ganz und gar nicht«, antwortete Garreth. »Und ich übrigens auch nicht.«
Sie blinzelte. »Wann soll es passieren?«
»Heute Nacht.«
»So bald?«
»Schlag Mitternacht. Im wahrsten Sinne des Wortes. Aber für den Aufbau vor
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