Quellcode
Version der Signale, die weniger genau ist als die militärische …« Er zuckte die Achseln, und sie fragte sich, wie viel er von dem, worüber er sprach, wirklich verstand. »Er wird nicht begeistert sein, dass ich dich mitbringe«, sagte er.
»Wenn du ihn gefragt hättest, hätte er dann Nein gesagt?«
»Ganz bestimmt.«
Als sie eine Kreuzung überquerten, sah Hollis auf ein Straßenschild: Sie fuhren jetzt auf der Romaine, an der sich niedri-ge, gesichtslose Industriebauten meist älteren Datums erstreckten. Es gab kaum Firmenschilder, die Regel hier schien geordnete Anonymität zu sein. Wahrscheinlich gab es hier Filmarchive, Firmen für Filmeffekte, vielleicht sogar das eine oder andere Aufnahmestudio. Die Bauten wirkten altmodisch: Ziegelhäuser, Blöcke aus weiß getünchtem Beton, überstrichene Stahlrahmenfenster und Oberlichter, hölzerne Strommasten mit Unmengen von Transformatoren darauf. Wie die Welt der amerikanischen Konsumgüterindustrie, dargestellt in einer Sozialgeschichte aus den 1950ern. Zu dieser Zeit menschenleer, obwohl Hollis bezweifelte, dass es tagsüber viel belebter war.
Alberto bog von der Romaine ab, parkte am Straßenrand und griff nach seiner Laptop-Helm-Apparatur auf dem Rücksitz. »Wenn wir Glück haben, bekommen wir ein neues Werk zu sehen«, meinte er.
Die Tasche mit dem PowerBook über der Schulter folgte Hollis ihm zu einem nüchternen Gebäude aus weiß getünchtem Beton fast ohne Fenster. Alberto blieb vor einer Tür mit grüner Blechverkleidung stehen, gab Hollis den Interface-Apparat in die Hand und drückte neben der Tür auf einen Knopf, der wie eine Designanleihe aus dem Standard wirkte.
»Sieh dort hinauf«, sagte Alberto und deutete vage an eine Stelle über und rechts von der Tür. Hollis blickte nach oben. Wahrscheinlich war dort eine Kamera, obwohl sie keine sehen konnte. »Bobby«, sagte Alberto, »ich weiß, du magst keine Besucher, und vor allem keine ungebetenen, aber ich dachte, du würdest vielleicht eine Ausnahme machen für Hollis Henry.« Er machte eine Pause wie ein Showman. »Sieh sie dir an. Sie ist es.«
Hollis wollte schon in Richtung der unsichtbaren Kamera lächeln, stellte sich dann aber lieber vor, für ein Re-Release von The Curfew abgelichtet zu werden. Ein angedeutetes Stirnrunzeln war damals ihr Markenzeichen gewesen. Wenn sie sich in diese Zeit zurückversetzte, dann würde sich der richtige Gesichtsausdruck von allein einstellen.
»Alberto … Shit … Was machst du?« Ein klägliches Stimmchen, dessen Geschlecht und Ursprung nicht zu bestimmen war.
»Ich habe Hollis Henry von The Curfew hier draußen, Bobby.«
»Alberto …«
Der Stimme schien es die Sprache verschlagen zu haben. »Es tut mir leid«, schaltete Hollis sich ein und gab das Visier zurück an Alberto. »Ich möchte mich nicht aufdrängen. Aber Alberto hat mir seine Werke gezeigt und mir erklärt, wie wichtig Sie für seine Arbeit sind, und ich …«
Die grüne Tür schepperte und öffnete sich ein paar Zentimeter nach innen. Eine blonde Locke und ein blaues Auge waren zu sehen. Das hätte lächerlich oder kindisch wirken können, aber Hollis fand es eher einschüchternd. »Hollis Henry«, sagte er, mit einer Stimme, die nicht mehr kläglich und auch deutlich die eines Mannes war. Der Rest von Bobbys Kopf erschien. Er hatte eine archaische Rocknase, wie übrigens auch Inchmale. Den echten Townshend-Moon-Zinken. Hollis fand ihn immer nur bei Männern problematisch, die keine Rockmusiker waren. Dann wirkte er nämlich in einer eigenartigen Umkehrung affektiert. Als hätten diese Typen sich extra lange Nasen wachsen lassen, um wie Rockmusiker auszusehen. Noch komischer war, dass all diese Männer (Buchhalter, Radiologen oder was immer sie waren) auch zu der auffälligen Stirnlocke tendierten, die traditionell dazugehört hatte, damals in London in Muswell Hill oder der Denmark Street. Daran mussten wohl die Friseure schuld sein. Entweder sahen sie die Mega-Rocknase und stylten dann das Haar darüber im Gedenken an eine historische Tradition oder ihr instinktives Gespür für Balance ließ sie ganz automatisch diese massive, das Auge behindernde Stirnlocke erzeugen.
Bobby Chombo verfügte nicht gerade über viel Kinn, vielleicht ging es also auch hier um Balance.
»Bobby«, sagte Hollis und streckte ihm die Hand entgegen. Sie schüttelte eine kühle, weiche Hand, die sich fühlte, als wollte sie auf unauffällige Art lieber ganz woanders sein.
»Damit habe ich nicht
Weitere Kostenlose Bücher