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Titel: Quellcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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und wollte Bobby gerade fragen, was daraus werden sollte, da riss er ihr den Helm so grob vom Kopf, dass sie beinahe nach vorne umgefallen wäre. Beide verharrten wie gelähmt, der Helm zwischen ihnen. Bobbys blaue Augen glotzten bedrohlich wie die einer Eule unter der blonden Haarschräge hervor und erinnerten Hollis stark an ein Foto von Kurt Cobain. Dann nahm Alberto den Helm an sich. »Bobby«, sagte er, »du musst dich jetzt echt beruhigen. Das hier ist wichtig. Sie schreibt einen Artikel über Locative Art. Für Node .«
    »Node?«
    » Node .«
    »Und das ist, verdammt noch mal …?«
    »Eine Zeitschrift. Wie Wired. Nur aus England.«
    »Oder Belgien«, warf Hollis ein. »Oder sonst woher.«
    Bobby sah die beiden an, als wären sie verrückt, nicht er.
    Alberto tippte auf das Kontrollpanel, das Hollis versehentlich berührt hatte. Eine LED-Anzeige erlosch. Er trug den Helm zum näheren der beiden Tische und legte ihn darauf.
    »Der Krake ist fantastisch, Bobby«, sagte Hollis. »Ich bin froh, dass ich ihn sehen konnte. Ich werde jetzt gehen. Entschuldigen Sie die Störung.«
    »Scheiß drauf«, sagte Bobby und seufzte resigniert. Er ging zu dem anderen Tisch und wühlte aus einem Haufen ein Päckchen Marlboro und ein hellblaues Bic-Feuerzeug heraus. Hollis und Alberto sahen zu, wie er sich eine Zigarette anzündete, die Augen schloss und tief inhalierte. Er öffnete die Augen wieder, legte den Kopf in den Nacken und atmete aus. Der Rauch stieg zu den facettierten Deckenleuchten auf. Er zog noch einmal an der Zigarette, blickte die beiden darüber hinweg an und runzelte die Stirn. »Es arscht mich an«, sagte er. »Ich kann es nicht glauben, wie sehr es mich anarscht. Das waren neun Stunden. Neun. Arschige. Stunden.«
    »Probier es doch mal mit dem Pflaster«, schlug Alberto vor. Er wandte sich zu Hollis. »Du hast doch geraucht, damals, als du bei der Band warst?«
    »Ich habe aufgehört«, antwortete sie.
    »Hast du Pflaster benutzt?« Bobby zog noch einmal an seiner Zigarette.
    »Sozusagen.«
    »Wie: sozusagen?«
    »Inchmale hat damals die Berichte der Engländer darüber gelesen, wie sie den Tabak in Virginia entdeckt haben. Die Stämme, die sie dort antrafen, haben ihn nicht geraucht, nicht so, wie wir es tun.«
    »Was haben sie dann getan?« Bobbys Augen sahen jetzt weniger verrückt drein unter seiner Mähne.
    »Zum Teil war es eine Art Passivrauchen, aber gewollt. Sie verbrannten in einem Zelt eine Menge Tabakblätter. Daneben machten sie noch Auflagen.«
    »Auf-was?« Er ließ die halb gerauchte Zigarette sinken.
    »Nikotin wird sehr schnell durch die Haut aufgenommen. Inchmale klebte einem ein Stück Klebeband mit angefeuchteten, zerkleinerten Tabakblättern auf die Haut …«
    »Und so hast du aufgehört?« Alberto riss die Augen auf.
    »Nicht direkt so. Es ist gefährlich. Wir haben später herausgefunden, dass man dabei einfach tot umfallen kann. Genauso wie es mehr als tödlich wäre, wenn man das ganze Nikotin aus einer Zigarette auf einmal aufnehmen würde. Aber das Ganze war so unangenehm, dass es nach ein oder zwei Mal wie eine Schocktherapie wirkte.« Hollis lächelte Bobby an.
    »Vielleicht versuche ich das mal«, meinte er und schnippte Asche auf den Boden. »Wo ist er?«
    »Argentinien«, sagte Hollis.
    »Spielt er noch?«
    »Ja, hin und wieder ein Gig.«
    »Nimmt er auf?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Und du machst jetzt in Journalismus?«
    »Ich hab schon immer ein bisschen geschrieben«, sagte sie. »Wo ist die Toilette?«
    »Gegenüber, in der Ecke.« Bobby wies weg von der Stelle, an der sie Archie und das andere Ding gesehen hatte.
    Als sie in die gezeigte Richtung ging, musterte sie das Gitternetz aus der mehlähnlichen Substanz. Die Linien waren nicht perfekt, aber annähernd gerade. Sie gab acht, nicht darauf zu steigen oder sie zu verwischen.
    Die Toilette hatte drei Kabinen und ein Urinal aus Edelstahl und war deutlich neuer als das Gebäude. Sie schloss die Tür ab, hängte ihre Tasche an den Haken in der ersten Kabine und nahm ihr PowerBook heraus. Während es hochfuhr, machte sie es sich bequem. Wie erwartet, gab es WLAN. Wollte sie Zugang zum drahtlosen Netzwerk 72fofH00av? Ja, sie wollte, loggte sich ein und wunderte sich dabei, warum ein agoraphobischer Technikfreak wie Bobby sich nicht die Mühe machte, sein WLAN mit einer WEP-Verschlüsselung zu schützen, aber sie war immer erstaunt, wie wenige Leute das taten.
    Sie hatte eine Mail von Inchmale. Sie öffnete

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