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Quellcode

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Titel: Quellcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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gerechnet«, sagte er und öffnete die Tür ein paar Zentimeter weiter. Hollis umrundete ihn mitsamt seinem Unbehagen bis sie hinter ihm stand.
    Und fand sich in einem unerwartet großen Raum wieder, der sie an Schwimmbäder und Tennishallen denken ließ. Die Beleuchtung, zumindest in einem zentralen Bereich, war schwimmbadhell: Halbkugeln aus facettiertem Industrieglas hingen an Trägern von der Decke. Der Boden war aus Beton, hatte aber irgendwann einen angenehm grauen Anstrich bekommen. Hollis assoziierte diese Art Räume mit Filmsets und Second-Unit-Aufnahmen.
    Was hier gebaut wurde, war vielleicht sehr groß, aber nicht zu sehen. Der graue Boden war in Quadrate von schätzungsweise zwei Metern Seitenlänge unterteilt, die Linien mit weißem Pulver gezogen, das wahrscheinlich aus einem dieser Markierungswagen kam, die auf Sportplätzen benutzt werden. Und tatsächlich stand da auch ein einrädriger Wagen in Dunkelgrün an die gegenüberliegende Wand gelehnt. Das Gitter entsprach offensichtlich nicht dem Gitternetzsystem, nach dem die Stadt und dieses Gebäude ausgerichtet waren, und Hollis nahm sich vor, danach zu fragen. Im ausgeleuchteten Bereich standen zwei etwa sechs Meter lange Klapptische in Grau. Umgeben von verstreuten Aeron-Schreibtischstühlen und mit PCs beladenen Rollwagen. Das Ganze sah aus wie ein Arbeitsraum für ein halbes Dutzend Leute, obwohl niemand anderes hier zu sein schien als dieser großnäsige Bobby.
    Sie drehte sich wieder zu ihm. Er trug ein grell grünes Polohemd von Lacoste, enge, weiße Jeans und schwarze Leinensneakers mit Gummisohle, die vorne eigenartig lang und spitz zuliefen. Er mochte dreißig sein, schätzte Hollis, auf keinen Fall viel älter. Seine Kleider wirkten irgendwie gepflegter als er selbst; auf beiden Seiten vorne auf dem Baumwollhemd waren noch Längsfalten zu sehen, die Jeans waren fleckenlos sauber, aber Bobby selbst sah aus, als hätte er eine Dusche nötig. »Sorry, dass wir unangemeldet auftauchen«, sagte Hollis, »aber ich wollte Sie gern kennen lernen.«
    »Hollis Henry.« Er hatte die Hände in den Vordertaschen seiner Jeans. Es sah ziemlich mühsam aus, in diese Taschen Hände hineinzubekommen.
    »Ja, die bin ich«, erwiderte Hollis.
    »Warum hast du sie hergebracht, Alberto?« Bobby schien nicht glücklich.
    »Ich wusste, dass du sie kennen lernen willst.« Alberto ging zu einem der grauen Tische und legte Laptop und Visier-Apparatur ab.
    Hinter den Tischen sah Hollis so etwas wie die Umrisse, die ein Kind für ein Raumschiff zeichnen würde, mit Textilklebeband in leuchtendem Orange auf den Boden skizziert. Wenn sie die Größe der Gitterquadrate richtig schätzte, war der spitz auslaufende Umriss gut fünfzehn Meter lang. In seinem Inneren waren die weißen Gitterlinien weggewischt worden.
    »Hast du Archie schon installiert?« Alberto sah zu dem orangefarbenen Klebebandumriss hinüber. »Animieren sie die neuen Hautoberflächen schon?«
    Bobby zog die Hände aus den Taschen und rieb sich das Gesicht. »Ich glaub es nicht. Dass du hier mit ihr antanzt.«
    »Es ist Hollis Henry. Cool, oder?«
    »Ich werde gehen«, sagte Hollis.
    Bobby ließ die Hände sinken, fasste sich an die Stirnlocke und verdrehte die Augen gen Himmel. »Archie ist hochgefahren. Die Karten funktionieren.«
    »Hollis«, sagte Alberto, »sieh es dir an!« Er hielt ein VR-Visier, offensichtlich von Bobby, in der Hand, das kein bisschen nach Flohmarktkauf aussah. »Kabellos.« Sie ging zu ihm hinüber, nahm das Visier und setzte es auf. »Du wirst begeistert sein«, versicherte er ihr. »Bobby?«
    »Auf eins. Drei … zwei …«
    »Hier ist Archie!«, rief Alberto.
    Drei Meter über dem Klebeumriss erschien die glänzende, grau-weiße Gestalt eines Riesenkraken, insgesamt fast 30 Meter lang, mit graziös wiegenden Tentakeln. »Architeuthis«, sagte Bobby. Das eine sichtbare Auge hatte die Größe eines Gelände-wagenreifens. »Häute«, sagte Bobby.
    Licht flutete überall auf der Oberfläche des Kraken, unter der Haut schwammen in verzerrten Videobildern Pixel umher, stilisierte Kanji-Schriftzeichen, die Kulleraugen von Anime-Figuren. Es war großartig, erheiternd. Hollis lachte amüsiert auf.
    »Er ist für ein Kaufhaus in Tokio«, sagte Alberto. »Soll über einer Straße in Shinjuku schweben. Mitten in dem ganzen Neon.«
    »Arbeiten sie jetzt schon in der Werbung damit?« Sie ging auf Archie zu, dann unter ihn. Das kabellose Visier machte das Ganze noch beeindruckender.
    »Ich

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