Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Quelle des Unheils

Quelle des Unheils

Titel: Quelle des Unheils Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. B. Gilmour , Randi Reisfeld
Vom Netzwerk:
bitte.« Alex verdrehte die Augen und ließ sich auf ihr Bett plumpsen. Doch sie sprang sofort wieder auf. Der Kristall, den Karsh ihr nach Saras Beerdigung gezeigt hatte ... als er gesagt hatte, dass aus Alex eine hervorragende Heilerin werden könnte ... wo war der? Hatte sie ihn nicht in ihrer Sporttasche gesehen? Während Cam Amanda ausquetschte, durchsuchte Alex die abgewetzte Stofftasche, die Karsh für sie gepackt hatte. Und fand den schimmernden rosa Halbedelstein.
    Sie nahm ihn heraus und fühlte, wie er sich in ihrer Hand erwärmte. Er erinnerte sie an jenen schrecklichen Tag, an die Beerdigung, den schmerzhaften Abschied von Sara ... Zärtlich rieb Alex mit dem Daumen über den warmen Kristall. Und musste mit einem Mal an Veilchen denken - Saras Blume. Veilchen, Minze und Kamille, hörte sie. Karshs knarzende Stimme flüsterte die Namen dieser Heilpflanzen. Rosmarin für Zufriedenheit. Salbei natürlich. Der Name kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Heilen. Thymian, um Mut zu fördern.
    Die Stimme veränderte sich abrupt. Himmel! Diese gereizte, summende Beschwerde kam zweifellos von Ileana. Jetzt krieg deine Schwester vom Telefon weg. Sofort. Sie weiß, wo diese Kräuter wachsen.
    »Und wer ist der Junge?«, fragte Alex und drehte sich langsam im Kreis, blickte durch das Zimmer, suchte die Decke ab. Bin ich die Auskunft, oder was? Ileana klang empört. Streng deine grauen Zellen mal ein bisschen an. Lass deine Finger die Arbeit machen. Versuch's mal mit dem Telefonbuch. »Entschuldige bitte, aber was machst du da eigentlich?« Cam hatte ihre Hand über die Sprechmuschel gelegt. Beunruhigt starrte sie Alex an.
    »Leg auf«, befahl Alex. »Und zwar gleich!« Sie stürzte sich auf den dicken Block der Gelben Seiten, der in Cams Nachttisch verstaut war, und suchte darin hastig blätternd nach Krankenhäusern.
    Cams graue Augen funkelten widerspenstig. Doch sie sagte: »Danke, Manda. Ich glaube, ich hab mir alles gemerkt. BDTF!«, und schaltete ihr Handy aus.
    »BDTF?« Alex hob den Blick nicht vom Telefonbuch. »Bis die Tage, Freundin«, erwiderte Cam kühl. »Amanda empfiehlt Kamille, Minze und Thymian.«
    Alex verbarg ihre Überraschung. »Drei von sechs. Gar nicht übel«, sagte sie gelassen. »Hat sie dir auch gesagt, wo das alles wächst?«
    »Das weiß ich alleine«, behauptete Cam. »Ich zeig's dir.«
     
    Am späten Nachmittag war es im Mariner's Park sehr friedlich. Obwohl es noch hell war, gingen die Familien, die am Spielplatz und an dem kleinen Teich gewesen waren, gegen sechs Uhr nach Hause - ebenso wie die Dame-und Schachspieler und die Zuschauer, die jeden ihrer Züge kommentierten. Die Senioren hatten ihre Parkbänke verlassen und die Teenies, die sich nach dem Abendessen dort versammelten, waren noch nicht eingetroffen.
    Alex und Cam gingen eine Weile schweigend den Kiesweg entlang. Sie hatten bei drei Kliniken nachgefragt, deren Nummern im Telefonbuch standen. Und sie hatten ihn gefunden. Der Junge lag im Mount-Bay-Krankenhaus, jener Klinik, in der Amanda im Sommer ein Praktikum gemacht hatte. Sein Name war N. Tung. Nguyen Thanh Tung, ein kleiner Vietnamese. »Wir nennen ihn Nelson«, hatte die Schwester aus der Intensivstation ihnen erzählt. »Das weiß er natürlich nicht. Der niedlichste kleine Kerl, den man sich vorstellen kann, aber er liegt noch immer im Koma. Ich werde ihn vermissen.« Cam hatte schlucken müssen, sie dachte, die Krankenschwester meinte, dass Nguyen sterben würde - doch dann fügte die Frau hinzu: »Sie verlegen ihn in ein Privatzimmer, sobald eines frei wird.«
    »Hier entlang«, sagte Cam und durchbrach die Stille. Sie bogen auf einen Trampelpfad ab, der sich durch Bäume und Dornensträucher zum höchsten Punkt des Parks schlängelte, ein verborgener, mit Gräsern wild bewachsener Hügel, von dem aus man einen atemberaubenden Blick auf den Hafen hatte. Im Mittelpunkt dieses abgeschiedenen Hügels wuchs eine dicke, halb verwitterte Ulme.
    An diesem Ort, unter diesem uralten Baum hatte Cam oft Einsamkeit und Ruhe gefunden. Der süße Duft des Thymians, der den Hügel wie einen Teppich bedeckte, erfreute ihre Sinne ebenso wie die Büschel wilder Minze und Kamille und die Veilchen, die sich zwischen die Steine schmiegten und die stacheligen Rosmarintriebe ... Lindernde Kräuter und Wildblumen, die Cam bis zum heutigen Tage einfach als angenehm duftende Pflanzen betrachtet hatte, sie wucherten hier üppig. Ob sie Musik auf ihrem tragbaren CD-Player hörte oder in

Weitere Kostenlose Bücher