Quellen Der Lust
nur noch mehr an. Wohlgeformt und doch kräftig, das war eine Kombination, die ihn überraschte und faszinierte. Plötzlich gehörte alles in den Bildern, die er eben heraufbeschworen hatte – die nackte Haut, die geschwollenen Brustknospen und die geröteten Lippen – unzweifelhaft zu ihr. Und nun saß sie hier vor ihm, fand offensichtlich immer mehr Gefallen an ihm und schien bereit zu sein …
Ein lautes Schnarchen und eine Bewegung auf dem Sitz neben ihr durchdrangen den Nebel der Leidenschaft. Im selben Moment lösten sie sich voneinander, und im Bruchteil einer Sekunde saß er wieder auf seinem Sitz. Er atmete schwer und hatte den Eindruck, in einem Körper gefangen zu sein, in dem jeder Muskel als Zeichen des Protests zuckte.
Die schnarchende Mercy schmatzte im Schlaf und drehte sich so um, dass sie nun mit der Wange gegen die Kutschenwand lehnte. Er konnte kaum schlucken, als er zusah, wie die alte Frau zurück in den Tiefschlaf fiel. Erleichtert zog er sein Jackett aus und zwang sich, Mariahs fragendem Blick zu begegnen.
Ihre Augen waren weit geöffnet und ihre Lippen von den leidenschaftlichen Küssen gerötet. Obwohl ihre Frisur noch immer perfekt saß, schaffte sie es irgendwie, zerzaust und bereit für mehr auszusehen. Diese Lust, diese Begierde hätte ihn überkommen, wenn er sie in jener Nacht geküsst hätte.
„Jetzt wissen Sie, wie ich es mag“, brachte er hervor, wie um sein ungestümes Verhalten zu rechtfertigen.
Sie ließ sich nicht ansehen, ob der Grund, den er für seine stürmische Gefühlsanwandlung angab, sie schockierte.
„In der Tat. Der Prinz scheint ein recht guter Küsser zu sein.“ Nach einer kurzen Weile warf sie ihm ein knappes Lächeln zu, griff gelassen nach ihrem Block und fuhr fort, sich Notizen zu machen. Während sie sich aufs Schreiben konzentrierte, fuhr sie sich mit der Zungenspitze über ihre Lippen – wo sich Sekunden vorher noch die seinen befunden hatten.
Gütiger Gott. Er schloss die Augen, um den Anblick nicht weiter ertragen zu müssen.
Sie machte sich Notizen über seinen Kuss.
6. KAPITEL
Als die Kutsche die herbstliche Landschaft durchquerte, fand Mariah Zeit, sich wieder ein wenig zu fassen. Sie beschloss, Jack St. Lawrence’ Arroganz – und seine Anziehungskraft – in Zukunft so gut es ging zu ignorieren.
Wie selbstverständlich er sein eigener Herr war. Niemand schrieb ihm vor, wer seine Bettgefährtin sein müsse. Wie könnte er da verstehen, wie erniedrigend es für eine Frau war, von einem Mann, und sei er auch ein Prinz, als Freiwild angesehen zu werden?
Wie unappetitlich ihr auch der Gedanke an eine intime Beziehung mit dem Prinzen war, so war es doch der Heiratszwang, der sie am meisten störte. Tief in ihrem Innersten hatte sie heimlich gehofft, dass irgendwann eine neue Liebe in ihr Wirtshaus und in ihr Leben treten würde – jemand, der sie glücklich machen und eine neue Sehnsucht in ihr erwecken würde, mit dem sie Tisch und Bett teilen und den Rest ihres Lebens verbringen könnte. Doch die Forderung des Prinzen, ihm zu Gefallen zu heiraten, bedeutete, dass ihr Traum sich nie erfüllen könnte.
Sie dachte an Thomas Bickering. Wie groß war die Wahrscheinlichkeit, dass er großgewachsen, gut gebaut und muskulös war, mit vollem Haar, in das sie ihre Finger vergraben konnte? Und einem glühenden Blick gesegnet, der ihre Leidenschaft entfachte? Wahrscheinlich eher gering.
Wenn sie doch nur wieder zu ihrem einfachen Leben und ihren unkomplizierten Hoffnungen zurückkehren könnte!
Doch sie wusste, wie unmöglich das war. Von der Sekunde an, in der Jacks Berührungen ihr wieder klargemacht hatten, dass sie eine Frau war und Begehren verspüren konnte, war die Zeit des Trauerns und der Illusion eines einfachen, glücklichen Lebens vorüber.
Sie hatte nun ein anderes Los gezogen. Es lag an ihr, einen Weg zu finden, Probleme und Versuchungen zu überwinden und ein neues Leben zu beginnen. Vielleicht war diese ganze Angelegenheit mit dem Prinzen ein Wink des Schicksals. Könnte es nicht möglich sein, dass sie tatsächlich dazu bestimmt war, mit einem der Männer auf dieser Liste ein neues Glück zu finden? Sie zog das Blatt Papier aus ihrer Tasche und starrte mit einer unguten Vorahnung auf die Namen von Männern, die die Mätresse eines Prinzen heiraten würden, um sich dadurch Vorteile und finanziellen Gewinn zu verschaffen.
Am besten machte sie sich wohl auf das Schlimmste gefasst.
Kurze Zeit darauf verlangsamte der Kutscher die
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