Quellen Der Lust
dass er schlucken musste, um weitersprechen zu können. „Ich will wissen, was mit Bickering vorgefallen ist.“
Sie steckte sich den Rest des Nougats in den Mund und schloss die Augen, wobei sie so aufreizend genüsslich lächelte, dass zwei männliche Passanten sie anzüglich angrinsten. Er musste alle seine Kraft zusammennehmen, um sie nicht zu schütteln. Oder sie abzulecken. Er war sich nicht sicher, welcher Impuls die Überhand gewinnen würde.
„Hei-heiraten Sie ihn nun oder nicht?“ Er versuchte, nicht zu schreien.
„Nicht.“ Sie betupfte sich den Mund mit dem zerknitterten Papier des Nougats, seufzte befriedigt und schlug die Richtung zum Hotel ein.
„Nicht?“ Die Neuigkeit hatte den Effekt einer frischen Brise auf ihn. Sein ganzer Körper entspannte sich. Verärgert angesichts seiner Erleichterung, lief er ihr nach. „Warum nicht?“
Der Blick, den sie ihm zuwarf, trieb ihn fast in den Wahnsinn. Sie folterte ihn und schien seinen Zustand obendrein sehr zu genießen.
„Der Mann im Hotel sagte, in der nächsten Straße gebe es einige Schneider und Hutmacher“, sagte sie mit einer Geste in die beschriebene Richtung. „Am besten würde ich dort schon einmal nachsehen, ob ich etwas finde, bevor wir morgen früh aufbrechen. Es ist wahrscheinlich nicht ganz die gleiche Qualität wie in London, aber ich kann bestimmt schon einige schöne Stücke finden.“
„Wir gehen nirgendwohin, bevor Sie mir keine klare Antwort gegeben haben.“ Er sah sich um, und als er sah, dass die Straße fast leer war, nahm er ihren Arm und führte sie in Richtung des Hotels. „Warum haben Sie ihn ausgeschlagen?“
„Ist das nicht gleichgültig? Lassen Sie uns einfach zum nächsten Kandidaten fahren.“
„Nicht, bevor ich nicht weiß, wieso Sie sich weigern, diesen hier zu heiraten.“
„Na gut.“ Sie riss sich von ihm los. „Er ist ein angenehmer, höflicher, intelligenter, wohlerzogener Mann. Perfekt in jeder Hinsicht außer einer.“
„Und die wäre?“ Ihm fiel gerade nur ein einziges Kriterium ein, als er auf ihre schokoladenverschmierten Lippen starrte und sich vorstellte, wie sie damit den bereitwilligen Anwalt einem Test unterzogen hatte.
„Nächsten Samstag heiratet er die Tochter seines Arbeitgebers.“ Ihr Gesicht wurde ernst. „Womit er wohl für mich nicht mehr als Ehemann infrage kommt. Ich weiß nicht, wieso Sie auf seinen Namen gekommen sind, aber er ist nun schon seit über einem Monat verlobt. Und mit einer jungen Frau, die er von ganzem Herzen – nun, er scheint ziemlich von ihr angetan zu sein.“
Bevor er etwas erwidern konnte, beschleunigte sie ihre Schritte bis zum Hotel, hastete am Portier vorbei und durchquerte die Eingangshalle. Er musste zwei Stufen gleichzeitig nehmen, um sie auf dem Treppenabsatz des zweiten Stocks einzuholen.
„Haben Sie das vor oder nach dem Kuss erfahren?“, fragte er so dringlich, dass es ihm eigentlich peinlich sein müsste. Doch sein Herz raste, er sah nur noch sie, und sein Gehirn war wie benebelt vom Schokoladenaroma ihres Atems.
„Das ist doch nun völlig egal.“ In ihrer Stimme schwang ein Anflug von Bedauern mit, als sie ihm auswich und weitereilte.
Fest entschlossen, eine Antwort zu erhalten, hastete er die Stufen hoch und ihr den Flur entlang nach, um ihr ein weiteres Mal den Weg zu versperren. Was hatte diese Frau an sich, das ihn zu solch einem Verhalten trieb? Noch nie in seinem Leben hatte er sich einer Dame gegenüber so aufdringlich, gereizt und impulsiv benommen. Reiß dich zusammen !
Als er auf sie hinuntersah, ballte er die Fäuste und schluckte.
„Also?“
Sie blickte starr geradeaus, und es war ein Wunder, dass ihr durchbohrender Blick keine Brandlöcher in seinem Hemd hinterließ. Dann sah sie zu ihm auf.
„Haben Sie ihn geküsst?“, fragte er noch einmal.
„Und wieso interessiert Sie das?“ Ihre im schlecht erleuchteten Flur dunkel wirkenden Augen sahen ihn forschend an. Was auch immer sie in seinem Gesicht entdeckte, brachte sie dazu, ihn so anzulächeln, dass ihm die Knie weich wurden. „Ziehen Sie es vielleicht vor, mich selbst zu küssen?“ Kleine Lachfältchen kräuselten sich um ihre funkelnden Augen. „Was natürlich nach den Ereignissen von heute Morgen verständlich wäre. Ich bin eine wunderbare Küsserin.“
Er öffnete und schloss den Mund, ohne etwas herauszubringen. Ihre Worte klangen ihm laut im Kopf nach, und er war gerade noch geistesgegenwärtig genug, zur Seite zu treten und sie vorbei zu
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