Quellen Der Lust
es gehört ganz dir. Ich liebe dich. Besser kann ich es nicht ausdrücken.“
Er spürte, wie sie sich entspannte und zog sie so fest an sich, dass sie kaum noch Luft bekam. „Ich wurde eben fast wahnsinnig, als Bertie dich entführte. Ich war verdammt nahe daran, dem zukünftigen König Englands einen Kinnhaken zu verpassen.“
„Sie waren mit dem Prinzen zusammen?“ Mercy starrte sie ungläubig an und sah dann böse hinüber zu Jack. „Warum haben Sie denn nichts gesagt?“
„Ich konnte kaum noch klar denken“, erklärte er den beiden Frauen. „Doch dann, als ich dich mit ihm weggehen sah, begriff ich, dass ich dich nie mehr verlieren will. Auch nicht an meinen zukünftigen König.“
„Nicht, Jack.“ Sie nahm sein Gesicht zwischen ihre zitternden Hände. „Es reicht, wenn du mir sagst, dass du mich liebst“, sagte sie mit Tränen in den Augen und halb erstickter Stimme. „Daran werde ich mich für den Rest meines Lebens mit Dankbarkeit erinnern. Aber dein Bruder hat recht. Ich habe das ganze Ausmaß der Konsequenzen nie erkannt – du kannst dich nicht meinetwegen ruinieren.“
„Etwas spät, um uns darum zu sorgen, glaubst du nicht auch? Du hast mein Leben völlig auf den Kopf gestellt. Aber der Gedanke, dich nicht mehr sehen zu können, berühren zu können, dein Lachen nicht zu hören oder deinen Duft nicht mehr einzuatmen, ist unerträglich. Ich will dich in meinem Leben, in meinem Bett und in meinem Herzen. So Gott will, möchte ich Kinder mit dir haben und mit dir alt werden … und jedes Buch in der skandalösen Bibliothek des alten Mason mit dir lesen.“
Tränen strömten ihr nun die Wangen hinunter, als sie die Hoffnung und die Liebe in seinen Augen sah. Sie legte ihre Stirn gegen die seine und schloss die Augen. Alles in ihr schrie danach, sich der Freude hinzugeben, die die Vernunftschranken ihres Herzens einriss.
„Heirate mich, Mariah, und mache mich zum glücklichsten verrückten Mann Englands!“
Sie hob den Kopf und sah ihm in die Augen.
„Wenn ich dich heirate, wird der Prinz …“
„Sich nach einer anderen Mätresse umsehen müssen? Auf jeden Fall. Erkennen, dass selbst Prinzen nicht immer jeden Wunsch erfüllt bekommen? Eine kleine Gedächtnishilfe würde ihm nur guttun.“ Er nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände. „Es gibt tausend Gründe gegen unsere Verbindung, Mariah, und nur einen dafür. Doch dieser Grund – die Liebe, die wir füreinander empfinden – ist stärker als jeder verdammte Einwand, den du und ich und der Rest der Welt vorbringen könnten. Heirate mich, Mariah. Ich gehöre zu dir .“
Er bat sie darum, ihn als Ehemann zu akzeptieren? Ihm einen Platz in ihrem Leben einzuräumen, so wie sie es bereits in ihrem Herzen getan hatte? Die Tatsache, dass er ihr die Frage überhaupt stellte, sprach Bände über seinen Respekt für sie.
„Ja. Oh, ja!“ Sie warf ihre Arme um seinen Hals und drückte in einem stürmischen Kuss all ihr Glück, all ihre Leidenschaft aus. Von dem Sitz neben ihnen kam ein leises Schluchzen und Schniefen.
„Gute Arbeit, Sir.“ Mercys Stimme war vor Rührung halb erstickt. „Fast hätten Sie’s vermasselt, aber zum Glück haben Sie sie nun doch noch herumgekriegt.“
Die Droschke hielt vor dem Pfarrhaus der Dreifaltigkeitskirche im südlichen Knightsbridge an. Eine einsame Gaslampe beleuchtete die Stufen und die Eingangstüren. Jack legte den Arm um Mariah, während sie darauf warteten, dass sich auf Jacks Klopfen hin im Haus etwas regte. Ein großer blonder Mann in Soutane und weißem Ringkragen öffnete die Tür und blinzelte sie überrascht an.
„Jack St. Lawrence?“ Der Vikar lächelte ihn verwirrt an.
„Nathan – zum Glück bist du noch in der gleichen Pfarrei. Ich brauche deine Hilfe.“
„Natürlich, Jack.“ Der Geistliche trat zurück und ließ sie eintreten. „Was kann ich für dich tun?“
Jacks ernste Miene hellte sich auf. „Wir brauchen jemanden, der uns trauen kann. Und zwar heute noch.“
Der Vikar musterte die glücklichen Gesichter und die enge Umarmung der beiden.
„Am besten kommt ihr erst einmal herein.“
Er führte sie in ein gemütliches Wohnzimmer. Eine kleine, zierliche Frau mit dunklen, geflochtenen Haaren und einem warmen Morgenrock erschien in der Tür.
„Ich habe Stimmen gehört. Was ist los, Nathan?“, fragte sie und wischte sich dabei den Schlaf aus den Augen.
„Du hast Glück, dass ich noch wach war. Ich wollte noch eine Predigt zu Ende schreiben“, sagte der Vikar.
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