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Quellen Der Lust

Quellen Der Lust

Titel: Quellen Der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Krahn
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jederzeit gegen sie wenden. War sie sich denn keiner Gefahr bewusst, während sie mit jedem der Männer flirtete?
    Als sie ihm einen Becher reichte und auch ihn dazu bringen wollte, mitzusingen, sah er ihr in die Augen und schüttelte den Kopf – in der Hoffnung, sie würde seine Warnung verstehen. Doch sie zuckte nur mit den Schultern und ging weiter zum Nächsten, und er nahm einen tiefen Schluck und wünschte sich, dass er sich nur dieses eine Mal selbst um den Verstand trinken könne.
    Seit drei Jahren schon begleitete er den Prinzen zur Jagd, zu seinen Spielabenden und zu Empfängen, und war dafür verantwortlich, dass alles reibungslos und ohne Komplikationen verlief. Er hatte den Ruf, besonders umsichtig und loyal zu sein – genau wie seine Familie. Einer alten englischen Tradition zufolge hatte diese auf ein beachtliches Stück ihres Landes verzichtet, sodass Bertie sein privates Anwesen auf Sandringham ausbauen konnte. Der Prinz hatte die Großzügigkeit der Familie dadurch entlohnt, dass er die getreuen Söhne der St. Lawrences in seinen engsten Kreis aufgenommen hatte, und diese dadurch die Chance erhielten, es in seiner exaltierten Gesellschaft zu Wohlstand zu bringen und eine vorteilhafte Ehe einzugehen.
    Jack seufzte. Nicht, dass Berties exaltierte Gesellschaft in der letzten Zeit ehefähige Erbinnen mit eingeschlossen hätte. Der zukünftige König ging mit Vorliebe an Orten „jagen“, an denen er seine bevorzugte Beute antreffen könnte: verheiratete Frauen.
    Der alte Geiger – Farley hieß er wohl – ging nun übergangslos in die nächste bekannte Melodie über: „Dance for Your Daddy.“
    „Dieses Lied kennen Sie sicherlich auch, meine Herren.“ Die Witwe schwenkte ihren Becher im Rhythmus der Musik. „Es wird von allen Musikern und zu allen festlichen Anlässen in England gespielt.“
    Jacks Begleiter stimmten fröhlich mit ein, und schmetterten abwechselnd die einzelnen Strophen, während einer von ihnen im Takt auf die Tischplatte trommelte. Jack stöhnte, als sie sich mit einem galanten Knicks vor den Prinzen stellte und ihm die Hand entgegenstreckte. Bertie trank seinen Becher aus, stand auf und begann mit ihr zu tanzen.
    Jack bemühte sich, der seltsamen Erregung, die ihn durchströmte, Herr zu werden, während sie anmutig und mit verführerischem Hüftschwung vor ihm tanzte. Sie schien Gefallen am riskanten Spiel zu finden. Welche Frau von Welt würde es nicht genießen, im Mittelpunkt des Interesses einer Gruppe reicher und mächtiger Männer zu stehen? Und sie war zweifellos eine Dame von Welt. An jedem ihrer Gesten, Äußerungen und Bewegungen war abzusehen, dass sie sich ihrer Wirkung voll und ganz bewusst war.
    Wenn es noch eines weiteren Beweises dafür bedurft hätte, so lieferte sie diesen, als Berties Hände beim Tanzen langsam über ihren Körper wanderten. Obwohl sie ihn empört zurechtwies und seine Hände wegschob, tanzte sie doch weiterhin mit ihm.
    Sobald ein anderes Mitglied der Jagdtruppe, ein rangniedriger Lord, aufstand, um die Hausherrin zum Tanzen aufzufordern, ergriff Jack dessen Arm und zog ihn wieder hinunter auf seinen Stuhl. Der Lord protestierte, doch als Jack unmissverständlich in Berties Richtung nickte, fiel ihm wieder ein, dass die nähere Bekanntschaft einer Frau das Vorrecht des Prinzen war. Mit einem resignierten Seufzer griff der junge Lord erneut nach seinem Becher.
    Und genauso wie ein Lied zum nächsten führte, so folgte ein Kessel Punsch auf den anderen – je mehr sie sangen, desto mehr tranken sie. Es bedurfte keiner großen Intelligenz, um zu erkennen, dass genau das die Absicht der listigen Witwe war. Jack musste sich eingestehen, dass seine Bewunderung für sie wuchs, und war zugleich erleichtert, dass ihr Plan aufging. Falls ihr Vorhaben gescheitert wäre, hätten sowohl sie als auch er selbst bis zum Hals in Schwierigkeiten gesteckt.
    Seine Kameraden wurden immer rührseliger, und ihre geröteten Augen leuchteten, als sie anfingen, Erinnerungen an erste Tänze und erste Lieben auszutauschen. Er stöhnte leise. Sich in nüchternem Zustand ihre sentimentalen Ergüsse anhören zu müssen, war fast nicht zu ertragen.
    Und der Anblick der verführerischen Witwe, die nun auf einem Hocker neben dem Prinzen saß und ihm erlaubte, ihr Haar zu zerzausen und ihren Hals zu streicheln, ließ ihn unter einer unwillkommenen Hitzewelle erstarren. Besonders als sie mit ihren bemerkenswert blauen Augen in seine Richtung sah und ihn dabei ertappte, sie

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