Quellen Der Lust
weit wie möglich von ihr entfernt. „Wie Lord Marchant bereits sagte, war der Prinz sehr von Ihnen angetan. Ich kann Ihnen versichern, dass es äußerst selten vorkommt, dass Ihre Hoheit so … so …“
Diese großen blauen Augen! Unverständnis, Misstrauen und eine gehörige Portion Entrüstung konnte er darin lesen. Mühsam versuchte Jack sich an die Argumente zu erinnern, die er sich auf dem Weg von Schottland hierher zurechtgelegt hatte.
„… sich in der Gegenwart einer Dame so wohlfühlt … ja … hmm …“
„Einer Dame, zu der er keine enge Freundschaft unterhält“, sprang ihm Marchant gewandt zur Hilfe. „Um zur Sache zu kommen, Mrs. Eller: der Prinz möchte Sie wiedersehen.“ Er sah ihre Verwirrung und wurde noch deutlicher: „Er möchte gerne eine persönliche Freundschaft zu Ihnen aufbauen, Mrs. Eller. Eine sehr enge … persönliche … Freundschaft. Mr. St. Lawrence und ich sind hier, um dies in die Wege zu leiten.“
Sie blinzelte verständnislos, und ihre Augen wanderten von Marchant zu Jack.
„Freundschaft? Er möchte eine enge … oh! Oh mein Gott! … Freundschaft mit mir?“ Ihre Überraschung war nicht gespielt.
Jack hätte Marchant am liebsten mit einem Fausthieb das anzügliche Grinsen aus dem Gesicht gewischt. In dem kurzen Moment, den er benötigte, um seinen Impuls zu unterdrücken, war sie schon aufgesprungen.
„Das ist doch lächerlich. Was will der Prinz mit einer einfachen Witwe, die …“ Sie brach ab und errötete. „Sagen Sie Ihren Freunden, dass Sie Ihren schmutzigen kleinen Streich ausgeführt haben und dass die Beleidigung die gewünschte Wirkung hatte.“
„Mrs. Eller!“ Auch Marchant hatte sich nun erhoben und stand offensichtlich alarmiert vor ihr. „Es handelt sich nicht um einen Witz, das versichere ich Ihnen. Wir sind auf Anordnung des Prinzen höchstpersönlich hier.“ Als Beweis für seine Behauptung zog er eilig einen Brief hervor. „Falls Sie Zweifel an unserer Aufrichtigkeit haben, lassen Sie sich vom Prinzen selbst überzeugen. Sie sehen sicherlich ein, dass er ein solches Anliegen nicht persönlich vortragen kann. Aus diesem Grund hat er uns beiden seinen Wunsch und seine Ehre anvertraut. Und ich versichere Ihnen, dass wir treu gemäß dieses Wunsches handeln.“
Reglos stand sie noch einen Augenblick vor ihm und betrachtete den Brief, als handele es sich um eine Giftschlange. Mit einem grimmigen Blick auf Jack nahm sie die Nachricht schließlich in die Hand und überprüfte das königliche Siegel, bevor sie es aufbrach. Das Zittern des Papiers in ihrer Hand war das einzige Anzeichen dafür, dass der Inhalt des Briefes sie aus der Fassung brachte.
„Ich glaube, Gentlemen“, sagte sie mühsam, „dass die Ereignisse von letzter Woche Ihrer Hoheit einen falschen Eindruck meines Charakters vermittelt haben.“
Die Augen des Lords verengten sich, und er setzte sein öliges Lächeln wieder auf.
„Ich glaube, der Prinz kann sehr wohl eine Frau richtig einschätzen, die eine Jagdtruppe unter den Tisch trinkt, sich vor einem halben Dutzend Männern gleichzeitig zur Schau stellt und zu guter Letzt den Thronerben zu Bett begleitet.“ Er neigte hochmütig den Kopf. „Der Prinz hat die Natur Ihres Charakters schon kennengelernt , werte Dame. Und Sie haben das Glück, dass sie zu seinem Geschmack war.“
„Kennengelernt … aber … der Prinz …“ Ungläubig starrte sie zu Jack hinüber.
Er warf ihr einen betont finsteren Blick zu, bevor er sich abwandte. Und hoffte, sie würde verstehen, was geschehen war: dass er den Prinzen in dem Glauben gelassen hatte, in dieser Nacht seien die Witwe und er sich nähergekommen.
„Ich kann verstehen, dass Sie überrascht sind“, sagte er nachdrücklich, um sein Unbehagen zu kaschieren. „Doch ich würde Ihnen dringend raten, gründlich nachzudenken, bevor Sie ein solches Angebot ausschlagen. Die Vorlieben des Prinzen können sich schnell wieder ändern. Doch die Ehre und der Nutzen, den Sie daraus gewinnen können, werden Ihr Leben lang anhalten. Der Prinz ist sehr großzügig zu seinen Freunden.“
„Das ist unser geliebter Prinz in der Tat“, fügte Marchant hinzu. „Äußerst großzügig.“
„Eine Ehre? Die Mätresse eines verheirateten Mannes zu sein?“
„Unseres zukünftigen Königs“, korrigierte Marchant. „Sie müssen sich darüber im Klaren sein, Mrs. Eller, dass Damen, die dem Prinzen in dieser sehr persönlichen Rolle dienen, nicht lediglich als Kurtisanen oder Mätressen
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