Quellen innerer Kraft
unseren Erfolg, um Zustimmung und Beifall. Nicht nur bei „großen Auftritten“ oder in Außenbeziehungen ist das so: Auch bei der täglichen Arbeit erkennen wir sehr schnell, aus welcher Quellewir gerade schöpfen. Wenn wir ärgerlich werden, uns ausgenutzt fühlen, dann ist es die Quelle des eigenen Ego, aus der wir schöpfen. Wir möchten uns beweisen. Wir möchten gesehen werden.
Ein wichtiges Kriterium, ob wir aus der Quelle des Heiligen Geistes schöpfen, ist, dass wir uns absichtslos auf das einlassen, was gerade ist. Wir schreiben und gehen auf im Schreiben. Wir telefonieren und sind ganz im Gespräch, ohne auf die Uhr zu schauen und zu überlegen, was wir noch alles erledigen müssen. Das ist auch der Sinn des benediktinischen Leitspruches: „Damit in allem Gott verherrlicht werde“. Benedikt mahnt hier seine Mönche, sie sollen sich wegen ihres beruflichen Könnens nicht über andere erheben und meinen, sie würden mit ihrer Arbeit dem Kloster einen großen Nutzen bringen. Wer so denkt, der ist nicht bei seiner Arbeit, sondern er ist gefangen in seinen eigenen Gedanken. Er ist bei den andern und überlegt, wie er bei ihnen Eindruck machen kann. Der Mönch soll seinen „Beruf in aller Demut ausüben“. (RB 57,1) Und er soll seine Erzeugnisse immer etwas billiger verkaufen – auch hier wieder, „damit in allem Gott verherrlicht wird“. (RB 57,9) Benedikt bezieht sich mit seiner Mahnung auf eine Stelle im 1. Petrusbrief: „Wer redet, der rede mit den Worten, die Gott ihm gibt; wer dient, der diene aus der Kraft, die Gott verleiht. So wird in allem Gott verherrlicht durch Jesus Christus.“ (1 Petr 4,11) Das, was der Mönch tut, soll er aus der Kraft heraus tun, die Gott ihm schenkt. Oder anders ausgedrückt: Er soll alle seine Worte und Handlungen aus der Quelle des Heiligen Geistes heraus fließen lassen. Dann bekommen seine Worte und seine Taten einen anderen Geschmack, den Geschmack von „doxa“, von Glanz, von Schönheit, von Leichtigkeit, von Durchlässigkeit.Es ist letztlich ein göttlicher Geschmack, der dann von ihm ausgeht. Und das können die Menschen wahrnehmen. Sie spüren sehr schnell, ob jemand sich selbst verkauft oder ob er durchlässig ist für etwas, das größer ist als er selbst.
Wenn wir aus der Quelle des Heiligen Geistes arbeiten, bekommt unsere Arbeit eine ganz bestimmte Ausstrahlung. Wir haben Lust zu arbeiten. Es blüht um uns herum etwas auf. Und auch andere um uns herum finden Gefallen an dem, was sie tun. Die Arbeit, die aus der Quelle des Heiligen Geistes strömt, hat etwas Leichtes an sich. Sie atmet Phantasie und Kreativität. Sie steckt an und sie ist fruchtbar für andere. Wir können die Wirkungen von Leichtigkeit und Lust an der Arbeit nicht selbst schaffen. Sie stellen sich ein, wenn wir in Berührung sind mit der inneren Quelle und sie einfließen lassen in unsere Aktivität. Und wir werden zwar müde werden, aber nicht erschöpft. Wenn wir den ganzen Tag sinnvoll gearbeitet haben, fühlen wir uns abends müde. Aber es ist eine Müdigkeit besonderer Art: In ihr fühlen wir uns wohl. Wir sind dankbar, dass wir uns für Gott und für die Menschen mit aller Kraft eingesetzt haben. Erschöpfung ist etwas anderes. In der Erschöpfung fühlen wir uns ausgelaugt, unzufrieden. Wir sind müde und können doch nicht schlafen. Wir sind empfindlich und reizbar. So ist der Geschmack, den unsere Arbeit in uns selbst hinterlässt, ein Kriterium dafür, aus welcher Quelle wir gerade schöpfen. Und wenn wir aus einer trüben Quelle schöpfen, dann sollten wir uns nicht darüber ärgern oder gegen die trübe Quelle ankämpfen. Vielmehr geht es darum, tiefer zu graben. Denn unterhalb der trüben Quelle werden wir auf die klare Quelle des Heiligen Geistes stoßen. Sie ist schon in uns. Es kommt nur darauf an, sie auf dem Grund unserer Seele zu entdecken.
Heilsame Anstöße
Das Bild der Quelle, aus der wir für unsere Arbeit, für unser Reden, für unser Leben und für unsere Gesundheit schöpfen sollen, begegnet uns im Neuen Testament vor allem im Johannesevangelium. Jesus verheißt dem, der an ihn glaubt: „Aus seinem Inneren werden Ströme von lebendigem Wasser fließen.“ (Joh 7,38) Der Evangelist Johannes deutet diese innere Quelle, die in uns strömt, ausdrücklich so, dass sie auf den Heiligen Geist verweist: „Damit meinte er den Geist, den alle empfangen sollten, die an ihn glauben.“ (Joh 7,39)
Im Gespräch mit der Samariterin am Jakobsbrunnen verspricht
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