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Quellen innerer Kraft

Quellen innerer Kraft

Titel: Quellen innerer Kraft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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innere Fruchtbarkeit verloren zu haben. In der Politik flickt man an den Symptomen herum. Aber es fehlen die überzeugenden Ideen und die Visionen, die etwas bewegen. Unsere Zeit bedarf der Quelle des Heiligen Geistes mehr denn je.
    In seiner Bildrede über den Weinstock sagt Jesus: „Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen.“ (Joh 15,5) Ich erlebe viele Menschen, die sich anstrengen, aus ihrem Leben etwas zu machen. Aber trotz aller Anstrengung bleibt ihr Leben unfruchtbar. Das ist oft ein Zeichen, dass sie alles aus eigener Kraft machen möchten. Frucht bringt unser Leben nur, wenn es durchlässig ist für etwas Größeres. Im Bild des Weinstocks meint Jesus: Nur wenn wir angeschlossen sind an den Strom der göttlichen Liebe, nur wenn wir aus der Quelle göttlicher Liebe schöpfen, wird unser Leben, wird unser Tun Frucht bringen.

Die Frucht des Geistes
     
    Dass die Quelle des Heiligen Geistes unser Leben befruchtet, zeigt uns der Apostel Paulus in den neun „Früchten“ des göttlichen Geistes, die er im Galaterbrief aufzählt. Paulusversteht den Heiligen Geist als eine Quelle, aus der viele Früchte wachsen. Es sind letztlich Tugenden, die er aus der Ethik der griechischen Philosophie, vor allem der Stoa übernimmt. Man könnte diese neun Tugenden selbst als Quellen verstehen, aus denen wir schöpfen können. Sie helfen uns, unser Leben zu bewältigen. Es sind Werte, die – wenn wir sie realisieren – unser Leben wertvoll machen. Im Lateinischen heißen sie „virtutes“: Kräfte, oder Kraftquellen, aus denen wir schöpfen, um gut leben zu können. Diese Tugenden bringen uns in Berührung mit dem Potential unserer Seele, das uns zur Verfügung steht, um unser Leben zu meistern. Paulus geht es darum, dass unser Leben gelingt. Und zugleich ist es ihm wichtig, dass der Heilige Geist in uns Auswirkungen hat, die man beobachten kann. An seinen Früchten können wir ihn erkennen.

    „Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung.“ (Gal 5,22f) Paulus spricht von der Frucht des Geistes in der Einzahl, weil er an eine einzige Quelle denkt. Der Hl. Geist ist die Quelle, aus der die Frucht des Geistes im Menschen sichtbar wird. Die Frucht zeigt sich in verschiedenen Haltungen, die dem Menschen Halt geben, und in Tugenden, die der Mensch braucht, damit sein Leben taugt. Wieder geht es um eine mehrfache Beziehung: Wir können die Tugenden nicht nur als Frucht sehen, die aus der Quelle des Hl. Geistes wächst. Sie verweisen uns auch auf die innere Quelle, aus der sie aufblühen. Und sie sind für uns selbst Kraftquellen, die unser alltägliches Leben befruchten und es gelingen lassen.

    Liebe ist die erste Haltung, die Paulus nennt. Agape lautet die griechische Bezeichnung dafür. Er meint damit nicht die Forderung der Liebe, sondern die Qualität der Liebe, die wir manchmal in uns spüren. Manchmal dürfen wir die Erfahrung machen, dass wir nicht nur einen Menschen lieben, sondern dass wir Liebe sind. Dann erfahren wir die Liebe wie eine Kraft, wie eine Quelle. Sie strömt in uns, ohne zu versiegen. Von ihr sagt Paulus: „Die Liebe hört niemals auf.“ (1 Kor 13,8) Der Evangelist Johannes hat diese Liebe, die in uns strömt, in verschiedenen Bildern beschrieben. Da ist einmal das Bild der Hochzeit von Kana. Wenn Gott mit uns eins wird, dann wird unser Wasser zu Wein, dann bekommt unser Leben einen neuen Geschmack, den Geschmack der Liebe. Im Bild vom Weinstock beschreibt Johannes, wie wir mit diesem Weinstock verbunden, ja an ihn angeschlossen sind. Der Weinstock steht für die Quelle der Liebe. Wein hat auf der symbolischen Ebene immer mit Liebe zu tun. Wenn wir die Liebe in uns als Quelle erfahren, dann strömt sie aus uns zu allem, was ist: zu der Natur, die uns umgibt, zu den Menschen und sogar zu den Gegenständen in unserem Zimmer. Wir müssen uns dann nicht zur Liebe zwingen, sondern sie ist einfach da. Sie gibt unserem Tun einen anderen Geschmack. Es fällt uns dann nicht schwer, bei den Menschen zu sein. Denn die Liebe, die in uns strömt, lässt uns auch die Liebe spüren, die uns von den Menschen entgegen kommt.
    Es ist eine Erfahrung, die man vor allem bei sozialen Berufen immer wieder machen kann: Ob jemand erschöpft ist oder nicht, das hängt auch davon ab, ob er die Menschen mag oder nicht. Wenn sich einer schwer tut, auf Menschen zuzugehen,

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