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Quellen innerer Kraft

Quellen innerer Kraft

Titel: Quellen innerer Kraft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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Kraft in der Schwachheit.“ (2 Kor 12,9) Sie spürte offensichtlich, dass ein solches Wort gerade für seelischverletzte Menschen eine heilende Kraft entfalten kann. Wir stellen uns in der Therapie und auch in der seelsorglichen Begleitung oft unter den Leistungsdruck und möchten unsere psychischen Wunden am liebsten so behandeln und bearbeiten, dass keine empfindlichen Stellen und Schwächen mehr zurückbleiben. Doch das ist eine Illusion. Die Erfahrung, die der hl. Paulus mit seiner eigenen Schwachheit gemacht hat, kann da zum Trost werden. Paulus hat zuerst mit großem Ehrgeiz die Gebote seiner Religion befolgt. Als sein Lebensgebäude zusammenbrach, widmete er sich mit gleicher Kraft der Botschaft Jesu. Doch offensichtlich blieben seine neurotischen Strukturen erhalten. Er litt an einer Schwäche, die ihm peinlich war. Wenn er predigte, hatte er offensichtlich nicht das sichere Auftreten, das er sich wünschte. Er bat Christus, ihn doch davon zu befreien. Vielleicht meinte er, es sei doch für seine Aufgabe als Missionar besser, wenn der Herr ihm seine Schwachheit nehmen würde. Dann könnte er besser für ihn werben. Doch Christus traute ihm zu, so, wie er war, ein guter Verkünder seiner Botschaft zu sein. Seine Gnade erweist ihre Kraft gerade in seiner Schwachheit: Ein solches Wort befreit von dem inneren Leistungsdruck. Es hilft uns, uns auszusöhnen mit unserer Empfindlichkeit, mit unseren Hemmungen, mit unseren Schwächen. Wir brauchen nicht mehr gegen uns und unsere Schwachheit zu kämpfen. Wir spüren mitten in unserer Ohnmacht eine neue Kraft, die sich aus einer Quelle speist, die nie versiegt. In einem solchen Zuspruch wirkt die Quelle des Heiligen Geistes konkret in unsere psychische Struktur hinein. Nicht nur auf meine Stärken kommt es an, sondern gerade auch durch meine Schwächen wirkt der Geist. Es kommt nicht darauf an, dass ich meine Schwächen besiege oder erfolgreich unterdrücke, sondern dass ich gerade dort, wo ich schwach bin,durchlässig bin für den Heiligen Geist. Dann vermag der Geist Gottes oft mehr zu wirken als durch meine Stärken. Denn bei meinen Stärken bin ich immer in Gefahr, sie mit dem eigenen Ego zu vermischen. In meinen Schwächen dagegen bin ich durchlässig für Gottes Geist.

    Für mich selber war eine zeitlang das Wort Jesu, das er zum Gelähmten gesprochen hat, eine wichtige Quelle: „Steh auf, nimm dein Bett und geh!“ Als ich anfing Kurse zu halten, kostete mich die Vorbereitung immer viel Kraft. Ich grübelte oft lange, wie ich den Kurs aufbauen sollte oder welche Übungen ich machen könnte. Nach jeder Einheit begann ich von neuem zu überlegen, ob die oder jene Übung nun besser ins Konzept passe oder mehr bei den Leuten bewirke. Heute weiß ich: Es ging mir nicht so sehr um das schlüssige Konzept, sondern um meine Wirkung nach außen. Ich wollte es allen recht machen. Mein Ehrgeiz war: Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen sollten meinen Kurs gut finden. Und ich setzte mich selbst unter Druck, dass möglichst viel herauskommen sollte. Das hat mich Kraft gekostet. Da half mir der Satz Jesu. Ich wusste manchmal vor einer Arbeitseinheit im Kurs nicht genau, was ich machen sollte. Ich hatte natürlich ein paar Alternativen überlegt. Aber ich hörte auf, darüber nachzugrübeln, welche Alternative die beste wäre. Wenn ich den Kursraum ging, sagte ich mir das Wort vor: „Steh auf, nimm dein Bett und geh!“ Dann traute ich dem ersten Impuls, der kam. Das Wort, das Jesus zum Gelähmten sprach, befreite mich vom Druck, immer alles optimal zu machen. Meine Impulse kamen nicht mehr nur aus dem Kopf und aus dem Verlangen, alles richtig und gut zu machen, sondern aus einer größeren Tiefe. Dieses Wort brachte mich in Berührung mit dieser inneren Quelle. Seither sind meineKurse für mich wesentlich entspannender – und ich glaube, dass die größere Gelassenheit auch auf die Teilnehmer ausstrahlt und sie auch davon befreit, immer alles „toll“ finden zu müssen.

    Für mich ist die Bibel eine unerschöpfliche Quelle. Auch wenn ich viele Texte schon oft meditiert habe, entdecke ich immer wieder Neues. Und je nach meiner persönlichen Verfassung spricht mich ein alt vertrautes Wort auf einmal ganz neu an. Ich spüre, dass es nicht nur Worte großer Dichtung sind, sondern geisterfüllte Worte, die Leben spenden. Der Psalmist spricht genau das aus, wenn er bekennt: „Dein Wort ist meinem Fuß eine Leuchte, ein Licht für meine Pfade.“ (Ps 119,105) Es braucht

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