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Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht

Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht

Titel: Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Calsow
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fahre. Der Sarg kann am Flughafen sicher gut aufbewahrt werden. Könnten Sie das klären? – Danke.« Sie beendete das Gespräch und gab Quercher das Handy zurück.
    Quercher sah sie an, schüttelte den Kopf und grinste. »Du bist es gewohnt, Befehle zu geben. Wir mögen das in Deutschland nicht mehr so.«
    Auch sie musste lächeln.
    Quercher nahm das Gespräch wieder auf. »Also, die Leiche ist dein Großvater, aber er ist nicht 1945 gestorben, sondern einige Jahre später. Erste Frage: Wann ist dein Großvater gestorben? Zweite Frage: Warum liegt seine Leiche dort oben auf dem Berg? Nächste Frage: Mit wem war er hier verbunden? Wer will, dass wir hier verschwinden?«
    Jetzt drehte auch Hannah ihren Sitz nach hinten.
    Quercher sprach weiter. »Zunächst zu unseren Rahmenbedingungen. Ich habe genau bis Freitagmorgen Zeit. Dann muss ich etwas in der Hand haben.«
    »Warum?«
    »Weil ich dann nicht mehr bei der deutschen Polizei tätig sein werde. Ich höre auf.«
    »Du gehst in Rente?«
    So wie sie es ausdrückte, klang es blöd. So hatte er das noch nie gesehen. Er wollte sich rechtfertigen, merkte aber rechtzeitig, dass das nicht hierhergehörte.
    »Was kannst du mir noch über deinen Großvater sagen? War er hier? Gibt es Unterlagen?«
    Sie merkte, dass er von seiner Person ablenken wollte, und ging auch darauf ein. »Er war vor dem Krieg in Frankfurt und in München. Dann ließ er sich in Wolfratshausen nieder.«
    »Was weißt du von seinen Geschäften?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nur dass er den Betrieb für Haushaltswaren hatte.«
    Querchers Blase drückte. Aber er konnte, wie er fand, jetzt unmöglich hinausgehen, sich in den Schnee stellen und pinkeln.
    Sie sah ihn an. »Und wenn du den ganzen Fall deinen Kollegen übergibst … Ich meine … Gehst du davon aus, dass die das einstellen werden?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Mir erscheint es so, ja, aber vielleicht reagiere ich über. Ich bin froh, wenn ich hier wieder wegkomme.«
    »Warum eigentlich? Hier ist es doch wunderschön. Es gibt Wasser. Es ist friedlich. Die Leute sind zwar sehr deutsch und ruppig. Aber sie haben durchaus ihren Charme. Wo willst du denn hin, wenn du aufhörst?«
    Sollte er es ihr erzählen? Etwas verband sie. Aber er durfte sich nicht von solchen emotionalen Tretminen beeindrucken lassen. Sie war nur eine Zeugin in einem Fall, den es eigentlich nicht gab – oder nicht geben sollte?
    Sie schwiegen und hörten den Klavierklängen zu, nur manchmal zuckte der Hund, der auf der Rückbank schlief. Es war ein Frieden, wie ihn Quercher lange nicht mehr erlebt hatte.
    Ein dumpfer Knall ließ den Wagen erzittern. Er sah sich um. Es war nichts zu sehen.
    Hannah sah ihn fragend an.
    »Die Bergwacht wird wohl mit Dynamit sogenannte kontrollierte Lawinen auslösen«, spekulierte Quercher.
    Aber eine Minute später hörten sie Sirenengeheul. Und hinter ihnen auf der Bundesstraße, die Richtung München führte, sahen sie das Blaulicht vieler Fahrzeuge. Still beobachteten Quercher und Hannah das Flackern der Lichter. Quercher hatte nur eine Ahnung, dass es etwas mit ihnen zu tun hatte, als nach weiteren zehn Minuten sein Mobiltelefon vibrierte.
    »Arzu? – Nein, das ist doch nicht … – Hm, okay.«
    »Was ist?«, fragte Hannah, als er aufgelegt hatte.
    »Arzu hat im Polizeifunk gehört, dass der Bestattungswagen hinter Gmund explodiert ist. Der Fahrer konnte noch aussteigen, aber der Wagen soll anscheinend schon ausgebrannt sein, noch ehe die Feuerwehr erschien. Laut Funk ist die Kripo aus Miesbach unterwegs, um nach Hinweisen auf Brandstiftung zu suchen. Aber die Feuerwehr meint, dass Öl auf die Benzinleitung gelaufen und daraufhin der Tank explodiert sei.«
    Sie nickte. »Das glaubst du nicht.«
    Er schüttelte seinen Kopf. »Die haben erstaunlich schnell eine Erklärung für den Brand parat, oder?«
    Langsam dämmerte es ihm.
    Natürlich würde er den Fall angehen. Dieser Dreck, den er gerade heraufkriechen sah, war genau einer der Gründe, warum er das Tal einst verlassen hatte. Aber es war seine Heimat. Und ja, Hannah hatte recht. Auf seine Weise war es hier schön. Fern aller pittoresken Bilderbuchszenarien. Es war ein Tal, das, wenn es gut lief, wie ein Schutzschild vor allem da draußen sein konnte. Und es besaß seine eigene Geschwindigkeit.
    Er dachte an den jungen Birmoser. Wie der sich gegen diese alten Strukturen gestemmt hatte. Wie er kämpfte. Und doch verloren hatte. Wer sich den Gewohnheiten, den Spielregeln dieses

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