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Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht

Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht

Titel: Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Calsow
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blieb mit einem Ruck stehen.
    Quercher atmete durch, drehte sich hektisch nach hinten. Hannah fiel ihm ein. Er drückte die Tür auf, sprang hinaus und rutschte sofort aus. Er fiel mit dem Gesicht auf das Eis. Der Schmerz glich einem Faustschlag. Er fluchte und richtete sich auf. Lumpi sprang aus dem Inneren des Wagens. Und auch sie geriet trotz der vier Pfoten und den langen Krallen ins Rutschen. Er rief nach Hannah, bekam aber keine Antwort. Es waren nur wenige Meter, mehr schlitternd als gehend erreichte er schließlich das Ufer. Sie saß auf dem Kies, hielt sich ein Knie und schüttelte den Kopf.
    »Alles okay?«, fragte er.
    »Ich will die Kavallerie. Das ganze Programm. Euren Staatsschutz. Den Geheimdienst. Und das Militär auch. Alles!«
    »Du bekommst erst einmal bei meiner Mutter einen warmen Kakao und ein Pflaster.«

Kapitel 17
    München, Dienstag, 19.   12., 21.20   Uhr
    Ferdi Pollinger hatte seit Jahren eine Angewohnheit. Verließ er sein Büro im dritten Stock des Landeskriminalamtes, machte er die ›Runde durch die Gemeinde‹, wie er es nannte. Er besuchte seine direkten Mitarbeiter, die wie er noch lange im Büro arbeiteten, teils weil sich ihre Projekte nicht an feste Zeiten hielten, teils weil zu Hause niemand auf sie wartete. Dann ging Pollinger hinunter in das Lagezentrum, um sich ein Bild über die aktuellen Einsätze zu machen. Nicht wenige seiner Kollegen fürchteten diese Rundgänge. Pollinger gab den Jovialen, war zutraulich und vordergründig verständnisvoll. Aber während er mit einem sprach, nahmen seine Sinne viel mehr auf als das, was in den Gesprächen gesagt wurde.
    Jetzt hörte er, wie einer der Kollegen einem seltenen arabischen Dialekt von einem Audiofile auf seinem Computer lauschte. Pollinger verstand jedes Wort. Das war seiner Ausbildung geschuldet. Denn Dr.   Ferdinand Pollinger hatte nicht die typische lange Karriere vom Bereitschaftspolizisten zum LKA-Direktor gemacht. Er war nach seiner Bundeswehrzeit zum MAD, dem militärischen Geheimdienst, gekommen. In den Siebzigern arbeitete er dann auf Empfehlung seines Vorgesetzten für den Bundesnachrichtendienst. Verschiedene Auslandsaufenthalte im Nahen Osten, sein Studium der Islamwissenschaften und seine ausgeprägte Geduld ließen ihn zu einem hervorragenden Verhandler hinter den Kulissen werden, wenn es um Entführungen, Geiselnahmen oder Waffenstillstände verfeindeter Gruppierungen in der Region ging. Er war im Fahrstuhl nach ganz oben. Und dann kam die Sache in Damaskus. Anfang der Achtziger, inmitten des libanesischen Bürgerkriegs, war er wieder im Nahen Osten in einer geheimen Mission unterwegs, als ihm die Unterhändler der syrischen Regierung einen Austausch der besonderen Art anboten. Fünf Agenten, die in Frankfurt am Main wegen Bedrohung eigener Landsleute einsaßen, sollten gegen einen hochrangigen alten Nazi, der in Damaskus lebte, ausgetauscht werden: Alois Brunner, einst zweiter Mann hinter Adolf Eichmann. Das wäre ein Coup, dachte Pollinger damals. Aber kaum hatte er die Verhandlungen begonnen, wurden ihm aus Pullach, dem Standort des BND, Steine in den Weg gelegt. Er brach die Mission ab, recherchierte, stieß auf Widerstand und wurde urplötzlich kaltgestellt. Er sollte die Position des Sicherheitsberaters der deutschen Botschaft in Island übernehmen. So ließ er sich zum LKA versetzen. Aber verwunden hatte Pollinger diese Niederlage nie.
    »Er spricht den Dialekt aus dem Süden Syriens. Wer ist das denn?«, fragte er den jungen Kollegen freundlich.
    »Das ist der Wirt aus einer Araberklitsche in der Müllerstraße. BTM-Fall. Wir helfen den Kollegen vom Drogendezernat mit der Übersetzung.«
    »Aha, ist das nicht das Palmyra? «
    Der Kollege nickte. »Der Wirt soll dort ›waschen‹.«
    Das war eine interne Bezeichnung für Geldwäsche. Drogengeld kam herein, ging in dem Restaurant in den Umlauf für Warenkauf, Wechselgeld und andere Barzahlungen.
    »Und wann wollen die Kollegen zugreifen?«
    Der junge Mann zuckte mit den Schultern. »Vermutlich diese Woche noch. Nach Weihnachten schließt der Besitzer das Restaurant. Er hat schon Flugtickets nach Neapel gekauft. Die Kollegen vermuten eine Zusammenarbeit zwischen den Arabern und der Mafia oder ’Ndrangheta.«
    Pollinger legte dem Mann seine feiste Hand auf die Schulter. »Und was machen wir noch so für die Kollegen vom Drogendezernat?«
    Jetzt drehte sich der junge Mann um. »Na ja, Müller schaut sich die jüngsten Videoaufnahmen an. Wir haben die

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