Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Querschläger

Querschläger

Titel: Querschläger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
Vom Netzwerk:
sehen konnte, war gepflegt, verriet jedoch gleichzeitig, dass sich jemand aus rein beruflichen Gründen darum kümmerte. Die sorgfältig gestutzten Büsche und die fächerförmig angelegten Rabatten, die die weitläufige Terrasse säumten, waren unzweifelbar das Werk eines Profis, dennoch haftete ihnen bei aller Akkuratesse auch ein Hauch von Sterilität an. Sorgsam beschnittene Gleichgültigkeit.
    Winnie Heller schielte zu Manuela Strohte hinüber und dachte über die Frage nach, womit sich die Hausherrin, die – wie sie wusste – selbst keiner Arbeit nachging, wohl ihre großzügig bemessene Freizeit vertreiben mochte. Dann sah sie sich in dem Raum um, in den die Mutter ihres wichtigsten Zeugen sie geführt hatte. Auch hier herrschte – zumindest, was das Mobiliar anging – eine fast antiseptische Zweckmäßigkeit. Heller Marmor vor dem Kamin, dazu eine Sitzgruppe mit Bezügen aus weißer Seide, ein paar klug platzierte Stiche und jede Menge Grünpflanzen in hellen Tontöpfen.
    Auf einer estradenartigen Erhebung im rückwärtigen Teil des Zimmers prangte ein wuchtiger Konzertflügel, dessen Deckel ganz aufgeklappt war. Großer Gott, für so ein Ding hätte sich meine Schwester, ohne zu zögern, beide Hände abhacken lassen, dachte Winnie Heller zutiefst beeindruckt. Nein, korrigierte sie sich eilig, nicht die Hände. Die Füße!
    »Sven?«
    Der Junge am Flügel hob unwillig den Kopf. »Was denn?«
    »Hier sind zwei Kriminalbeamte für dich.«
    Sven Strohte rührte sich nicht von der Stelle, als Verhoeven und seine Kollegin näher traten. Er blickte den beiden Kommissaren nur unverwandt entgegen, und Winnie Heller überlegte, wie sie den Ausdruck der durchaus anziehenden graublauen Augen deuten sollte. Was ging vor in diesem Jungen? Stand er noch immer unter Schock? Oder war er am Ende gar verärgert darüber, gestört zu werden? Ja, dachte sie nach einem Moment des Überlegens, eigentlich sieht er eher aus, als ob er ziemlich wütend ist.
    »Hendrik Verhoeven vom LKA«, sagte ihr Vorgesetzter, indem er Sven Strohte in einer aufgeräumten Geste die Hand entgegenstreckte. »Und das ist meine Kollegin, Frau Heller.«
    Angesichts des offenkundigen Zögerns, mit dem der Junge auf Verhoevens ausgestreckte Hand reagiert hatte, verzichtete Winnie Heller von vornherein auf einen Händedruck und nickte Sven Strohte nur grüßend zu.
    »Wir hätten da noch ein paar Fragen an Sie«, kam Verhoeven umgehend zur Sache, indem er sich vergeblich nach einer Sitzgelegenheit für sich und seine Partnerin umsah. »Ihre Rolle bei der gestrigen Tragödie betreffend.«
    Winnie Heller bedachte ihren Vorgesetzten mit einem prüfenden Seitenblick und fragte sich, ob er das mit Absicht so ausdrückte: Rolle …
    »Ja?« Die Stimme des Jungen war hell, beinahe noch kindlich.
    »Vielleicht schildern Sie uns zunächst noch einmal kurz die Ereignisse, die auf Ihre Flucht aus dem Umkleideraum folgten.«
    Sven Strohtes Augen suchten seine Mutter, doch die schickte sich eben an, den Raum zu verlassen, und sah sich auch nicht mehr um. Nicht einmal, als sie die Tür hinter sich zuzog. »Ich habe nicht groß nachgedacht«, begann er zögerlich, indem er den Deckel über der Tastatur seines Steinways zuklappte. Vielleicht, damit er einen Platz hatte, wo er den Ellenbogen aufstützen konnte, während er sprach. Nichtsdestotrotz hatte Winnie Heller das Gefühl, dass noch etwas anderes hinter dieser Geste steckte. Dass Sven Strohte versuchte, den Bereich, der ihm am wichtigsten war, vor seinen Besuchern und dem, was sie zu besprechen hatten, zu schützen. »Wie ich Ihren Kollegen schon sagte, bin ich einfach zur Tür raus und in den erstbesten Raum, wo ich mich hinter diesem Heizding versteckte.«
    Der erstbeste Raum, echote es in Winnie Hellers Kopf. Tja, dachte sie, der beste vielleicht, aber keineswegs der erste!
    Verhoeven verzog keine Miene. »Sind Sie schon vorher mal in diesem Raum gewesen?«
    Die Augen des Jungen blickten verständnislos. »Was meinen Sie?«
    »Woher wussten Sie von dem Hohlraum hinter dem Warmwasserboiler?«
    »Ach das …« Er zögerte erneut. »Ich … Ich nehme an, dass ich das mal durch Zufall gesehen habe.«
    »Was?«, fragte Verhoeven.
    »Den Boiler.«
    »Sie meinen, Sie haben irgendwann nach dem Sportunterricht in diesen Abstellraum geschaut und gedacht: Donnerwetter, was für ein tolles Versteck da hinter der Heizung. Das muss ich mir unbedingt merken für den Fall, dass mich mal ein schieß wütiger Irrer

Weitere Kostenlose Bücher