Querschläger
sich schon geäußert?«
Höppner nickte. »Von dem Amoklauf und dem ganzen Drum und Dran will er nichts wissen, aber er hat in einer ersten Vernehmung durch die Kollegen vor Ort eingeräumt, neben diversen anderen Waffen auch eine getunte Glock 17 zu besitzen. Die entsprechenden Veränderungen habe er selbst vorgenommen, angeblich, um beim Scheibenschießen bessere Ergebnisse zu erzielen.« Höppner griff nach der Wasserflasche, die er zuvor geholt hatte, und mühte sich eine Weile vergeblich mit dem Verschluss herum. »Der Beschreibung nach handelt es sich um dieselbe Waffe, die wir neben Hrubeschs Leiche sichergestellt haben«, sagte er, indem er die Flasche ungeöffnet auf seinen Schreibtisch zurückstellte. »Günther Döblinger behauptet, er habe das Ding nicht in seine Waffenbesitzkarte eintragen lassen, weil ihn die ganze Bürokratie genervt habe. Immerhin sei er rechtmäßiger Besitzer einer ganzen Reihe von Waffen, da habe er angenommen, auf eine mehr oder weniger käme es nicht an.« Höppner stieß ein heiseres Lachen aus. »Natürlich ist er sich inzwischen bewusst, dass er gehörig in der Tinte sitzt, weshalb er sich denn auch überaus kooperativ gibt. Als er nach Kanada geflogen ist, seien seine Waffen selbstverständlich ordnungsgemäß und vollzählig an ihrem Platz gewesen, was zu dem aufgebrochenen Waffenschrank passen würde, den wir in Döblingers Haus vorgefunden haben. Und nein, er kenne auch keinen Jungen namens Nikolas Hrubesch.«
Ganz im Gegensatz zu seinem Neffen, dachte Verhoeven bei sich.
Höppner blickte einige Augenblicke stumm auf seine Notizen hinunter. »Allerdings kann Günther Döblinger auf keinen Fall aktiv an diesem Amoklauf beteiligt gewesen sein«, sagte er. »Wir haben nicht nur seine Flugdaten überprüft, sondern die Kollegen in Kanada haben auch eine ganze Reihe von Leuten aufgetan, die bezeugen können, dass Döblinger sich schon seit elf Tagen dort aufhält. Abgesehen davon besitzt Günther Döblinger einen ausgezeichneten Leumund und ist auch noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Sogar seine Knöllchen bezahlt der Kerl anstandslos und pünktlich«, merkte Höppner mit einem gequälten Lächeln an. Dann warf er seinen Kugelschreiber auf die Aktendeckel vor sich. »Tja, soweit die Fakten, an denen es nichts zu rütteln gibt.«
»Was ist mit Döblingers Waffenschrank?«, kam Verhoeven auf etwas zurück, das ihm neu gewesen und das in der Flut an Informationen, mit denen Lars Höppner aufgewartet hatte, beinahe untergegangen war. »Könnte ein Junge wie Nikolas Hrubesch diesen Schrank aufgebrochen haben?«
»Sicher doch«, entgegnete Höppner. »Es war ein uraltes Modell und alles in allem eher eine Einladung als ein Hindernis. Aber ob sich Hrubesch tatsächlich selbst dort bedient hat oder ob ihm die Waffen von jemand anderem zugesteckt wurden, können wir nicht sagen. Seine Fingerabdrücke haben wir jedenfalls nicht gefunden.«
Verhoeven nickte und dachte wieder an Sven Strohte, jenen geisterhaften Jungen, der so gut Chopin spielte und den Nikolas Hrubesch angeblich für den Part des Sündenbocks auserkoren hatte. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund hatte er das Gefühl, dass die beiden sich näher gekannt hatten. Dass sie etwas verbunden hatte. Irgendeine Gemeinsamkeit. Verhoeven überlegte, ob es etwas mit Kunst zu tun haben konnte, aber dann fiel ihm ein, wie abfällig sich Sven Strohte über Nikolas Hrubeschs Bilder geäußert hatte, und er verwarf den Gedanken wieder. Immerhin würde der Umstand, dass die von Hrubesch verwendeten Waffen aus Sven Strohtes direktem Umfeld stammen, ja durchaus zu dessen Sündenbock-Theorie passen, dachte Verhoeven. Aber was war mit dem Rest? Passte auch der Rest?
Er sah zu Winnie Heller hinüber, die sich interessiert über ein paar Fotos des demolierten Waffenschranks beugte. Kein Zweifel, sie mochte diesen schlaksigen Jungen, das war mehr als offensichtlich gewesen. Und das, obwohl Winnie Heller normalerweise kein Mensch war, dem man so ohne weiteres anmerkte, was er empfand. Verhoevens Augen glitten über ihre dick gepuderte Wange, und wie schon vorhin verspürte er einen gewissen Stolz, dass sie ihm etwas von sich verraten hatte. Etwas Privates. Meine Schwester hat auch Klavier gespielt. Sie wollte das beruflich machen …
»Wann haben Sie vor, Sven Strohtes Familie in Bezug auf die Herkunft der Waffen einzuweihen?«, wandte sie sich in diesem Augenblick wieder an Höppner, indem sie dem Einsatzleiter die Mappe mit
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