Querschläger
erinnerte sich auch, dass die Fahrt alles in allem nicht viel länger als eine Viertelstunde gedauert hatte. Aber leider ließ das noch immer eine Vielzahl an Möglichkeiten offen! Also, was tun? Steven Höhmann, Lukas’ besten Kumpel, konnte sie nicht fragen, der wurde garantiert misstrauisch, wenn sie wissen wollte, wie sie am besten zu dieser blöden Hütte käme. Und auch die zahllosen anderen Mädels, die Lukas beglückt hatte, fielen als Informationsquelle definitiv aus. Jessica Mahler stieß einen entnervten Seufzer aus. Wenn sie sich doch nur daran erinnern könnte, wer ihr diese Sache mit den Mutproben und dem Paintball erzählt hatte! Es konnte doch eigentlich kaum mehr als ein paar Wochen her sein, dass sie davon erfahren hatte.
Sie warf den Splitter fort und starrte wieder zum anderen Ufer hinüber. Es war definitiv zu einer Zeit gewesen, in der sie noch nichts Negatives über Lukas Wertheim hatte hören wollen. Und genau das war wahrscheinlich auch der Grund, warum sie ihm nicht richtig zugehört hatte, dämlich, wie sie war! Weil sie den Eindruck gehabt hatte, dass er mit dem, was er ihr über Lukas erzählte, eine ganz bestimmte Absicht verfolgte. Dass er sie abbringen wollte von ihrer Idee, Lukas Wertheim zu erobern …
Er?
Jessica Mahler richtete sich kerzengerade auf. Ja, natürlich! Wie dumm sie doch war! Ein Gedächtnis wie ein Sieb!
Sie sprang von ihrer Bank hoch, und die Tauben, die um ihre Füße herum gepickt hatten, stoben erschreckt auseinander, als sie wie von tausend Teufeln gehetzt davonrannte.
7
»Dieser Kerl, der sich selbst Devil nennt, muss tatsächlich in irgendeiner Weise mit dem Clemens-Brentano-Gymnasium zu tun haben«, erklärte Lars Höppner, als Verhoeven und Winnie Heller nach ihrem Besuch bei Sven Strohte in der Einsatzzentrale vorbeischauten, um sich über den neuesten Stand der Ermittlungen zu informieren. »Um mit Hrubesch in Kontakt zu treten, hat er die Zugangsdaten eines anderen Schülers der Schule benutzt, der sich seit einem Suizidversuch vor rund drei Monaten in stationärer Therapie befindet. Sämtliche Mails wurden von öffentlichen Internetcafés verschickt und empfangen, mal hier in Wiesbaden, dann wieder in Mainz oder Frankfurt.«
Ein Sicherheitsfanatiker, dachte Verhoeven, ganz wie wir vermutet haben!
»Über den Inhalt der Korrespondenz können wir leider nichts sagen«, kam Höppner seiner nächsten Frage zuvor. »Wir haben nicht viel mehr als die reinen Verbindungsdaten, aus denen hervorgeht, dass Hrubesch und Devil seit rund vier Wochen miteinander korrespondiert haben und dass die erste Kontaktaufnahme von Devil ausging.«
Verhoeven tauschte einen Blick mit seiner Partnerin. Das war allerdings bezeichnend! »Was ist mit Hrubeschs Eltern?«, fragte er. »Wissen die nichts darüber?«
Höppner schüttelte resigniert den Kopf. Seine Wangen waren aschfahl, und das Weiß seiner Augen wirkte blutig vor Übermüdung. »Wir haben das Innerste nach außen gekehrt, aber wie es scheint, haben diese Leute tatsächlich keinen blassen Schimmer, was ihr Filius in seiner Freizeit getrieben hat oder mit wem er in Kontakt stand.«
Unwillkürlich musste Verhoeven an Manuela Strohte denken. An den Ausdruck von Unverständnis in ihrem Gesicht, als er sie gefragt hatte, ob Nikolas Hrubesch jemals Gast in ihrem Hause gewesen sei. Selbst wenn ihr Sohn engste freundschaftliche Kontakte mit Hrubesch gepflegt hätte, würde sie es nicht zwangsläufig wissen, dachte er bei sich.
»Wir werden jetzt erst mal den Radius erweitern«, sagte Höppner, indem er aufstand und zum Fenster hinüberschlenderte, wo unter einem der Tische ein halb leerer Kasten Mineralwasser stand. »Lehrer, Klassenkameraden und so weiter. Vielleicht weiß einer von denen, wo und mit wem sich Hrubesch herumgetrieben hat.« Das Klingeln seines Telefons veranlasste ihn, sich wieder an den Schreibtisch zu setzen. Er hörte eine ganze Weile schweigend zu und notierte sich hin und wieder etwas auf einem der Aktendeckel vor sich.
Bei dieser Gelegenheit fiel Verhoeven auf, dass Höppner Linkshänder war, und er dachte an die Hornhaut an Nikolas Hrubeschs linker Hand. An der Schreibstelle, wie Dr. Gutzkow es genannt hatte.
»Gut, danke«, sagte Lars Höppner und legte auf. »Die kanadischen Behörden haben Sven Strohtes Onkel aufgespürt«, gab er die Neuigkeiten, die er soeben erfahren hatte, umgehend an seine Besucher weiter. »Er sitzt bereits im Flieger, eskortiert von zweien unserer Leute.«
»Hat er
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