Querschläger
gerichtet waren. Direkt auf sie, auf ihr Herz.
Er sieht dich nicht, hämmerte es hinter ihrer Stirn. Er kann dich nicht sehen. Schuhe haben keine Augen.
Sie hörte ein Knacken in seinen Gelenken, als er in die Knie ging.
Dann zog seine Hand sie unter dem Bett hervor.
9
»Also schön«, fasste Verhoeven nach einer kurzen Essenspause noch einmal die Ergebnisse ihrer Diskussion zusammen. »Wir haben – wenn wir Hrubesch selbst einmal ausnehmen – drei, eventuell auch vier Opfer, die von unserem zweiten Schützen getötet wurden. Und wir nehmen an, dass es diesem unserem Hintermann um eine ganz bestimmte Person gegangen ist. Weiter nehmen wir an, dass sich die Person, um die es ihm ging, unter den genannten vier Opfern befindet, wobei wir Karla Oppendorf ausschließen können, weil unser Mann sein Hauptziel aller Wahrscheinlichkeit nach als Erstes ausschalten würde.«
»Das Wichtigste zuerst«, nickte Bredeney mit einem sarkastischen Lächeln auf den dünnen Lippen.
»Folglich bleiben Angela Lukosch, Beate Soltau und eventuell auch Lukas Wertheim übrig«, schloss Verhoeven. »Aber was ist mit dem Motiv?«
»Wir wissen, dass Angela Lukosch Affären hatte«, sagte Werneuchen. »Der Täter könnte ein Liebhaber sein, dem sie den Laufpass gegeben hat. Oder auch jemand, der erst gar nicht bei ihr landen konnte.«
Ja, ja, dachte Winnie Heller, als sie bemerkte, dass Verhoeven zu ihr herübersah, ich habe sehr wohl mitbekommen, dass du dabei an Sven Strohte denkst.
»Abgesehen von ihrem Hang zu schnell wechselnden Liebesbeziehungen hat sich Angela Lukosch einen Spaß daraus gemacht, Schwächere zu schikanieren«, ergänzte Verhoeven, indem er wieder wegsah, »was einmal mehr Rache als mögliches Tatmotiv ins Spiel bringt. Andererseits dürfte es sich bei Angelas Opfern vermutlich hauptsächlich um Mädchen gehandelt haben …«
Er blickte in Werneuchens Richtung, der die unausgesprochene Frage mit einem vorsichtigen Nicken beantwortete.
»Aber natürlich könnte unser Hintermann rein theoretisch auch eine Frau sein.« Verhoeven schenkte Winnie Heller ein vielsagendes Lächeln. »Oder vielmehr ein Mädchen, das von Angelas Schikanen die Nase voll hatte und auf diese Weise Rache nehmen wollte für das, was ihm angetan wurde. Allerdings muss ich zugeben, dass ich diese Möglichkeit für nicht besonders wahrscheinlich halte.« Er drehte sich um, als die Tür in seinem Rücken aufging und Hinnrichs den Kopf ins Zimmer streckte. Aber der Leiter des KK11 bedeutete ihm mit einer knappen Geste, dass er sich nicht stören lassen solle. Also machte er weiter: »Angela Lukosch starb auf dem Korridor im dritten Stock des Altbaus«, sagte er, »höchstwahrscheinlich, nachdem Hrubesch bereits an ihr vorbeigelaufen und über das westliche Treppenhaus in den darunter liegenden zweiten Stock unterwegs war.«
»Die zeitliche Abfolge ist der Schlüssel«, bemerkte Winnie Heller mit einem nachdenklichen Blick auf den Plan an der Wand. »Bislang sind wir immer automatisch davon ausgegangen, dass die Reihenfolge der Toten dem Weg des Amokschützen entsprach. Aber seit dieser Sache mit Karla Oppendorf können wir uns in diesem Punkt ja eigentlich nicht mehr so sicher sein, oder?«
»Stimmt«, pflichtete Werneuchen ihr bei.
Und auch Verhoeven nickte. »Fest steht, dass unser Mann mit großer Wahrscheinlichkeit unter den Personen zu suchen ist, die das Gebäude relativ spät verlassen haben oder sich noch immer im Haus befanden, als die Kollegen vom SEK sich zum Stürmen entschlossen.«
»Wie in aller Welt sollen wir uns da einen Überblick verschaffen?«, stöhnte Werneuchen. »Bei den vielen Zeugen, die wir haben, dürfte es Wochen, wenn nicht gar Monate dauern, sämtliche Aussagen abzugleichen, um irgendwann zu einem halbwegs stimmigen Gesamteindruck zu kommen.«
»Was ist mit Bildmaterial?«, fragte Verhoeven, indem er sich die Aufnahmen von flüchtenden Schülern ins Gedächtnis rief, die bereits unmittelbar nach dem Massaker durch alle Fernsehsender gegeistert waren. »Bänder von irgendwelchen Überwachungskameras, zum Beispiel. Oder Fotohandys und was diese Kids heutzutage sonst noch alles mit in die Schule nehmen mögen.«
»Soweit ich weiß, haben Höppners Leute das Zeug unmittelbar nach dem Amoklauf konfisziert, bevor die Betreffenden es meistbietend an irgendeinen Fernsehsender verscherbeln konnten«, erklärte Hinnrichs, der inzwischen auf seinem üblichen Platz am Kopfende des Tisches Platz genommen hatte. »Aber ich
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