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Querschläger

Querschläger

Titel: Querschläger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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vor mit dem Spind beschäftigt schien, und schlenderte dann langsam auf die Tür zu, die zu den angrenzenden Duschen führte. Genau gegenüber befand sich eine weitere Tür, die – davon hatte sich Winnie Heller schnell überzeugt – tatsächlich in jenen Umkleideraum führte, den Nikolas Hrubesch für den Kleidertausch mit seinem Sündenbock vorgesehen hatte. Er muss angenommen haben, dass Sven Strohte durch die Duschen hindurch und dann hierher, in diesen zweiten Umkleideraum, geflüchtet ist und sich irgendwo zwischen den Spinden versteckt hat, dachte sie, wobei sie ihre Augen über den abgestoßenen Türrahmen wandern ließ. Doch Sven Strohte war nicht durch diese Tür gelaufen. Und er hatte sich auch nicht zwischen den Spinden versteckt. Stattdessen war er hinaus auf den Gang gerannt.
    Winnie Heller machte kehrt und gesellte sich wieder zu Verhoeven, doch mit Rücksicht auf den Umstand, dass sie nicht allein waren, tauschten sie ihre Eindrücke zunächst nicht laut aus, sondern folgten dem Beamten namens Welling wortlos auf den Flur hinaus.
    »Dort drüben ist der Raum, in dem sich Sven Strohte bis zum Eintreffen des SEK versteckt hat«, erklärte Welling, indem er sich nach rechts wandte. »Er wird von den Hausmeistern der Schule als Abstellkammer genutzt.«
    Das bewusste Zimmer befand sich auf der gegenüberliegenden Seite des Ganges, die drittletzte Tür auf der linken Seite. Winnie Heller wartete, bis Verhoeven an ihr vorbei war, dann ging sie in die Knie und sah sich den Boden an, auf dem man – abhängig davon, wie das Licht fiel – vage Spuren der zahllosen Füße ausmachen konnte, die seit den frühen Mittagsstunden hier ein und aus gegangen waren. Darüber hinaus war der Raum in einem erstaunlich aufgeräumten Zustand. Ein paar zusammengeschobene Leitern lehnten an der Wand neben der Tür. Daneben hingen dicke Bündel zusammengerollter Schläuche in allen erdenklichen Stärken von speziellen Halterungen herab. Es gab ein Regal voller Kabel und Werkzeuge, einen mehr als altertümlich anmutenden Rasenmäher, drei oder vier Stapel ausrangierter Papierkörbe aus Metall und diverse andere Kleinigkeiten.
    Winnie Heller betrachtete eine Kollektion angerosteter Schraubenschlüssel und stellte sich Lübke vor, wie er in seiner komischen kleinen Laube kniete und mehrtürige Kleiderschränke zusammenzimmerte. Zugleich ärgerte sie sich darüber, dass es ihr einfach nicht gelingen wollte, bei der Sache zu bleiben. Und das, obwohl diese Ermittlungen, obwohl ihr Job das Einzige war, das ihrem alles in allem mehr als komplizierten Leben eine gewisse Struktur gab. Also konzentrier dich gefälligst endlich auf deine Arbeit, rief sie sich selbst zur Räson, oder willst du am Ende noch riskieren, dass Verhoeven Verdacht schöpft? Dass er sich dein Gesicht ein wenig genauer ansieht und sich zu fragen beginnt, warum um alles in der Welt du dich auf einmal so tierisch aufbrezelst, noch dazu an einem Tag, an dem du eigentlich dienstfrei hast.
    Sie drehte sich um und bemerkte, dass ihr Vorgesetzter seine Inspektion des Wasserboilers, hinter dem Sven Strohte Zuflucht vor seinem Verfolger gesucht hatte, inzwischen beendet hatte. Er richtete sich auf, und für einen kurzen Moment trafen sich ihre Blicke. Dann verschwand Verhoeven durch die Tür. Winnie Heller hörte das Geräusch seiner Ledersohlen auf den Steinfliesen im Gang und dachte an die Schritte, die Sven Strohte gehört und von denen er angenommen hatte, sie gehörten Hrubesch.
    Aber ist es tatsächlich Hrubesch gewesen, den er gehört hat?, überlegte sie, während sie nach Verhoeven lauschte, der draußen auf dem Flur hin und her lief und ein paar Türen auszuprobieren schien. Oder hatte Nikolas Hrubesch den Umkleideraum, in dem er seinen flüchtigen Sündenbock vermutet hatte, nicht mehr lebend verlassen? War ein anderer dort draußen auf dem Flur gewesen? Aber wer? Ein Komplize? Nikolas Hrubesch ist tot, plärrte ein imaginärer Hinnrichs in ihrem Kopf. Er ist tot, weil ihn jemand erschossen hat. Jemand, der ihm die Waffe direkt an die Schläfe gehalten hat.
    »Was ist hinter dieser Tür?«, hörte sie Verhoeven draußen auf dem Gang fragen.
    »Der Werkraum der Schule.«
    Winnie Heller lugte um die Ecke und sah ihren Vorgesetzten am Ende des Flurs stehen.
    »Ist dieser Raum grundsätzlich abgeschlossen?«
    Der Beamte namens Welling schüttelte ratlos den Kopf. »Da müsste ich nachfragen.«
    »Ja, bitte«, sagte Verhoeven. »Tun Sie das.« Dann kehrte er mit

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