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Quest

Quest

Titel: Quest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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ein, als sie die Nadel aus seiner Wirbelsäule herauszog.
    »Ja, mein Zustand ist stabil«, keuchte er. »Wie wunderbar. Ich mu ss mehr als die Hälfte des Tages liegen, obwohl ich kaum schlafen kann. Meine Hände fühlen sich taub und pelzig an, als ob sie nicht mehr zu mir gehören. Mir wird schwarz vor Augen, wenn ich länger als ein Gyr in der Zentrale stehe. Und ich sehe aus wie einer dieser traumdampfsüchtigen Höflinge, die ich so verabscheue.«
    »Das ist der Sud Blau«, erklärte Vileena, während sie die Probe der Rückenmarksflüssigkeit in das Untersuchungsglas laufen lie ss . »Er ist dem Traumd ampf chemisch sehr verwandt.«
    Quest schnaubte nur. »Würdest du mich bitte zudecken?«
    Sie zog die Decke über seinen aufgeschwemmten Körper.
    Obwohl es warm war im Zimmer, schien er zu frösteln.
    »Nachts, wenn ich wachliege«, sagte er dann, »kann ich spüren, wie die Krankheit in mir fri ss t und nagt wie tausend kleine Maden. Wie sie mich aushöhlt. Nein, ich spüre den Tod, Vileena, ich spüre ihn kommen. Er greift nach mir. Es ist kein Vierteljahr mehr, das mir bleibt.«
    Vileena sa ss auf der Kante seines Bettes, das
    Untersuchungsglas in der einen und die Probennadel in der anderen Hand und fühlte sich mit einem Mal leer und hilflos.
    »Niemand kann das wissen, Quest«, sagte sie leise.
    »Niemand kann das wissen, ja. Aber man kann spüren, ob die Kraft, die man aufbringt, wieder nachwächst, oder ob man sich verzehrt. Und ich, Vileena, ich verzehre mich. Ich bin wie eine Kerze, die noch ruhig brennt, obwohl der Docht jeden Augenblick umkippen und verlöschen kann.« Er hustete leicht und stöhnte im nächsten Moment auf, weil sein Rücken geschmerzt haben mu ss te dabei. »Und was habe ich gemacht in meinem Leben? Wie sieht die Bilanz aus? Alle, für die ich hätte sorgen sollen, sind tot. Ich könnte einen Sohn haben, der bei Hof zusammen mit dem Infanten erzogen wird, aber ich habe zu lange gewartet. Toyokan ist eine tote Welt, seine Städte liegen in Schutt und Asche, seine Lebenssphäre wird sich in Millionen Jahren nicht vom Angriff der Invasoren erholen. Was wird also bleiben? Nichts. Nichts wird bleiben. Ich habe gelebt und werde sterben, ohne eine Spur zu hinterlassen.«
    »Dein Name steht in den Annalen der Akademie…«
    »Die Akademie wird bald selbst in Trümmern liegen. Pah!
    Was soll das? Und ein Name - was ist schon ein Name? Wenn derjenige, der den Namen getragen hat, tot ist, nur noch ein sinnloser Laut. Und wie wir uns anstrengen, unser Leben lang, um unseren Namen in die Erinnerung der anderen zu gravieren.
    Als gäbe es nichts Wichtigeres auf der Welt als unseren Namen.
    Wir starren auf unseren Namen wie auf ein Heiligtum und vergessen zu leben.« Er hob eine Hand, betrachtete sie. Im dämmrigen Licht der Seitlampe sah sie bleich, aufgedunsen und grau aus. »Sieh dir das an. Ich kann es immer noch nicht fassen.
    Wo ist die Hand hin, die ich kannte? Das ist ni cht die Hand, mit der ich aufge wachsen bin. Das ist nicht die Hand, mit der ich meine Frauen berührt habe. Ich war einmal gesund und voller Kraft, und jetzt bin ich ein Wrack. Ich hätte noch gute vierzig Jahre haben können…«
    »Vierzig?« echote Vileena verwundert.
    »Toyokanjahre, meine ich.«
    »Du kannst nichts dafür.«
    »Ja.« Er schwieg, und eine Weile hörte sie nur seine schweren, angestrengten Atemzüge. »Ja, ich kann nichts dafür.
    Aber wer dann? Wer kann denn etwas dafür?«
    Sie sanken in einer weiten Bahn abwärts, ein ungetarnter Anfing mit donnernden Triebwerken, die sich gegen das Schwerefeld des Planeten stemmten. Für irgendwelche Manöver wäre auch nicht genug Energie gewesen. Hiduu steuerte so hochkonzentriert, da ss Dawill seine Hände unwillkürlich um die Armlehnen krallte.
    Als die Wolken wichen, sahen sie eine weite, flache Landschaft unter sich, graubraune Hügel hier und da, viel Wasser und nichts sonst. Ein gelber Himmel spannte sich über eine weite Ebene, die an Eintönigkeit kaum zu überbieten war.
    Die hohe Schwerkraft, überlegte Dawill, hatte vermutlich verhindert, da ss hohe Berge entstanden waren, und die Erosion der Jahrmillionen, die das Volk der Yorsen zählte, mu ss te ein übriges getan haben, alle Erhebungen einzuebnen und alle Vertiefungen aufzufüllen.
    »Verweser«, bat Hiduu, »wir brauchten nun Koordinaten.«
    Dawill nickte. Der Pilot wagte nicht, Smeeth selber zu fragen, sei es, weil ihm der Schiffbrüchige nicht ganz geheuer war, sei es, weil ihm nun nicht klar

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