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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Änderung der Satzung der Gesellschaft britannischer Entführter beschrieben, aber jetzt, an seinem Ende, bist du dabei mir zu erzählen, was passierte, als das bis zu den Schandeckeln mit hindustanischen Tempeltänzerinnen voll gestopfte Schiff in der Nähe einer Burg der Malteserritter auf Grund ging – hast du denn gar keine Angst, dass ich dich zurücklassen oder an irgendeinen Bauer verkaufen könnte?«
    »Warum solltest du dich um meine Gefühle kümmern?«
    »Ist dir denn nie in den Sinn gekommen, dass du in einem Nonnenkloster vielleicht besser aufgehoben wärst?«
    Offensichtlich war es das nicht , tat es aber jetzt . Eine überaus reizende Verblüffung machte sich in ihrem Gesicht breit, und sie drehte den Kopf ganz leicht zu dem Kloster.
    »Ich meinerseits werde mich an unsere Partnerschaftsabmachung halten. Jahrelanges Baumeln an den Füßen Erhängter hat mich den Wert ehrlicher Geschäfte gelehrt.« Jack hielt kurz in seiner Rede inne, um seine Heiterkeit zu unterdrücken. Dann: »Ja, es hat eine Menge Vorteile, mit ›Schuss-in-den-Ofen-Jack‹ unterwegs zu sein: Niemand ist mein Meister. Ich habe Stiefel. Außerdem ein Schwert, eine Axt und ein Pferd. Ich kann nicht anders als keusch sein. Die verschwiegenen Pfade der Schmuggler sind mir vertraut. Ich kenne das Rotwelsch und die verschiedenen Zeichen der Landstreicher, die zusammengenommen eine Art (wenn ich es poetisch ausdrücken darf) weltumspannendes Nachrichtennetz bilden, das, selbst wenn es beschädigt ist, reibungslos funktioniert und mir sagt, welches Pays eine sichere Zufluchtsstätte und Durchreise bietet und welches umherziehende Menschen unterdrückt. Du könntest es schlechter treffen.«
    »Warum hast du dann gesagt, ich wäre dort vielleicht besser aufgehoben?«, fragte Eliza mit einer Kopfbewegung zu dem gewaltigen Kloster hin, dessen Flügel, den Zangen eines Käfers gleich, einen Bogen zur Straße hin beschrieben.
    »Na ja, manche würden sagen, dass ich das schon viel früher hätte erwähnen müssen, aber: Du hast dich mit einem Mann eingelassen, der in den meisten Gerichtsbezirken vom Fleck weg gehängt werden kann.«
    »Oh, dann bist du ein berüchtigter Krimineller?«
    »Nur an manchen Orten – aber das ist nicht der Grund.«
    »Was dann?«
    »Ich gehöre zu einem bestimmten Typ . Zu den Armen des Teufels.«
    »Oh.«
    »Ich schäme mich, es zu sagen – aber als ich betrunken und vom Kampf erhitzt war, habe ich dir mein anderes Geheimnis gezeigt und kann jetzt in deiner Achtung sicher nicht mehr tiefer sinken.«
    »Was heißt das, die Armen des Teufels? Bist du ein Satanspriester?«
    »Nur wenn ich mich Satanspriestern anschließe. Hm! Nein, das ist ein englischer Begriff. Es gibt zwei Arten von Armen – die Armen Gottes und die des Teufels. Den Armen Gottes wie Witwen, Waisen und kürzlich entflohenen weißen Sklavenmädchen mit kessen Hinterteilen kann und sollte geholfen werden. Die Armen des Teufels dagegen sind jenseits aller Mildtätigkeit – an ihnen ist jede christliche Nächstenliebe verloren. Die Unterscheidung zwischen diesen zwei Kategorien ist in allen zivilisierten Ländern anerkannt.«
    »Erwartest du, da unten gehängt zu werden?«
    Sie hatten auf einem Gipfel oberhalb der Überschwemmungszone der Donau Halt gemacht. Unten lag Linz. Der Abzug der Armeen hatte es auf ein Zehntel der Größe, die es noch vor kurzem gehabt hatte, schrumpfen lassen und dabei auf der Erde eine Narbe hinterlassen, die an die blasse Haut nach dem Abfallen einer dicken Kruste erinnerte. »Dort wird es jetzt weniger streng zugehen – viele entlassene Soldaten werden auf der Durchreise sein. Sie können nicht alle gehängt werden – dafür gibt es in ganz Österreich nicht genug Strick. Ich zähle ein halbes Dutzend Leichen, die an Bäumen vor dem Stadttor hängen, ein weiteres halbes Dutzend Köpfe auf Piken entlang der Stadtmauer – niedriger Standard, für eine Stadt dieser Größe.«
    »Dann auf zum Markt«, sagte Eliza und spähte mit Augen, die buchstäblich Funken sprühten, hinunter auf den Marktplatz von Linz.
    »Einfach hineinreiten, die Straße der Straußenfedernhändler suchen, von einem zum anderen gehen und sie gegeneinander ausspielen?«
    Eliza sank in sich zusammen.
    »Das ist das Problem mit besonderen Waren«, sagte Jack.
    »Was hast du dann vor, Jack?«
    »Oh, verkaufen kann man alles. In jeder Stadt gibt es eine Straße, in der für alles, aber auch alles , Käufer zu finden sind. Ich übernehme die Aufgabe,

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