Quicksilver
herauszufinden, wo diese Straßen sind.«
»Jack, was glaubst du denn, was für einen Preis wir auf einem Hehlermarkt erzielen? Schlechter können wir überhaupt nicht wegkommen.«
»Aber dann haben wir Silber in den Taschen, Mädchen.«
»Der Grund dafür, dass du ein Armer des Teufels bist, liegt vielleicht darin, dass du dich, wenn du irgendetwas besitzt, in die Stadt schleichst wie ein Mann, der damit rechnet , schlecht behandelt – womöglich sogar geköpft – zu werden, und geradewegs zum Hehlermarkt gehst, um deine Ware dem Mittelsmann eines Mittelsmannes eines Mittelsmannes zu verkaufen.«
»Nimm bitte zur Kenntnis, dass ich am Leben bin, frei, dass ich Stiefel habe, die meisten meiner Gliedmaßen -«
»Und eine Syph, die dich verrückt machen und in ein paar Jahren umbringen wird.«
»Später als wenn ich in eine Stadt wie diese hineinspazierte und mich als Händler ausgäbe.«
»Worauf ich hinauswill, ist – wie du ja schon selbst gesagt hast -, dass du jetzt ein Erbe für deine Jungs ansammeln musst.«
»Genau das habe ich doch gerade vorgeschlagen«, erwiderte Jack. »Oder hast du vielleicht eine bessere Idee?«
»Wir müssen einen Jahrmarkt finden, wo wir die Straußenfedern direkt an einen anspruchsvollen Kleiderhändler verkaufen – jemanden, der sie mit nach Hause, sagen wir, nach Paris, nimmt und dort reichen Damen und Herren verkauft.«
»Na klar. Solche Händler brennen nur darauf, Geschäfte mit Landstreichern und Sklavenmädchen zu machen.«
»Ach, Jack – es geht einfach darum, durch Kleidung mehr statt weniger aus sich zu machen.«
»Es gibt empfindliche Männer – reizbare Kerle -, die diese Bemerkung als Verunglimpfung betrachten würden. Ich dagegen -«
»Hast du dich noch nicht gefragt, warum ich bei jeder Bewegung all diese knisternden und raschelnden Geräusche mache?« Sie gab ihm eine Kostprobe.
»Ich bin zu sehr Gentleman, um dich über die Zusammensetzung deiner Unterwäsche auszufragen – aber da du sie schon selbst erwähnt hast -«
»Seide. Ich habe ungefähr eine Meile Seide um mich herumgewickelt, unter diesem schwarzen Ding. Aus dem Lager des Großwesirs gestohlen.«
»Seide! Hab davon gehört.«
»Eine Nadel, ein Stück Faden, und ich werde Zoll für Zoll eine Dame sein.«
»Und was werde ich sein? Der Hanswurst?«
»Mein Diener und meine Leibwache.«
»O nein -«
»Das ist doch nur Schauspielerei! Nur solange wir auf dem Jahrmarkt sind! Die übrige Zeit bin ich wie immer deine gehorsame Sklavin, Jack.«
»Da ich weiß, dass du gerne fabulierst, werde ich nur ganz kurz mit dir schauspielern. Aber sag mal, mit Verlaub, braucht es nicht seine Zeit, aus türkischer Seide feine Kleider zu nähen?«
» Viele Dinge brauchen Zeit, Jack. Das wird nur ein paar Wochen dauern.«
»Ein paar Wochen. Und dir ist klar, dass du dich jetzt an einem Ort befindest, wo es Winter gibt? Und dass es Oktober ist?«
»Jack?«
»Eliza?«
»Was weiß dein Rotwelschnetzwerk über Messen?«
»Meistens sind sie im Frühjahr oder im Herbst. Wir wollen zu der in Leipzig.«
»Wollen wir?« Eliza wirkte beeindruckt. Jack freute sich darüber – ein schlechtes Zeichen. Kein Mann war vollständiger dem Untergang geweiht als der, der seine ganze Zufriedenheit daraus bezog, einen guten Eindruck auf eine ganz bestimmte Frau zu machen.
»Ja, denn dort werden Waren aus dem Osten, aus Russland und der Türkei, gegen Waren aus dem Westen eingetauscht.«
»Wohl eher gegen Silber – wer will denn schon Zeug aus dem Westen!«
»Das stimmt schon. Ältere Landstreicher werden dir auch sagen, dass man Händler aus Paris am besten auf der Straße nach Leipzig ausraubt, denn dann haben sie Silber bei sich, während sie auf dem Weg zurück Waren mit sich führen, die mühsam umhergeschleppt und bewacht werden müssen. Die jungen Kerle werden das jedoch mit dem Argument bestreiten, dass kein Mensch mehr Silber mit sich herumträgt – Geschäfte werden nur noch mit Wechseln gemacht.«
»Wie auch immer, Leipzig ist genau richtig.«
»Abgesehen von dem geringfügigen Umstand, dass die Herbstmesse bereits vorbei ist und wir vor der nächsten einen Winter überstehen müssen.«
»Halt mich diesen Winter über am Leben, Jack, dann werde ich dir im Frühjahr in Leipzig das Zehnfache von dem einbringen, was du da unten kriegen würdest.«
Etwas sechs Monate im Voraus zu planen, das war nicht die typische Landstreichermethode. Doch dieser Fehler wurde tausendmal ausgeglichen durch die
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