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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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hohen, dunklen Bergen dahinter – auf diesem Sims die Mauern eines Schlosses, dick und klobig im Vergleich zu maurischen, die so elegant sind – aber nicht dick genug, um einer wie auch immer gearteten vernichtenden Kraft zu widerstehen, die sie zerstört hat -«
    »Artillerie, Mädchen – das Verderben aller alten Burgen.«
    »Dann hat also die Artillerie des Papstes an verschiedenen Stellen Breschen in die Mauern geschossen – und damit einen Steinregen quer über den Burggraben verursacht.Weißer Mörtel hängt wie Splitter von gebleichten Knochen an dunklen Steinen. Dann hat Feuer das Innere ausgebrannt und außer ein paar geschwärzten Sparren den gesamten Dachstuhl aufgefressen – über allen Fenstern und Schießscharten haben sich Rauchflecken gebildet, als hätten Flammen über Stunden aus diesen Öffnungen herausgezüngelt – es kommt einem vor wie ein Alchimistenofen, in dem eine ganze Stadt von der Ketzerei geläutert wurde.
    »Habt ihr Alchimisten in der Barbarei?«
    »Habt ihr welche im Christentum?«
    »Das ist sehr poetisch – ebenso wie das vorhergehende halbe Dutzend Beschreibungen zerstörter Schlösser – aber ich war mehr an praktischen Fragen interessiert: Siehst du irgendwo den Rauch von Kochfeuern?«
    »Das hätte ich bereits erwähnt.Von Menschen oder Pferden niedergetrampelte Pfade im Unterholz hätte ich auch erwähnt.«
    »Sonst irgendwas?«
    »Zur Linken ein Teich – sieht ziemlich flach aus.«
    »Lass uns hingehen.«
    »Türk hat uns hierher gebracht – er hat Durst.«
    Sie entdeckten mehrere solcher Teiche, und nach dem dritten oder vierten (alle nahezu verwahrlost) begriff Jack, dass diese Teiche von (mit einiger Sicherheit) Tausenden armer Teufel mit Hacken und Schaufeln ausgehoben oder zumindest erweitert und gerundet worden waren. Es erinnerte ihn an eine Episode aus der Gaunerüberlieferung, die er in Paris von einem Zigeuner aufgeschnappt hatte, der ihm von Seen weit im Osten, aber noch vor Rumänien, erzählt hatte, in denen Fische aufgezogen wurden, so wie Hirten auf Weiden Rinder aufzogen. An den Fischgräten, die um die Ufer dieser Teiche verstreut lagen, konnte Jack sehen, dass schon andere hier gewesen waren und sich über die Restbestände der feuchtkalten Herden dieser toten Protestanten hergemacht hatten. Das ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen.
    »Warum hassten die Papisten dieses Land so sehr?«, wollte Eliza wissen. »Mummy hat mir erzählt, dass es viele protestantische Länder gibt.«
    »Das gehört eigentlich nicht zu den Dingen, die mich besonders interessieren«, sagte Jack, »aber ich bin zufällig gerade aus einem genauso zerstörten Land gekommen, wo jeder Bauer die Geschichte kennt und immer wieder erzählt. Das Land heißt Pfalz, und seine Herren waren, jedenfalls über ein paar Generationen hinweg, protestantische Helden. Einer dieser Herren heiratete ein englisches Mädchen namens Elizabeth – die Schwester von Chuck I.«
    »Charles I. – ist das nicht der, der mit Cromwell aneinander geriet und in Charing Cross geköpft wurde?«
    »Genau der – und seiner Schwester erging es nicht viel besser, wie du gleich sehen wirst. Denn just hier in Böhmen hatten ein paar Protestanten keine Lust mehr, von Papisten regiert zu werden, warfen mehrere von ihnen aus einem Burgfenster in einen Misthaufen und erklärten dieses Land für papistenfrei. Doch im Gegensatz zu den Holländern, die für das Königtum wenig übrig haben, konnten diese Böhmen sich nicht vorstellen, ein Land ohne Monarchen zu sein. Da protestantische Monarchen in der Gegend jedoch kaum zu haben waren, luden sie Elizabeth und diesen Pfälzer Burschen ein, hierher zu kommen und sie zu regieren.Was sie auch taten – einen einzigen Winter lang. Dann kamen die Legionen des Papstes ins Land und versetzten es in seinen jetzigen Zustand.«
    »Was wurde aus Elizabeth und ihrem Mann?«
    »Die Winterkönigin und der Winterkönig, wie sie daraufhin genannt wurden, machten sich aus dem Staub. In die Pfalz konnten sie nicht gehen, denn dort waren ebenfalls Truppen einmarschiert (weshalb die Leute, die dort leben, sich noch heute darüber aufregen), und so zogen sie eine Weile wie die Vagabunden umher, bis sie schließlich in Den Haag landeten, wo sie bis zum Ende des Krieges blieben, der durch all das ausgelöst worden war.«
    »Hatten sie Kinder?«
    »Sie bekam pausenlos welche! Großer Gott! Wenn man die Leute so hört, muss sie sie förmlich ausgestanzt haben, im Abstand von neuneinhalb

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