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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Waagebalken hingen. In die eine Waagschale legte er Jacks Münzen und in die andere häufte er mit einer Pinzette federleichte Stückchen beschrifteter Goldfolie, bis sie beide ausbalanciert waren. Dann verstaute er die Waage wieder in ihrem hölzernen Etui, das kleiner war als Elizas Hand, nahm einige Berechnungen vor und bot Jack ein paar Leipziger Ratsmark (Leipzig prägte seine eigenen Münzen). Eliza bestand darauf, dass sie noch weitere Geldwechsler aufsuchten und diese Zeremonie wiederholten, aber das Ergebnis war immer dasselbe. Am Ende nahmen sie die Leipziger Münzen an und sahen zu, wie der Geldwechsler Jacks alte Münzen in eine Kiste in der Ecke schleuderte, die voll war mit zumeist schwarz angelaufenen Münzen jeder Art und Teilen von Schmuckstücken. »Die schmelzen wir ein«, erklärte er, als er Jacks Gesichtsausdruck sah. Eliza starrte unterdessen auf eine Wandtafel mit Wechselkursen und las die Namen der Münzen, die dort mit Kreide eingetragen waren: »Louis d’or, Maximilian d’or, Souverain d’or, Rand, Dukaten, Louis franc, Breslauer Dukaten, Schildgroschen, Hohlheller, Schwertgroschen, Oberwehrgroschen, Hellengroschen, Pfennig, Goldgulden, Halberspitzgroschen, Engelsgroschen, Real, Ratswertmark, Zweidrittel-Thaler, englischer Schilling, Rubel, Abassid, Rupie...«
    »Das beweist einfach, dass wir ins Geldprägegeschäft einsteigen müssen«, sagte Jack, als sie gingen.
    »Mir beweist es, dass dieses Geschäft überlaufen und hart umkämpft ist«, erwiderte Eliza. »Lieber steigen wir ins Silbergeschäft ein. Sämtliche Münzer müssen bei den Silbergruben einkaufen.«
    »Aber Herr Geidel würde sich eher brennende Splitter unter die Nägel stecken als noch eine Silbermine zu besitzen«, rief Jack ihr in Erinnerung.
    »Mir erscheint es besser, sich in etwas einzukaufen, solange es billig ist, und darauf zu warten, dass es teuer wird«, sagte Eliza. »Denk nur an diese Handelhäuser mit ihren Dachböden.«
    »Wir haben keinen Dachboden.«
    »Das habe ich bildlich gemeint.«
    »Ich auch. Wir haben keine Möglichkeit, eine Silbermine zu kaufen, sie in deine Röcke zu nähen und mit uns herumzutragen, bis der Preis hochgeht.« Das klang für Jack wie ein todsicherer Gesprächsabwürger, verlieh Elizas Gesicht jedoch nur einen nachdenklichen Ausdruck.
    Folglich fanden sie sich in der Handelsbörse wieder, einem kleinen, sauberen, rechteckigen Gebäude aus weißem Stein, das voll gepackt war mit wohl gekleideten Männern, die einander in allen Sprachen des Christentums anschrien und dennoch durch irgendeinen pfingstlichen Glauben an den Heiligen Geist der Messe, der aus allen Zungen eine einzige macht, miteinander verbunden schienen. Waren gab es keine zu sehen, nur Papierstücke, was so seltsam war, dass Jack sich die ganze Nacht darüber gewundert hätte, wenn er es nicht im Lichte der weiteren Entwicklungen sofort wieder vergessen hätte. Nach einer kurzen Unterhaltung mit einem Händler, der zum Luftschnappen am Rand des Börsensaals stand, eine Tonpfeife rauchte und ein paar Schluck von diesem leckeren goldenen Bier aus Pilsen hinunterstürzte, kehrte Eliza mit einem triumphierenden und entschlossenen Blick, der nichts Gutes verhieß, zu Jack zurück. » Kux ist das Zauberwort«, sagte sie, »wir wollen Kuxe an einer Silbermine.«
    »Wollen wir das?«
    »Haben wir genau das nicht gerade beschlossen?« Vielleicht scherzte sie ja.
    »Sag mir erst mal, was Kuxe sind.«
    »Anteile. Die Mine ist in zwei Hälften aufgeteilt. Jede Hälfte in Viertel. Jedes Viertel in Achtel und so weiter – bis die Zahl der Anteile sich auf so etwas wie vierundsechzig oder hundertachtundzwanzig beläuft – und diese Zahl von Anteilen wird dann verkauft. Jeder Anteil ist ein Kux .«
    »Und mit Anteil meinst du vermutlich...?«
    »Dasselbe wie wenn Diebe ihre Beute aufteilen.«
    »Ich hätte es jetzt eher damit verglichen, wie Matrosen den Ertrag einer Seereise untereinander teilen, aber du bist mir zuvorgekommen und noch ein Stück tiefer gegangen.«
    »Dem Mann schoss fast das Bier aus der Nase, als ich ihm erklärte, ich wolle in eine Silbermine investieren«, sagte Eliza stolz.
    »Immer ein gutes Omen.«
    »Er sagte, auf dieser Messe versuche überhaupt nur ein Mann, welche zu verkaufen – der Doktor.Wir müssen mit dem Doktor reden.«
    Durch komplizierte und langwierige Nachforschungen, die Jacks Laune kaum aufzubessern vermochten, fanden sie die Spur des Doktors in der Gegend des Jahrmarkts , der (unabhängig

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