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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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seine Vermutung darüber äußerte, welche von ihnen am wertvollsten war. Jack trat in den Kreis und zog dabei sein Schwert mit dem Daumen eine Handbreit aus der Scheide. Die Reaktion der Umstehenden zeigte deutlich, dass sie alle ein wachsames Auge auf ihn hatten. Er hob die Münzen auf, die er dem Doktor in einer ungeheuer beeindruckenden Darbietung seiner Ehrlichkeit und seines moralisch einwandfreien Charakters zurückgeben würde, sobald der mit seiner schwülstigen Rede fertig war. »Für mich dagegen bedeutet dieses Muster: siebzehn.«
    »Siebzehn?«, wiederholten Jack und Eliza einstimmig – beide mussten kräftig ausschreiten, um dem Doktor auf den Fersen zu bleiben, der energischen Schrittes den Jahrmarkt verließ und mit seinen hohen Absätzen eine gute Zeit vorlegte. Er war kein großer Mann, besaß aber ein Paar ordentliche Waden, die seine Kniestrümpfe vorteilhaft zur Geltung brachten.
    »Dyadische oder binäre Zahlen – ein alter Hut«, sagte der Doktor und machte eine wegwerfende Handbewegung, sodass die Spitzenmanschette an seinem Ärmel zu flattern begann. »Mein verstorbener Freund und Kollege John Wilkins veröffentlichte vor über vierzig Jahren in seinem großen Cryptonomicon ein darauf basierendes kryptographisches System – falls Ihr eine wollt, dort drüben im Buchhändlerviertel sind noch nicht autorisierte holländische Ausgaben davon erhältlich. Was ich aber von der chinesischen Methode der Wahrsagerei übernehme, ist der Gedanke, mithilfe der dyadischen Technik Zufallszahlen zu produzieren, und dadurch könnte Wilkins’ System auf unvergleichliche Weise gestärkt werden.« Was in Jacks Ohren ausnahmslos wie Hundegebell klang.
    »Krypto, Graphie … das Aufschreiben von Geheimnissen?«, tippte Eliza.
    »Ja – in diesen Zeiten leider eine Notwendigkeit«, erwiderte der Doktor.
    Ungefähr in diesem Moment ließen sie die Enge des Rummels hinter sich und blieben auf einem offenen Platz in der Nähe einer Kirche stehen. »Die Nikolaikirche – hier bin ich getauft worden«, sagte der Doktor. » Kuxe! Dieses Thema ist insofern auf seltsame Weise mit den dyadischen Zahlen verbunden, als die Anzahl von Kuxen in einem bestimmten Bergwerk immer eine Potenz von zwei ist, videlicet : eins, zwei, vier, acht, sechzehn... Aber das ist eine mathematische Kuriosität, die für Euch kaum von Interesse sein wird. Jedenfalls verkaufe ich sie. Solltet Ihr sie kaufen? Früher ein florierender Industriezweig, auf dem das Vermögen großer Familien wie der Fugger und Hacklheber basierte, erlebte der Silberabbau durch den Dreißigjährigen Krieg und die Tatsache, dass die Spanier bei Potosí in Peru und bei Guanajuato in Mexiko sehr große Vorkommen entdeckten, einen Niedergang. Kuxe in einem europäischen Bergwerk zu kaufen, das auf traditionelle Weise betrieben wird, wie es im Erzgebirge der Fall ist, hieße für die Lady, ihr Geld zu verschwenden. Aber meine Silberminen oder, besser gesagt, die Minen des Hauses Braunschweig-Lüneburg, deren Leitung mir überantwortet wurde, sind, denke ich, eine bessere Investition.«
    »Warum?«, fragte Eliza.
    »Das ist ausgesprochen schwer zu erklären.«
    »Aber Ihr seid doch so gut im Erklären...«
    »Die Schmeichelei müsst Ihr wirklich mir überlassen, Mylady, denn Ihr verdient sie eher. Nein, es hat mit neuartigen, von mir entworfenen Maschinen zu tun, und mit neuen Techniken zur Gewinnung von Metall aus Erz, die ein mir bekannter, sehr kluger und im Vergleich zu vielen seiner Kollegen vertrauenswürdiger Alchimist erdacht hat. Doch eine Frau mit einem so bemerkenswerten Scharfsinn wie Ihr ihn besitzt, wird niemals ihre Münzen -«
    »Seide, genau genommen«, warf Jack ein, während er sich halb umdrehte, um einen raschen Blick auf die Waren zu werfen.
    »Äh,… also ihre schönen Seidenstoffe gegen Kuxe an meinem Bergwerk tauschen, nur weil ich diese Dinge auf einem Markt gesagt habe.«
    »Stimmt vermutlich«, gab Eliza zu.
    »Ihr müsstet Euch das Hüttenwerk erst einmal ansehen. Wozu ich Euch einlade … Wir fahren morgen los... wenn Ihr nur vorher Eure Ware in Münzen umtauschen könntet, das wäre -«
    »Halt!«, rief Jack, der es als seine persönliche Aufgabe betrachtete, die Rolle des groben, bewaffneten Tölpels zu spielen. Was Eliza die Möglichkeit gab, zu sagen: »Mein Interesse an dem Thema war nichts als eine weibliche Anwandlung, lieber Doktor – verzeiht mir, dass ich Eure Zeit verschwendet habe -«
    »Aber warum habt Ihr Euch dann überhaupt

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