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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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zählen, seit er zum letzten Mal das offene Meer gesehen hatte.
    Da war die Reise nach Jamaika gewesen – aber danach war sein Leben (das ging ihm jetzt allmählich auf) schrecklich chaotisch geworden. Entweder das oder die Syphilis hatte seine Erinnerungen verwirrt und zerfressen. Er musste an den Fingern abzählen. Nein, er musste absteigen und die Spitze seiner Krücke benutzen, um Stammbäume und Landkarten in den Sand zu zeichnen.
    Seine Rückkehr aus Jamaika war ein guter Ausgangspunkt: 1678. Er war mit der blonden Mary Dolores, sechs Fuß voller irischer Vitalität, ins Bett gegangen und dann nach Dünkirchen geflohen, um einer Verhaftung zu entgehen, und dann war die Sache mit dem Penis passiert.Während er sich davon erholte, war Bob mit Neuigkeiten aufgetaucht: Mary Dolores sei schwanger. Außerdem habe dieser John Churchill tatsächlich geheiratet und sei zum Oberst – nein, halt, zum Brigadier – befördert worden – und habe jetzt jede Menge Regimenter unter sich. Er sei eifrig dabei, Soldaten zu rekrutieren, und erinnere sich immer noch an die Shaftoes – ob Jack nicht vielleicht einen festen Job haben wolle, sodass er Mary Dolores heiraten und seinen Sprössling aufziehen könne?
    »So ein sauberer Plan, das war typisch Bob«, rief Jack, nach sechs oder sieben Jahren immer noch verärgert, den Wellen entgegen. Türk wurde ein bisschen gereizt. Jack beschloss, sich, da er ohnehin schon laut sprach, gleich an ihn zu wenden. Verstanden Pferde irgendetwas, wenn man mit Leuten sprach, die gar nicht da waren? »So weit war es ja noch einfach – aber jetzt wird’s richtig verwickelt«, fing er an. »John Churchill war in Den Haag – dann in Brüssel – warum? Selbst ein Pferd kann den Widerspruch darin sehen – aber ich vergaß, du bist ja ein osmanisches Pferd! Also pass auf: Dieses ganze Land -« (dabei stampfte er zur Betonung auf die Düne) »war ein Teil von Spanien – hast du gehört? – von Spanien! Dann sind diese blöden Holländer zum Kalvinismus übergetreten, haben revoltiert und die Spanier weggejagt, bis runter südlich von der Maas und einer Anzahl weiterer Flüsse mit schwer zu behaltenden Namen – jedenfalls an Zeeland vorbei – von diesen Flüssen werden wir bald mehr sehen, als uns lieb ist. Übrig blieb nur ein keilförmiges Stück papistisches Spanien, eingeklemmt zwischen der holländischen Republik im Norden und Frankreich im Süden. In diesem Spanienkeil liegen Brüssel und Antwerpen und dann vor allem eine Unmenge von Schlachtfeldern – es kommt einem vor wie der Turnierplatz, auf den Europa geht, um seine Kriege auszufechten. Manchmal verbünden sich die Holländer und Engländer gegen Frankreich und führen Krieg in den Spanischen Niederlanden. Manchmal verbünden sich England und Frankreich gegen die Holländer und führen Krieg in den Spanischen Niederlanden. Wie dem auch sei – damals waren es, glaube ich, gerade Engländer und Holländer gegen Frankreich, und zwar weil ganz England sich in Aufruhr gegen die Papisterei befand. Die Einfuhr französischer Waren stand unter Strafe – deswegen war ich in Dünkirchen – offensichtliche Gelegenheiten zum Schmuggeln. Aus demselben Grund stellte John Churchill neue Armeen auf. Er ging nach Holland, um sich mit Wilhelm von Oranien zu besprechen, von dem man annahm, er wisse besser als irgendjemand sonst, wie man die katholischen Horden abwehrte, da er König Louie Einhalt geboten, dafür allerdings mit der Verwandlung seines halben Königreichs in einen Wehrgraben bezahlt hatte.
    So weit ist es also noch einleuchtend. Aber warum, könnte ein intelligentes Pferd nun fragen, warum war John Churchill auch in Brüssel, das zu den Gebieten Spaniens und damit des Papstes gehörte? Nun, weil John – dank der geschickten Winkelzüge seines Daddys Winston – schon von Kindheit an im Haushalt von James, König Chucks Bruder und Herzog vonYork, gelebt hatte. UndYork – damals und jetzt erster Anwärter auf den Thron – war und ist auch heute noch – das wird dir gefallen! – ein fanatischer Papist! Verstehst du jetzt , warum London nervös war und es vermutlich immer noch ist? Der König hielt es für besser, wenn sein Bruder einen langen Urlaub außer Landes nähme, und natürlich wählte James die katholische Stadt, die am nächsten lag: Brüssel! Und John Churchill, Mitglied seines Haushalts, war verpflichtet, ihm zu folgen, zumindest für einen Teil der Zeit.
    Wie auch immer – Bob nahm das Handgeld und ich nicht. Von

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