Quicksilver
sicher, dass Ihr es heil überstehen werdet, mit nichts als einem Schwert bewaffnet zum Gasthaus von Amiens zu reiten? Die Landstraßen …«
»Ich halte mich nicht in Gasthäusern französischer Art auf, und ich reite normalerweise auch nicht auf Landstraßen«, sagte Jack. »Wenn Ihr jedoch diese Gewohnheit habt, und wenn Ihr zufällig in diese Richtung reitet …«
Und so ritten sie gemeinsam nach Amiens, nachdem sie beim Dorfvorsteher Hafer gekauft hatten. Jack kaufte genug, um Türks Bauch zu füllen, und Monsieur Arlanc kaufte den Rest der Jahresernte (er würde später Wagen schicken, um die Ware abzuholen). Jack erzählte keine Lügen – lungerte nur am Dorfbrunnen herum und sah aus wie ein Freiwilliger, wie man die einheimischen Deserteure und Straßenräuber nannte. Darauf folgte ein schöner, scharfer Ritt nach Amiens, wo ein großes Etablissement eine Kreuzung nahezu erwürgte: Mietställe, die im Heu untergingen, und Koppeln, auf denen sich die Ochsen drängten; Schlangen leerer Wagen, die die Straße säumten (und von denen Monsieur Arlanc bald welche mieten würde); mehrere Schmieden, von denen manche für das Beschlagen von Pferden, andere für das Anbringen von eisernen Radreifen an Wagenrädern ausgestattet waren. Außerdem Geschirrkammern und verschiedene Tischlereien, die sich auf die Herstellung von Rädern, Ochsenjochen, Wagengestellen und Fässern spezialisiert hatten. Ganze Kolonnen von mit Ernteerträgen beladenen Karren füllten die Straße; sie waren noch nicht inspiziert, und es war noch kein Zoll auf sie entrichtet worden. Irgendwo eine Unterkunft für Händler und Reisende, die die Rechtfertigung dafür lieferte, dass das Ganze sich Gasthaus nannte. Aus der Ferne war es ein großer dunkler rauchender Knoten, von dem sonnenklar war, dass er nicht Jacks Art von Aufenthaltsort entsprach – er schnallte sein Schwert ab, ließ es in sein Versteck in dem Krückenstab gleiten und fing an, es wieder einzuwickeln.
»Ihr müsst mit in das Gasthaus kommen und sehen, dass ich tatsächlich Söhne habe«, sagte Monsieur Arlanc. »Sie sind noch Kinder, aber -«
»Ich habe mein eigenes noch nie gesehen – da kann ich jetzt nicht Eure sehen«, sagte Jack. »Im Übrigen kann ich französische Wirtshäuser nicht ertragen...«
Monsieur Arlanc nickte verständnisvoll. »In Eurer Heimat können Waren frei auf den Straßen zirkulieren -?«
»- und ein Wirtshaus ist ein Ort der Gastlichkeit für Reisende, und nicht einer, an dem sie zu ersticken drohen.«
Und so verabschiedete er sich von Monsieur Arlanc, von dem er die eine oder andere Auskunft darüber erhalten hatte, wo er in Paris seine Straußenfedern und sein Streitross verkaufen sollte. Im Gegenzug hatte der Hugenotte von Jack einiges über Phosphor, Silberminen und den Kalikoschmuggel erfahren. Die beiden Männer waren zusammen sicherer gewesen, als es jeder für sich gewesen wäre.
Jack, der einbeinige Kesselflicker, der sein Ackerpferd führte, roch Paris einen halben Tag, bevor er es sah. Die Kornfelder wichen Handelsgärtnereien, die mit Gemüse voll gestopft waren, und Weiden für Milchkühe, und auf der Straße von der Stadt herauf kamen unablässig schwere, dunkle Karren mit Fässern und Kübeln voller Menschenscheiße, die in Rinnsteinen und auf Treppen aufgesammelt worden war und von Bauern mit Rechen und Gabeln in die Gemüsefelder eingearbeitet wurde. Die Pariser schienen mehr zu scheißen als andere Menschen, oder vielleicht ließ auch nur der Knoblauch in ihrem Essen diesen Eindruck entstehen – jedenfalls war Jack froh, als er diese stinkenden Gemüsefelder hinter sich hatte und in die Vororte kam: endlose Labyrinthe aus strohgedeckten Hütten, voll gestopft mit entwurzelten Menschen vom Land, die aus sämtlichen Stöckchen und Abfällen, die sie zusammenkratzen konnten, Feuer machten, um ihr Essen zu kochen und den Herbstfrost abzuwehren, und die vor aller Augen an diversen pittoresken Krankheiten litten. Jack ging immer weiter, bis er das ständige Pilgerlager um St-Denis erreichte, wo so ziemlich jeder ein paar Stunden herumlungern konnte. Bei ein paar Bauern, die auf dem Weg hinunter in die Stadt waren, kaufte er Käse für sich selbst und ein bisschen Heu für Türk. Dann ruhte er sich zwischen den Leprakranken, Epileptikern und Verrückten, die um die Basilika herumhingen, aus und döste, bis es nur noch wenige Stunden zur Dämmerung waren.
Als es hell genug war, um aufzubrechen, reihte er sich zwischen den Tausenden
Weitere Kostenlose Bücher