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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Flucht zu jagen. Das alles war Charles II. eine Lehre. Nach seiner Rückkehr machte er es sich zur Gewohnheit, Berufssoldaten auf seiner Löhnungsliste zu haben. Sie sollten die Milizen in Schach halten .
    Ihr wisst vielleicht, dass die Royalisten, die Charles II. zurückbrachten, im Norden landeten und vom Tweed aus herunterkamen, dessen eisiges Wasser sie mit einem Regiment unter General Lewis durchquerten. Dieses Regiment heißt Coldstream Guards, und General Lewis wurde für seine Mühen zum Herzog von Tweed ernannt. Ebenso schuf König Charles die Grenadier Guards. Vermutlich hätte er, wenn er gekonnt hätte, die Milizen allesamt abgeschafft – aber die sechziger Jahre unseres Jahrhunderts waren unruhige Zeiten, mit Pest und Feuer und verbitterten Puritanern, die im Land umherzogen. Der König brauchte seine Lord Lieutenants, um das Volk niederzuhalten – er verlieh ihnen die Macht, Häuser nach Waffen zu durchsuchen und Unruhestifter ins Gefängnis zu werfen. Doch zur Ausübung dieser Macht brauchte ein Lord Lieutenant die örtliche Miliz, und so blieben die Milizen bestehen. Und während dieser Zeit wurden Jack und ich aus einem Landstreicherlager herausgerissen und zu Regimentsburschen gemacht.
    Ein paar Jahre später erreichte John Churchill ein Alter – achtzehn Jahre -, wo man fand, er sei jetzt so weit, seinen ersten Auftrag anzunehmen, und erhielt ein Regiment der Grenadier Guards. Es war ein neues Regiment. Ein paar Männer und Waffen und andere lebensnotwendige Dinge wurden ihm zur Verfügung gestellt, für den Rest musste er jedoch selbst sorgen, und so tat er das nahe Liegende und rekrutierte viele Soldaten und Unteroffiziere aus dem Miliz-Regiment seines Vaters in Dorset – einschließlich mir und Jack. Es gibt nämlich einen Unterschied zwischen Familien und Regimentern, und der besteht darin, dass Letztere keine weiblichen Mitglieder haben und nicht auf natürlichem Wege wachsen können – neue Mitglieder müssen aus dem Boden gestampft werden, wie Ernteerträge oder, wenn Ihr so wollt, Steuern.
    Einen Vortrag über meine Laufbahn unter John Churchill werde ich Euch ersparen, da Bruder Jack Euch sicher schon eine verleumderische Version davon erzählt hat. Ein Großteil bestand aus langen Märschen und Belagerungen auf dem Kontinent – sehr monoton – und der Rest aus Paradieren rund um Whitehall und St. James’s, denn auf dem Papier haben wir ja die Aufgabe, den König zu schützen.
    Kürzlich, nach dem Tod von Charles II., verbrachte John Churchill einige Zeit auf dem Kontinent: Er ging hinunter nach Versailles, um König Ludwig zu treffen, und blieb eine Weile in Dünkirchen, um ein wachsames Auge auf den Herzog von Monmouth zu haben. Ich war mit ihm dort, und als Jack an Bord seines Handelsschiffs voll mit Kaurimuscheln auf der Durchreise Halt machte, ging ich hinaus, um einen brüderlichen Plausch mit ihm zu halten.
    Hier könnte die Geschichte eine entsetzliche Wendung nehmen. Ich werde Jack nicht beschreiben. Es genügt zu sagen, dass ich auf dem Schlachtfeld Harmloseres, aber auch Schlimmeres gesehen haben. Die Französische Krankheit war bei ihm weit fortgeschritten, und er nicht mehr bei klarem Verstand. Von ihm erfuhr ich einiges über Euch. Insbesondere erfuhr ich, dass Ihr die größtmögliche Abneigung gegen die Sklaverei hegt – worüber ich bald mehr sagen werde. Doch zuerst muss ich über Monmouth sprechen.
    An Bord der Wunden Gottes war ein gewisser Mr. Foot, einer jener angenehmen und harmlos erscheinenden Zeitgenossen, denen jedermann alles erzählt und die folglich jedermann kennen und alles wissen. Während ich darauf wartete, dass Jack wieder zur Besinnung käme, verbrachte ich ein paar Stunden mit ihm und hörte mir den neuesten Tratsch – oder, wie wir beim Militär sagen, die neuesten Geheimdienstnachrichten – aus Amsterdam an. Mr. Foot erzählte mir, dass Monmouths Invasionsarmee sich bei Texel zusammenzog und dass sie sicher zum Hafen von Lyme Regis auslaufen würde.
    Nachdem ich mich endgültig von dem armen Jack verabschiedet hatte, ging ich zum Strand und versuchte, meinen Herrn, John Churchill, ausfindig zu machen, um ihm die Neuigkeiten mitzuteilen. Er war jedoch soeben auf dem Weg nach London mit Kurs auf Dover losgesegelt und hatte mir den Befehl hinterlassen, auf einem langsameren Schiff mit bestimmten Teilen des Regiments nachzukommen.
    Nun habe ich Euch sicher den Eindruck vermittelt, die Grenadier Guards wären in Dünkirchen gewesen, was aber

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