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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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verblüfft über Isaacs kryptische Rede, und so verbeugte sich Daniel flüchtig und zog sich aus dem Zimmer zurück.
    Sie nahmen ihr Gespräch wieder auf, als wäre Daniel nichts weiter als ein Bedienter, der kurz hereingekommen war, um Tee zu servieren. Upnor sagte: »Wer kann schon sagen, was ihm für Vorstellungen im Kopf herumspuken, nachdem er schon so viele Jahre in diesem Land lebt, das überlaufen ist von verkappten Juden mit ihren Kabalen und von Indianern, die sich gegenseitig auf Pyramiden opfern?«
    »Ihr könntet ihm einfach einen Brief schreiben und ihn fragen«, schlug Fatio mit derart lebhafter und vernünftiger Stimme vor, dass es sogar Daniel ärgerte, der sich rasch außer Hörweite zurückzog. Er wusste allein aufgrund dieser Äußerung, dass Fatio kein Alchimist war; und wenn doch, dann war er es erst seit kurzem und noch nicht darauf geeicht, alles sehr viel unklarer und geheimnisvoller zu machen, als es sein musste.
    Schließlich drehte er sich um und stieß beinahe mit einem Menschen zusammen, den er aus dem Augenwinkel als lustigen Mönch identifizierte, der sich irgendwie gründlich verlaufen hatte: eine Gestalt in einer Kutte, in der Hand einen irdenen Krug, den er offensichtlich leihweise aus einer der umliegenden Kneipschänken mitgenommen hatte. »Obacht, Mr. Waterhouse, Ihr schaut nicht richtig hin für einen, der so aufmerksam zuhört«, sagte Enoch Root liebenswürdig.
    Daniel wich vor ihm zurück. Locke stand immer noch mit an die Brust gedrücktem Buch da; Root war derjenige, mit dem er vorhin geredet hatte. Daniel war ein paar Momente lang überrumpelt; Root machte sich das Schweigen zunutze, um einen Schluck Ale zu nehmen.
    »Ihr seid sehr unhöflich«, sagte Daniel.
    »Was habt Ihr gesagt? Unmöglich?«
    » Unhöflich, dass Ihr alleine trinkt, wenn andere zugegen sind.«
    »Jeder sucht sich seine eigene Art von Unhöflichkeit. Mancher platzt ungebeten in Häuser und Gespräche hinein.«
    »Ich habe wichtige Nachrichten gebracht.«
    »Und ich feiere sie.«
    »Befürchtet Ihr nicht, dass das Trinken Eure Lebenszeit verkürzt?«
    »Beschäftigt Euch das Thema Lebenszeit sehr, Mr. Waterhouse?«
    »Es beschäftigt jeden Menschen. Und ich bin ein Mensch.Wer oder was seid Ihr?«
    Lockes Augen waren wie bei einem Tennisspiel hin- und hergegangen. Nun hefteten sie sich eine Zeit lang auf Enoch. Enoch hatte eine Miene aufgesetzt, als bemühe er sich um Geduld – was etwas anderes war, als tatsächlich geduldig zu sein.
    »In Eurer Frage liegt eine gewisse unhinterfragte Arroganz, Daniel. So wie Newton vermutet, es gebe irgendeinen absoluten Raum, der alles – sogar Kometen! – beherrscht und anhand dessen sich alles messen lässt, so vermutet Ihr, es sei vollkommen selbstverständlich und vorherbestimmt, dass die Erde von Menschen bevölkert wird, deren abergläubische Vorstellungen die Richtschnur sein sollen, nach der alles beurteilt wird; aber warum könnte ich nicht ebenso gut Euch fragen: ›Daniel Waterhouse, wer oder was seid Ihr? Und warum wimmelt die Schöpfung von Euresgleichen, und was habt Ihr im Sinn?‹«
    »Ich darf Euch daran erinnern, werter Herr, dass der Vorabend von Allerheiligen über einen Monat zurückliegt und ich nicht in der Stimmung bin, mich von Gespenstergeschichten ködern zu lassen.«
    »Und ich bin nicht in der Stimmung, als Gespenst oder sonst eine Ausgeburt der menschlichen Vorstellungskraft zu gelten; denn ich entstamme genau wie Ihr der Vorstellung Gottes, und ihr verdanken wir unsere Existenz.«
    »Euer Krug läuft über vor Hohn für unsere abergläubischen Vorstellungen und Phantasieprodukte; dabei befindet Ihr Euch hier wie immer in Gesellschaft von Alchimisten.«
    »Ihr hättet auch sagen können: ›Ihr befindet Euch hier im Zentrum der glorreichen Revolution im Gespräch mit einem berühmten politischen Philosophen‹«, gab Root mit einem raschen Blick auf Locke zurück, der in der bloßen Andeutung einer Verbeugung kurz die Augen niederschlug. »Doch das wollt Ihr mir nicht zubilligen, Daniel.«
    »Ich habe Euch stets nur in Gesellschaft von Alchimisten gesehen. Wollt Ihr das leugnen?«
    »Daniel, auch ich habe Euch stets nur in Gesellschaft von Alchimisten gesehen. Aber mir ist klar, dass Ihr andere Dinge tut. Ich weiß, dass Ihr oft in Bedlam bei Hooke gewesen seid.Vielleicht habt Ihr dort Priester gesehen, die sich mit den Wahnsinnigen unterhalten. Glaubt Ihr, diese Priester sind wahnsinnig?«
    »Ich weiß nicht recht, ob ich diesen

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