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Quipu

Quipu

Titel: Quipu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Vidal
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verdoppeln. Endlich hatten sie in die zweite ein Loch geschlagen. Sebastián steckte seinen Kopf durch die Öffnung.
    |365| »Die Krypta!«
    Nacheinander zwängten sie sich in das Kellergewölbe von beachtlicher Größe.
    Nach einer gründlichen Untersuchung stand ihnen jedoch die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Dies war nicht der Ort, den sie suchten. Auf den Grabplatten waren nur spanische Namen und Daten aus dem siebzehnten Jahrhundert zu sehen.
    Da deutete Chimpu auf die Steintreppe, die zur Decke hinaufführte und mit einer hölzernen Falltür verschlossen war.
    »Das Grab, das wir suchen, muss sich tiefer befinden. Wir müssen die Steine unter unseren Füßen untersuchen.«
    Sie sahen sich noch einmal genau um. Plötzlich winkte Qaytu sie zu einem Geröllhaufen. Er hatte schon einige Steine entfernt, und nun entdeckten sie die Öffnung eines Ganges, der nach unten führte.
    »Wir müssen weitergraben«, stellte Sebastián resigniert fest.
    »Aber vorsichtig, sonst hören sie uns. Über uns liegt der Altar der Klosterkirche«, bat Umina und zeigte hinauf zu der hölzernen Falltür, von wo Stimmen und Gesang zu vernehmen waren, was auf einen Gottesdienst hindeutete.
    Eine halbe Stunde später war der Durchgang freigelegt, und Sebastián stieg mit seiner Laterne hinab.
    »Hier ist nichts!«, schrie er nach einer Weile.
    »Nicht so laut!«, flüsterte Chimpu erschrocken. »Sehen Sie sich die Wände genau an. Suchen Sie nach Unregelmäßigkeiten in den Fugen.«
    Sebastián sah sich um. Er bemerkte, dass die Quadersteine einer Wand nicht ordentlich aufeinandersaßen, so als seien sie bewegt worden. Als er sie von Staub und Spinnweben befreit hatte, tauchte ein Umriss auf. War das der Zugang zur Wasserleitung, die zum Kloster führte? Waren sie auf dem richtigen Weg?
    »Hier war einmal ein Gang, daran besteht kein Zweifel«, rief Sebastián seinen Gefährten zu. »Die Steine sitzen nicht mehr genau übereinander.«
    Nachdem Qaytu dem
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und Umina hinuntergeholfen |366| hatte, suchten er und Sebastián eine Stelle, wo sie ihre Spitzhacken ansetzen konnten. Auf einmal vernahmen sie ein Pfeifen. Sie hielten erschrocken inne.
    »Was war das?«, fragte Umina ängstlich.
    »Gase. Das gibt es öfter in geschlossenen Kammern. Sie können gefährlich sein, daher treten wir besser einen Moment zurück«, erklärte Sebastián.
    Als nichts passierte, setzten sie ihre Arbeit fort. Schließlich gab einer der Quader nach und fiel nach innen. Durch das Loch war ein weiterer Gang zu erkennen, an dessen Ende sich eine Kammer erahnen ließ. Sie kamen nun mit der Arbeit leichter voran. Doch je mehr Mauerwerk sie entfernten, umso lauter knirschte es über ihnen.
    Auf der anderen Seite angekommen, schoben sie zwei Quader zurück in die Öffnung, um den Eingang provisorisch abzustützen.
    Kurz darauf betraten sie eine weitere Gruft mit mehreren Gräbern.
    Als sie mit ihren Laternen durch das Gewölbe leuchteten, packte sie tiefe Ergriffenheit.
    »Das ist die Gruft der Inkas, so viel steht fest«, bestätigte Chimpu bewegt und zeigte auf den großen Sarkophag, der den Raum beherrschte.
    Er war der prunkvollste und trug ein Kreuz. Umina trat näher.
    »Felipe Túpac Amaru«, flüsterte sie andächtig.
    »Wir müssen überprüfen, ob er es wirklich ist. Qaytu, Fonseca, könntet ihr   …?«, sagte Chimpu.
    Langsam gab die schwere Steinplatte nach. Zuerst erschienen ein paar feste Schnabelschuhe mit hohen Absätzen. Danach ein orangefarbenes Gewand, gefertigt aus einem äußerst feinen Stoff. Darüber trug der Tote einen schwarzen, festlichen Umhang, einen
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. Als sie die Steinplatte weggerückt hatten, sahen sie, dass der Kopf vom Körper getrennt war. Beides, Kopf und Körper, war mumifiziert und äußerst gut erhalten.
    »Er ist es, daran besteht kein Zweifel«, sagte Umina leise. »Túpac Amaru, der letzte Inka.«
    |367| Qaytu senkte respektvoll den Kopf, während Chimpu leise ein paar Worte auf Quechua murmelte.
    Um die Andacht seiner Gefährten nicht zu stören, trat Sebastián zurück und sah sich in dem Raum um. Unter den restlichen Gräbern stach das von Sayri Túpac, Túpac Amarus Bruder und Vorgänger auf dem Thron von Vilcabamba, hervor. Das Grab, das ihn in diesem Augenblick jedoch mehr interessierte, war ein anderes.
    Anhand der eingemeißelten Inschriften fiel es Sebastián nicht schwer, die Gräber von Beatriz Clara Coya und Quispi Quipu ausfindig zu machen. Das erste war äußerst prunkvoll, das zweite

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