Quipu
Kolonialherren an. Der Aufstand wurde niedergeschlagen und Condorcanqui 1781 hingerichtet. Doch die Erinnerung an ihn ließ sich nicht auslöschen. 1816, kurz vor der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Provinzen des Río de la Plata, legte General Manuel Belgrano im Kongress von Tucumán, der repräsentativen Versammlung dieser Provinzen, seinen »Inkaplan« dar, mit welchem er die Dynastie wiederherstellen wollte. Eine Idee, mit der auch der Unabhängigkeitskämpfer José de San Martín geliebäugelt hatte, welcher hierfür Juan Bautista Condorcanqui, José Gabriels jüngeren Bruder, vorgeschlagen hatte.
Bei anderen Romanfiguren mischen sich indes Realität und Fiktion; so ließ ich mich für Quispi Quipu von der Inkaprinzessin Quispi Quipi, Huayna Cápacs Tochter, inspirieren, welche in den historischen Quellen für gewöhnlich mit ihrem christlichen Namen Beatriz Manco Cápac angeführt wird.
Gleiches gilt für die geschichtlichen Ereignisse. Für ›Quipu‹ habe ich unzählige Chroniken konsultiert, wobei die des Konquistadors Mansio Serra de Leguizamón besondere Erwähnung verdient hat, gründet auf dessen Testament doch die an Philipp II. gerichtete Gedenkschrift, die ich in diesem Roman Diego de Acuña zugeschrieben habe.
Sicher haben Sie sich auch über Juan de Fonsecas Detektivtisch gewundert, den er für seine Studien der Chronik benutzte. Mir ist bewusst, dass das Wort »Detektiv« für das achtzehnte Jahrhundert ein Anachronismus ist, wurde es doch erstmals von Edgar Allan Poe verwendet. Das Möbelstück, das mich dazu inspirierte, gab es indes damals schon: Es gehörte Albrecht von Haller, dem Vater der Neurologie (1708 – 1777), der es für seine Studien bauen ließ. Der Universalgelehrte führte dazu eine der umfangreichsten Korrespondenzen der Aufklärung, wie dies vor einigen Jahren eine Ausstellung in seiner Geburtsstadt Bern zeigte: Er schrieb rund siebzehntausend Briefe, um Informationen über ein Netz von gut tausendzweihundert Korrespondenten zusammenzutragen. Und die Schnittstelle dieses Netzes, das von Dublin bis Moskau |462| und von Stockholm bis Málaga reichte, war Hallers Schreibtisch. Hier verdichtete sich das Wissen des ersten wissenschaftlichen
networker
.
Um der Klarheit willen habe ich den Fluss, den man auf den Landkarten des achtzehnten Jahrhunderts als Vilcamayo, an seinem Oberlauf als Vilcanota und nach seiner Vereinigung mit dem Apurímac als Ucayali bezeichnet, einheitlich Urubamba genannt.
Schließlich ist noch zu erwähnen, wo ich auf Werke anderer Autoren und Künstler zurückgegriffen habe: Die Verse, die vom Theaterdirektor Cañizares im ersten Kapitel zitiert werden, sind inspiriert von Tirso de Molinas ›Trilogía de los Pizarro‹, die »Schokolade der Jesuiten« von Ricardo Palmas ›Tradiciones peruanas‹ und das Bild in Frasquitas Nähzimmer von Remedios Varos Ölgemälde ›Bordando el manto terrestre‹.
Bleiben mir nur noch ein paar Anmerkungen zum »Schatz der Inkas«.
Die geographische Lage Vilcabambas ist bis heute noch nicht gänzlich erforscht. Entdeckt wurde es erst in den 1960er-Jahren durch amerikanische Luftbildaufnahmen. Lange wurde das letzte Rückzugsgebiet der Inkas mit den Orten Choquequirao, Vitcos, Machu Picchu oder Espíritu Pampa gleichgesetzt, bis schließlich Einigkeit zu bestehen schien, dass es sich um letztgenannten handelte. Doch im Jahre 1987 entdeckte die spanische Historikerin María del Carmen Martin Rubio ein Manuskript des Chronisten Juan de Betanzos und zeigte dadurch neue Fährten auf. In den letzten Jahren werden immer wieder Neuentdeckungen vermeldet.
Auch das Schicksal des Punchao ist nach wie vor ein Rätsel. Es gilt als erwiesen, dass die goldene Sonnenscheibe im Jahre 1572 bei Martín de Loyolas triumphalem Einzug in Cuzco mitgeführt wurde. Und dass Vizekönig Francsico de Toledo sie Phillip II. habe schicken wollen, damit dieser sie dem Papst schenke. Danach verlieren sich jedoch ihre Spuren. In den Erzählungen ›
Sol de los soles‹
und
›Espejo de constelaciones‹
mutmaßt der peruanische Autor Luis Enrique Tord, dass der Punchao irgendwo in Peru versteckt |463| oder auf dem Festungsturm Muyumarca für astronomische Zwecke eingesetzt wurde – ein Einfall, den ich für diesen Roman verwendet habe.
Aber was hat es mit den sagenumwobenen Reichtümern der Inkas denn nun wirklich auf sich?, werden Sie fragen. Nun, ich finde, dass kein Goldschatz vergleichbar ist mit der Kartoffel.
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