Quo Vadis
große Ruhe, glänzte eine solche Freudigkeit, daß alle begriffen, er sei nicht ein dem Tode geweihtes Opfer, sondern ein triumphierender Sieger.
Und in der Tat, dieser demütige, gebückt einhergehende Fischer schritt jetzt aufrecht, voll Würde, schien größer als die Soldaten. Nie hatte aus seinem Wesen eine solche Majestät gesprochen. Er glich einem von Volk und Soldaten geleiteten Monarchen. Von allen Seiten hörte man Stimmen:
„Dort ist Petrus, der zum Herrn geht!“
Alle vergaßen, daß ja Marter und Tod seiner warteten. Mit feierlicher Ruhe, gesammelten Geistes wandelte er seinen Weg, im Bewußtsein, daß sich seit dem Kreuzestode auf Golgatha ein ähnlich bedeutungsvolles Geschehnis nicht mehr ereignet habe; denn wie jener Tod die Welt, so sollte dieser Rom erlösen.
Die Leute auf der Straße hielten beim Anblick dieses greisen Mannes voll Verwunderung inne, die Gläubigen legten ihnen die Hände auf die Schultern und sagten:
„Seht, wie ein Gerechter zum Tode geht – einer, der Christus kannte und die Welt die Liebe lehrte.“
Die Angeredeten gingen nachdenkend hinweg und sagten zu sich selbst:
„Der kann wirklich kein Übeltäter gewesen sein.“
Auf dem weiteren Wege wurde es ruhiger. Der Zug bewegte sich an neuerbauten Häusern vorüber, an den weißen Säulen der Tempel, die das tiefblaue, ruhige Firmament überwölbte. Schweigend schritt man dahin, nur hier und da wurde die Stille durch das Geräusch der Waffen und das Murmeln der Betenden unterbrochen. Als Petrus dies vernahm, verklärte Freude sein Angesicht; es waren ihrer viele Tausende, überblicken konnte er sie nicht. Er fühlte, daß er sein Werk vollendet habe, er wußte, daß die Wahrheit, die er während seines Lebens verkündet, alles überwinden werde und nichts die Macht besäße, sie zurückzuhalten. Unter solchen Gedanken erhob er die Augen und sprach:
„O Herr, du hast mir befohlen, diese weltbeherrschende Stadt zu erobern; ich habe es getan. Du hast mir befohlen, hier deinen Sitz aufzuschlagen; ich habe ihn errichtet. Es ist jetzt deine Stadt, o Herr, und ich gehe zu dir; denn ich habe viel gearbeitet.“
Als er an den Tempeln vorüberkam, sagte er:
„Ihr werdet Tempel Christi werden.“
Zu der Volksmenge sprach er:
„Eure Kinder werden Diener Christi sein.“
So ging er dahin im Bewußtsein, erobert zu haben, im Bewußtsein seiner Arbeit, seiner Kraft, getröstet, groß. Die Soldaten führten ihn über den Pons Triumphalis, als wollten sie unwillkürlich seinem Siege Zeugnis geben, und weiter gegen die Naumachia und den Zirkus. Die Christen aus dem Stadtteil jenseits des Tibers schlossen sich dem Zuge an; es sammelten sich solche Volksmassen, daß es dem die Prätorianer befehligenden Zenturio zuletzt schien, er führe einen von seinen Gläubigen umringten Hohenpriester, und er beunruhigte sich wegen der geringen Zahl seiner Soldaten. Aber kein Ruf des Zornes oder der Wut ließ sich in der Menge hören. Die Gesichter zeigten, wie sehr alle von der Größe des Augenblicks durchdrungen waren. Man las darauf Feierlichkeit und Erwartung. Einige Christen erinnerten sich, daß beim Tode des Herrn die Erde gebebt hatte und Verstorbene aus den Gräbern erstanden, und glaubten, es würden ähnliche Zeichen erscheinen, damit der Tod des Apostels nicht vergessen werde. Andere sagten sich: „Vielleicht wählt der Herr die Todesstunde des Petrus, um vom Himmel wiederzukommen, wie er versprochen hat, um Gericht zu halten.“ Unter solchen Gedanken empfahlen sie sich der Barmherzigkeit des Erlösers.
Ringsum herrschte Stille. Die Hügel schienen sich zu erwärmen und im Sonnenlicht zu ruhen. Zwischen dem Zirkus und dem Vatikanischen Hügel hielt endlich der Zug. Einige Soldaten gruben das Loch, andere legten Kreuz, Hammer und Nägel auf den Boden und warteten, bis alle Vorbereitungen getroffen sein würden. Die noch immer ruhige und aufmerksame Menge kniete ringsumher.
Zum letztenmal wandte der Apostel sein vom goldenen Lichte der Sonnenstrahlen umflossenes Haupt nach der Stadt. In einiger Entfernung sah man in der Tiefe den glitzernden Tiber jenseits des Campus Martius, etwas höher das Mausoleum des Augustus, darunter die riesigen Bäder, deren Bau Nero eben begonnen, noch tiefer das Theater des Pompejus und dahinter die Septa Julia, eine Menge Portiken, Tempel, Säulen, großartige Gebäude, endlich in weiter Ferne mit Häusern bedeckte Hügel, riesige Sammelplätze des Volkes, deren Grenzen im blauen Nebel
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