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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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fort:
    „Gewinne zuerst ihr Vertrauen, stimme sie freudig, sei großherzig! Ich wünsche nicht, ein düsteres Fest zu sehen. Schwöre ihr sogar beim Hades, sie Pomponia zurückzugeben, und es wird dann deine Sache sein, ob sie es morgen vorzieht, bei dir zu bleiben.“
    Dann fügte er, auf Chrysothemis deutend, hinzu:
    „Seit fünf Jahren habe ich diese schüchterne Taube mehr oder weniger auf diese Weise behandelt, und ich kann mich über ihre Sprödigkeit nicht beklagen.“
    Chrysothemis gab ihm mit ihrem Fächer aus Pfauenfedern einen Schlag und sagte:
    „Aber ich widerstrebte ja nicht, du Satyros!“
    „Ohne auf meinen Vorgänger zu achten …“
    „Aber lagst du nicht zu meinen Füßen?“
    „Ja, um Ringe an deinen Zehen zu befestigen.“
    Chrysothemis sah unwillkürlich auf ihre Füße, an deren Zehen wirklich Edelsteine funkelten, und beide begannen zu lachen.
    Doch Vinicius achtete nicht auf solche Neckereien. Sein Herz schlug unruhig unter dem bunten Gewand eines syrischen Priesters, mit dem er sich bekleidet hatte, um Lygia zu empfangen.
    „Sie müßten jetzt den Palast verlassen haben“, sagte er wie zu sich selbst.
    „Ja“, antwortete Petronius, „inzwischen kann ich dir ja etwas von den Prophezeiungen des Apollonius von Tyana oder jene Geschichte von Rufinus erzählen, die ich noch nicht beendet habe, aus welchem Grunde, weiß ich nicht mehr.“
    Aber Vinicius kümmerte sich um Apollonius von Tyana ebensowenig wie um die Geschichte des Rufinus. Sein Geist weilte bei Lygia; und obwohl er fühlte, daß es schicklicher sei, sie zu Hause zu empfangen als in der Rolle eines Häschers im Palaste zu erscheinen, so beunruhigte es ihn doch zuweilen, daß er nicht selber gegangen war; denn dann hätte er sie früher gesehen.
    Inzwischen brachten Sklaven einen mit Widderköpfen verzierten Dreifuß und bronzene Schüsseln mit Kohlen herein, die sie mit etwas Myrrhe und Narde besprengten.
    „Jetzt biegen sie nach den Carinae ein“, begann Vinicius wieder.
    „Er kann nicht warten, er wird der Sänfte noch entgegeneilen und sie dabei nur verfehlen“, erklärte Chrysothemis.
    Vinicius lächelte wie abwesend und sagte:
    „Im Gegenteil, ich will warten.“
    Aber seine Nasenflügel bebten, und er atmete schwer; Petronius sah es, zuckte die Achseln und sagte:
    „Er ist als Philosoph keinen Sesterz wert; ich werde aus diesem Sohne des Mars nie einen Weisen zu machen vermögen.“
    „Sie sind jetzt in den Carinae.“
    Und so war es. Sie wandten sich nach den Carinae. Sklaven, Lampadarii, schritten voraus, andere, Pedisequi, gingen zu beiden Seiten der Sänfte.
    Atacinus folgte in angemessener Entfernung, um die Vorwärtsbewegung übersehen zu können. Aber sie kamen nur langsam voran, denn die Lampen ließen den Weg schlecht erkennen, da es sonst keine Beleuchtung gab. Die Straßen in der Nähe des Palastes waren leer, da und dort schritt noch ein Mann mit einer Laterne dahin; aber weiterhin waren sie ungewöhnlich belebt. Aus fast jeder Gasse kamen Leute zu dreien oder vieren, alle ohne Lampen, in dunklen Mänteln. Einige schlossen sich dem Zuge an, indem sie sich unter die Sklaven mengten; andere, in größerer Anzahl, kamen von entgegengesetzter Richtung. Manche von ihnen taumelten, als wären sie betrunken. Zuweilen wurde das Vorwärtskommen so schwierig, daß die Lampadarii riefen: „Macht Platz dem edlen Tribun Marcus Vinicius!“
    Lygia sah die dunklen Massen durch die beiseite gezogenen Vorhänge der Sänfte und zitterte vor innerer Bewegung. In einem Moment gab sie sich der Hoffnung hin, im anderen der Furcht.
    „Da ist er! Da ist Ursus mit den Christen! Jetzt wird es rasch gehen“, sagte sie mit zitternden Lippen. „O Christus, hilf! O Christus, rette!“
    Atacinus, der anfänglich dem ungewöhnlichen Leben der Straße keine Aufmerksamkeit geschenkt hatte, wurde unruhig. Es lag etwas Auffallendes in diesem Treiben. Die Lampadarii sahen sich immer öfter zu dem Rufe genötigt: „Macht Platz der Sänfte des edlen Tribunen!“ Von den Seiten her drängte sich unbekanntes Volk so nahe an die Sänfte, daß Atacinus den Sklaven befahl, es mit Knütteln zurückzutreiben. Plötzlich hörte man an der Spitze des Zuges einen Schrei. In einem Augenblick waren alle Lichter ausgelöscht. Um die Sänfte entstand ein Gedränge, ein Lärm, ein Kampf.
    Atacinus erkannte, daß es sich um einen Überfall handelte, und dies erschreckte ihn. Es war allgemein bekannt, daß der Cäsar mit massenhaftem Gefolge

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