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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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sich empören werde.
    Doch nun gehen wir nach Benevent, um die kleinliche Pracht zu schauen, mit der Vatinius zu glänzen glaubt; und dann unter dem Schutz der göttlichen Brüder Helenas nach Griechenland. Für mich habe ich gelernt, daß ein unter Wahnsinnigen lebender Mann selber wahnsinnig wird, ja, daß er ein gewisses Vergnügen an den wahnsinnigen Possen findet. –
    Griechenland und die Reise auf tausend Schiffen, eine Art Triumphzug des Bacchus, umgeben von Nymphen und Bacchantinnen in Myrten-, Reben- und Geißblattkränzen; Frauen in Tigerfellen vor die Wagen gespannt; Blumen, Thyrsusgewinde, ‚Evoe‘-Rufe, Musik, Poesie und das applaudierende Hellas! – Wir haben aber noch kühnere Pläne. Wir wollen eine Art orientalisches Imperium schaffen, ein Reich voll Palmen, Sonnenschein und Kunst, die Wirklichkeit in einen Traum verkehren, sie nur von ihrer wonnigen Seite darstellen. Wir möchten Rom vergessen, den Schwerpunkt der Welt irgendwo zwischen Griechenland, Asien und Ägypten hinverlegen; nicht das Leben von Menschen, sondern von Göttern leben, nicht wissen, was Gewöhnlichkeit ist; in goldenen Schiffen, unter dem Schatten purpurner Segel längs des Archipelagus segeln, Apollon, Osiris, Baal in einer Person sein, rosig mit der Morgenröte, golden mit der Sonne, silbern mit dem Mond; befehlen, singen, träumen. Und wirst Du glauben, daß ich, der ich noch für einen Sesterz gesundes Urteil und um ein As Verstand besitze, mich von diesen Phantasiegebilden hinreißen lasse, weil sie, wenn auch nicht zu verwirklichen, so doch grandios und ungewöhnlich sind? Solch ein fabelhaftes Reich würde in kommenden Jahrhunderten und nach vielen Menschenaltern dem Menschengeschlechte wie ein Traum erscheinen. Nähme Venus einmal Lygias oder Eunikes Gestalt an oder würde die Kunst die Welt verschönern, dann freilich wäre der Erfolg nicht derselbe; denn das Leben der Menge ist leer, und ihre Vergnügungen sind meist äffisch. Aber der Feuerbart wird seine Pläne ohnehin nicht in die Tat umsetzen, weil in seinem Fabelreich der Poesie kein Platz sich findet für Verrat, Gemeinheit und Tod und er selber trotz poetischer Haltung nichts ist als ein erbärmlicher Schauspieler, ungeschickter Wagenlenker und frivoler Tyrann. Bis dahin beseitigen wir jeden, der uns mißfällt. Der arme Torquatus Silanus gehört jetzt den Schatten an; er durchschnitt sich vor einigen Tagen die Adern. Lecanius und Licinius werden mit Schrecken ins Konsulat eintreten. Der alte Thraseas entrinnt wohl kaum dem Tode, denn er wagt es, ehrlich zu sein. Dem Tigellinus hat es noch nicht gelingen wollen, den Befehl zu erschleichen, daß auch ich mir meine Adern öffne. Man braucht mich noch, nicht nur als Arbiter elegantiarum, sondern auch als einen Mann, ohne dessen Rat und Geschmack die Reise nach Achaia mißlingen würde. Mehr als einmal ist mir der Gedanke schon gekommen, daß ich früher oder später auf solche Weise enden werde; weißt Du, was dann für mich noch wichtig sein wird: daß der Feuerbart jenen Becher nicht bekommt, den Du kennst und bewunderst. Bist Du mir in der Stunde des Todes nahe, so erhältst Du ihn; bist Du ferne, zerbrech ich ihn. Unterdessen habe ich noch das Benevent der Kleinigkeitskrämer und das olympische Griechenland vor mir, habe das Fatum, das, obwohl uns unbekannt und unberechenbar, jedem seine Bahnen weist. Bleibe gesund und nimm Kroton in Deine Dienste; sonst wird Dir Lygia zum zweitenmal entrissen. Wenn Du Chilonides nicht mehr brauchst, schicke ihn zu mir, wo immer ich bin. Vielleicht mache ich einen zweiten Vatinius aus ihm, und Konsuln und Senatoren mögen noch vor ihm zittern wie jetzt vor dem Ritter Pechdraht. Es möchte sich lohnen, noch ein solches Schauspiel zu erleben. Wenn Du Lygia gefunden hast, so laß es mich wissen, damit ich für Euch beide im hiesigen Venustempel ein paar Schwäne und ein paar Tauben opfere. Einmal sah ich im Traum Lygia glückstrahlend an Deiner Seite sitzen. Tu das Deine, damit dieser Traum in Erfüllung geht. Möge keine Wolke Deinen Himmel trüben; sollte dennoch eine erscheinen, so sei sie von der Farbe und dem Duft der Rose! Bleibe gesund und lebe wohl!“

XIX
    Kaum hatte Vinicius zu Ende gelesen, als Chilon leise ins Zimmer trat, ohne angemeldet zu sein. Die Sklaven hatten den Befehl erhalten, ihn zu jeder Tages- und Nachtstunde vorzulassen.
    „Möge die göttliche Mutter deines hochherzigen Ahnen Äneas dir so hold sein wie mir der Sohn der Maja.“
    „Wie meinst du

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