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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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Tigellinus, müssen von ihrem Tode überzeugt sein; sonst werden sie sofort ihre Verfolgung befehlen. Wir können den Verdacht nur auf folgende Weise abwenden: Lygia wird in die Albanerberge oder noch weiter, nach Sizilien, gebracht, und wir bleiben in Rom. Eine oder zwei Wochen später erkrankst auch du und wendest dich an Neros Arzt. Dieser wird dir raten, in die Berge zu gehen. Dort trefft ihr euch, und dann …“
    Er dachte einige Augenblicke nach und fügte mit einer Handbewegung hinzu:
    „Vielleicht kommen dann andere Zeiten!“
    „Möge Christus sich ihrer erbarmen“, sagte Vinicius. „Du sprichst von Sizilien, während sie krank und dem Tode nahe ist.“
    „So laß sie zuerst in der Nähe Roms verbergen. Die Luft allein wird sie wiederherstellen, wenn sie nur einmal aus dem Kerker befreit ist. Hast du keinen Pächter in den Bergen, dem du vertrauen kannst?“
    „Ja“, antwortete Vinicius rasch. „In der Nähe von Corioli ist ein zuverlässiger Mann, der mich als Kind auf den Armen getragen hat und jetzt noch liebt.“
    „Schreibe ihm, daß er morgen kommen soll“, entgegnete Petronius und reichte Vinicius ein Täfelchen. „Ich werde sofort einen Boten senden.“
    Er rief seinen Hausmeister und gab ihm die nötigen Befehle. Einige Minuten später jagte ein berittener Sklave durch die Nacht nach Corioli.
    „Es wäre mir lieb, wenn Ursus sie begleitete“, sagte Vinicius, „ich würde dann ruhiger sein.“
    „Herr“, erwiderte Nazarius, „er ist ein Mann von übermenschlicher Stärke; er kann die Gitter zerbrechen und ihr folgen. Unter einem Fenster ist eine Schlucht, und dort stehen keine Wachen. Ich werde Ursus ein Seil bringen, im übrigen wird er sich selbst helfen.“
    „Beim Hercules!“ entgegnete Petronius. „Laßt ihn ausbrechen, wann es ihm beliebt; aber nicht mit ihr, auch nicht zwei oder drei Tage später, denn man würde ihm folgen und ihr Versteck auffinden. Beim Hercules! Wollt ihr sie nochmals zugrunde richten? Ich verbiete euch, ihm Corioli zu nennen, oder ich wasche meine Hände in Unschuld.“
    Beide erkannten die Richtigkeit dieser Worte und schwiegen. Nazarius verabschiedete sich mit dem Versprechen, bei Tagesanbruch wiederzukehren.
    Er gedachte, die Nacht bei den Wachen zuzubringen, doch wünschte er, zuvor seine Mutter zu besuchen, die in dieser unsicheren, schrecklichen Zeit in beständiger Sorge um ihn lebte. Nach kurzem Besinnen beschloß er, nicht in der Stadt seine Gehilfen zu suchen, sondern einige Leichenträger, die mit ihm arbeiteten, zu bestechen. Ehe er ging, nahm er Vinicius beiseite und flüsterte:
    „Ich werde unseren Plan niemand mitteilen, auch nicht meiner Mutter; nur dem Apostel Petrus, der uns versprach, vom Amphitheater aus in unser Haus zu kommen, werde ich alles sagen.“
    „Hier kannst du offen sprechen“, erwiderte Vinicius. „Der Apostel war im Theater bei den Leuten des Petronius. Indes will ich selbst mit dir gehen.“
    Er ließ sich den Mantel eines Sklaven bringen, und sie entfernten sich.
    Petronius seufzte tief.
    „Ich wünschte, daß sie dem Fieber erläge“, dachte er; „für Vinicius wäre das weniger schrecklich. Aber nun bin ich bereit, Äsculapius für ihre Gesundheit einen goldenen Dreifuß zu opfern. O Feuerbart, du willst den Schmerz eines Liebenden in ein Schauspiel verwandeln; du, Augusta, du warst eifersüchtig, weil das Mädchen schöner ist als du; jetzt möchtest du sie in Stücke reißen, nachdem dein Rufius tot ist; du, Tigellinus, möchtest sie mir zum Trotze vernichten. Wir werden sehen. Ich sage euch, daß eure Augen sie nicht in der Arena erblicken sollen; sie wird entweder eines natürlichen Todes sterben, oder ich entreiße sie euch wie den Zähnen eines Hundes, und zwar auf eine Weise, daß ihr’s nie erfahren sollt. Und sooft ich euch dann sehe, werde ich denken: Das sind die Toren, die Gajus Petronius überlistete.“
    Selbstzufrieden begab er sich nach dem Triclinium, um mit Eunike die Abendmahlzeit einzunehmen. Dabei las ihnen ein Lektor die Idyllen des Theokritos vor. Draußen jagte der Wind die Wolken vom Soracte her, und ein plötzlicher Sturm unterbrach das Schweigen der ruhigen Sommernacht. Von Zeit zu Zeit hallte der Donner an den sieben Hügeln wider, indes die beiden, dicht aneinandergelehnt, an der Tafel saßen und dem bukolischen Dichter lauschten, der in dorischer Mundart die Schäferliebe feiert. Dann schickten sie sich zur Ruhe an.
    Unterdessen kehrte Vinicius zurück. Petronius hörte ihn

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