R4ge Inside
tun, wenn sich herausstellt, dass das stimmt? Willst du unser Leben riskieren und versuchen, ihn da rauszuholen? Das bezweifle ich. Du wirst vermutlich sagen, dass es zu gefährlich ist, und ihn einfach seinem Schicksal überlassen.«
»Das würde ich nie tun«, erwiderte Aries.
»Und Michael?« Clementine lieà sich durch nichts aufhalten. Tränen liefen ihr über die Wangen. Sie wischte sie energisch mit der Hand weg. »Willst du ihn einfach auf dem Campus der Universität sterben lassen? Ist er ein zu groÃes Risiko? Vielleicht ist er ja schon tot. Es ist am besten, wenn wir ihn im Stich lassen und uns auf Wichtigeres konzentrieren.«
»Natürlich nicht.«
»Aber Graham und seine Familie â die lässt du im Stich, ja?«
»Sie sind vermutlich schon längst tot!«, brüllte Aries. Sie hatte diese Anschuldigungen satt. Clementine versuchte, ein Monster aus ihr zu machen. Wie konnte sie ihr das antun?
»Das weiÃt du doch gar nicht«, sagte Clementine.
»Doch«, flüsterte Aries. Auch bei ihr flossen jetzt die Tränen. »Das weià ich. Egal, was du glaubst, ich kenne die Hetzer. Wenn sie herausgefunden haben, wo Grahams Haus ist, sind sie bereits dorthin und haben alle getötet. Wir verschwenden unsere Zeit damit, über einen Toten zu streiten. Und wir sind sehr wahrscheinlich die Nächsten.«
»Wie kannst du nur so ⦠kalt sein?« Clementine wartete die Antwort nicht ab. Sie drehte sich um und rannte hinaus.
Aries lauschte auf das Geräusch der Haustür. Stattdessen hörte sie, wie Clementine die Treppe nach oben lief. Sie ging in ihr Schlafzimmer und schlug mit einem dumpfen Knall die Tür hinter sich zu.
Aries stand mitten in der Küche und hatte keine Ahnung, was sie jetzt tun sollte. SchlieÃlich griff sie nach einer Küchenrolle, um sich die Tränen aus dem Gesicht zu wischen. Es wäre nicht gut, wenn die anderen sie so sähen.
Mehr als alles in der Welt wünschte sie sich, dass Mason jetzt bei ihr wäre. Er würde die richtigen Worte finden. Er wüsste einen Weg, wie Clementine sich wieder beruhigte. Sicher, er sagte nicht viel, aber wenn er dann doch mal den Mund aufmachte, hörten die anderen ihm zu. Sie hatten Respekt vor ihm. Plötzlich wurde Aries klar, dass ihr das fehlte.
Respekt.
Colin lachte sie aus. Er weigerte sich, etwas zu tun, wenn sie ihn darum bat, und bedrohte sie rundheraus, wenn sie darauf bestand.
Und jetzt warf Clementine ihr auch noch vor, feige zu sein.
Wie konnte sie es wagen!
Aries stürmte die Treppe hinauf, hielt aber inne, als sie oben angekommen war. Sie wollte Clementine zur Rede stellen, wollte sie anschreien und beschimpfen, aber sie hatte keine Ahnung, was sie sagen sollte. Stattdessen ging sie zu Jacks Tür, blieb davor stehen und überlegte, ob sie bei ihm Trost suchen sollte. Da hörte sie Joys Stimme. Seit Neuestem verbrachte Joy viel Zeit mit ihm.
Sie machte kehrt und ging wieder nach unten.
An der Haustür blieb sie stehen. Sie zog das Walkie-Talkie aus der Tasche und drehte es in den Händen hin und her. Vielleicht war es das Beste, nach Graham zu sehen. Es würde nicht lange dauern, nur ein paar Minuten, um zu seinem Haus zu laufen. Damit konnte sie Clementine beweisen, dass sie doch nicht so übel war.
»Nathan, bist du da?« Als sie in das Walkie-Talkie atmete, entstand ein lautes Kratzen.
»Ja. Hier ist alles in Ordnung.«
»Okay«, fuhr sie fort. »Wir treffen uns am Ende des Blocks. Du musst mich begleiten. Wir machen einen kleinen Ausflug. Nur du und ich.«
»Okay«, sagte seine Stimme wie aus weiter Ferne.
Sie würden nur ein paar Minuten weg sein. Nur so lange, bis sie die Situation eingeschätzt hatten. Wenn alle tot waren, würde sie wissen, dass sie recht gehabt hatte. Und wenn sie noch lebten, würde sie sie warnen können. Was genau die Heldentat war, die man von einer Anführerin erwartete.
So oder so, sie konnte nicht verlieren.
Sie freute sich schon auf Clementines Entschuldigung.
Grahams Haus stand an der Ecke einer Kreuzung, auf der früher immer sehr viel Verkehr gewesen war. Doch die langen Autoschlangen, das laute Hupen, die ungeduldigen Fahrer, die nach einem langen Arbeitstag nach Hause wollten â das alles gehörte der Vergangenheit an.
Bis auf ein paar herrenlose Fahrzeuge war die Granville Street leer.
Aries und Nathan waren hinter
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