Rabenblut drängt (German Edition)
überflüssig dieser Hinweis war.
»Ich komme sofort!«, sagte ich, schlüpfte barfuß in meine kalten Stiefel und zerrte meine Strickjacke von der Stuhllehne herunter.
»Wo können wir noch suchen? Wohnt hier sonst noch jemand, bei dem er vielleicht sein könnte?«, fragte Timo.
»Hast du Janosch schon angerufen?«, fragte ich.
Lara schlug sich gegen die Stirn. »Ich Dummerchen!«, rief sie erleichtert und kramte in ihrer Tasche nach dem Handy. Es dauerte eine Weile, bis am anderen Ende der Hörer abgehoben wurde. Noch immer nieselte ein feiner Regen auf uns herab, und ich überlegte gerade, ob ich vielleicht im Gartenschuppen nachschauen sollte, als Lara auflegte.
»Nichts?«
Sie schüttelte den Kopf.
Timo war den Schotterweg entlanggelaufen und deutete mit der ausgestreckten Hand in den Wald.
»Sieht aus, als würde dort jemand ein Lagerfeuer machen. Seltsam, nicht? Ich dachte immer, das wäre im Wald verboten.«
Lara rannte sofort los. Ich kämpfte noch mit meinem Abendkleid, das ich bis zu den Knien hochraffte, um besser laufen zu können. Ein Feuer!
Wir sahen den orangefarbenen Schein in Bodenhöhe aufleuchten. Es musste ziemlich weit weg sein, und nur weil die meisten Bäume im unteren Bereich der Stämme völlig kahl waren, konnten wir es auf die Entfernung überhaupt sehen. Wir sprangen über zahlreiche Wurzeln und Reisighaufen. An manchen Stellen musste ich über die Baumstämme klettern, um einen größeren Umweg zu vermeiden. Timo war natürlich viel schneller als Lara und ich.
Ich konnte den Rauch riechen. Es qualmte wie verrückt, weil das Holz keineswegs ausgetrocknet und leicht entflammbar war, sondern vom Regen feucht und mit Frost überzogen.
»Ich habe gar keinen Blitzschlag gehört!«, keuchte Lara neben mir.
Das hatte ich auch nicht, wenn auch im Hintergrund immer noch ein dumpfes Donnergrollen zu hören war. Mir wurde bewusst, dass wir dieselbe Richtung eingeschlagen hatten, in der Jaros Fichte stand, und eine schwere Faust presste mein Herz zusammen.
Dichter Rauch hüllte uns ein. Wallend kroch er über den Boden und hing zwischen den Stämmen fest. Das Licht dahinter war gleißend hell und ein blutroter Schein strahlte in den Nachthimmel.
»Marek?«, rief Lara laut.
Ich sah Timo einen weiten Bogen um den Brand einschlagen. Er wurde beinahe sofort von den wabernden Qualmwolken verschluckt.
»Marek?«, riefen Lara und ich gleichzeitig. Wir wagten uns nicht näher an die Brandstelle heran, weil die Hitze einem die Augenbrauen zu versengen drohte. Aber dann hörten wir schon ein Husten und sahen Mareks Gestalt aus dem knisternden Waldstück hervorstolpern.
Seine Kleidung war rußverschmiert, aber er war unverletzt. Lara fiel ihm in die Arme.
»Wie ist das passiert? Ist ein Blitz eingeschlagen?«
»Ich habe nichts davon mitgekriegt. Die Feuerwacht ist informiert, sie müssten eigentlich bald auftauchen.«
Timo kam keuchend aus dem Rauchnebel hervor. Hinter ihm brannte eine Fichte wie eine überdimensionierte Wunderkerze. Es knackste und Zweige fielen wie Feuerpfeile nach unten.
»Du hast einiges fortgeschafft«, sagte Timo anerkennend zu Marek. Der nickte erschöpft.
»Habe versucht in einem größeren Radius Stämme und Reisig wegzuschaffen, um eine Brandschneise zu schaffen. Ich glaube nicht, dass sich das Feuer weiter ausbreitet, die Laubbäume in unmittelbarer Umgebung speichern viel mehr Wasser und sind ohnehin kahl, aber ich bin trotzdem froh, wenn die Profis anrücken, denn es ist zu windig.«
Plötzlich krachte es und ein Stamm schien regelrecht zu bersten, bevor flammend rote Bruchstücke nach unten stürzten.
»Lasst uns weiter weggehen, nicht, dass noch jemand getroffen wird!«, befahl Marek. Wir zogen uns in den Hintergrund zurück und starrten wie gebannt auf die Flammen und ihre Zerstörungswut. Der Lärm des knallenden und zischenden Harzes und der herabregnenden Holzstücke vermischte sich mit dem ratternden Geräusch eines Helikopters. Scheinwerfer erstrahlten große Flächen des Waldes und das plötzliche Licht verscheuchte den unheimlichen schwarzroten Schein. Wir waren nun so weit entfernt, dass ich die Kälte wieder spürte und meine Strickjacke enger um mich zusammenzog.
Die rotierenden Blätter des Hubschraubers wummerten laut. Ein riesiger Behälter baumelte an einer langen Kette unterhalb der Maschine, und tausende Liter Wasser ergossen sich schwallartig vom Himmel. Sofort drehte der Hubschrauber wieder ab, um Nachschub zu holen.
Es regnete jetzt
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