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Rabenblut drängt (German Edition)

Rabenblut drängt (German Edition)

Titel: Rabenblut drängt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikola Hotel
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Weg suchte und nach Hause fuhr, in ihr Orlík; ein Zuhause, das ihr fünfzig Jahre lang verwehrt gewesen war und für das sie unheimlich gekämpft haben musste, dann hatte ich den Eindruck, dass sie wieder gewonnen hatte.
    Šimon fuhr nicht schnell, aber die Straßen waren frei, deshalb kamen wir gut voran. Nach etwa einer Stunde erreichten wir Orlík nad Vltavou . Meinem Blick nach draußen offenbarte sich nicht viel. Es war zu dunkel, und um uns herum standen dichtbewaldete Flächen.
    Die Scheinwerfer strahlten den Asphalt an und wurden dann von einer hellen Fläche zurückgeworfen: Weiße Türme taten sich vor uns auf. Das alles war noch viel schlimmer, als ich es von den alten Fotos kannte. Es war einfach zu groß, zu pompös. Eine Felsburg inmitten der zahlreichen Wasserarme der Moldau.
    Der General umklammerte die Handtasche fester.
    »Willkommen im Rabenhorst!«, sagte sie, und es klang wie eine Herausforderung.

Drohbrand
     
     
     
    A lles in Ordnung mit dir?« Lara verrenkte sich fast den Hals, um mich auf der Rückbank genauer ansehen zu können. Ich hatte mich nach hinten verkrümelt, damit ich in Ruhe nachdenken konnte.
    »Du siehst so komisch aus.«
    »Wie?«, fragte ich leicht umnebelt. Die Lüftung brummte und blies warme, muffige Luft zu mir.
    »Du siehst aus, als hättest du die ganze Nacht am ›Einarmigen Banditen‹ gespielt und den Jackpot geknackt.« Sie musterte mich weiter. »Und danach hast du ganz alleine mit einer Flasche Prosecco gefeiert.«
    Den Jackpot geknackt?
    »Ja«, seufzte ich.
    »Hnh«, machte Lara, drehte sich wieder nach vorne und warf Timo einen Seitenblick zu.
    »War das eben dieser Alexej, der da bei dir stand?«
    »Mmh.«
    »Und? Was wollte er?«
    »Mmh?«
    »Halloho! Was wollte der Typ von dir?«
    Meine Güte, sonst interessierte sich Timo doch nicht die Bohne für mein Privatleben!
    »Reden.«
    »Aha. Geht’s auch ein bisschen ausführlicher?«
    Lara schnaubte. »Warum ist er eigentlich nicht geblieben? Ich hätte ihn gerne gesprochen.«
    »Er hatte es leider eilig. Außerdem wolltest du ihm den Kopf abreißen, schon vergessen?«
    »Ja, aber du auch, wenn ich dich erinnern darf! Sah mir nicht gerade danach aus, als wenn er um seine Leben hätte bangen müssen. Habt ihr euch geküsst, oder hast du ihn nur in die Lippen gebissen?«
    »Bitte?«
    »Das ist ja wohl eine berechtigte Frage!«
    Timo gab einen unartikulierten Laut von sich, den ich vorsichtig als ›iiiiihhh‹ interpretierte. Wie konnte auch jemand seine Schwester küssen? Das war wirklich ein widerlicher Gedanke. Ich kicherte.
    »Also doch!«, stöhnte Lara. Bitte lass das Ganze nicht schon wieder von vorne losgehen! Hast du jetzt wenigstens seine Adresse? Oder seine Telefonnummer?«
    »Irgendwie schon.«
    »Was heißt denn irgendwie? Entweder du hast sie oder du hast sie nicht!«, fauchte Lara.
    »Ich weiß, wo er wohnt.«
    »Hnh«, machte sie.
    Ich hing weiter meinen Gedanken nach. »Sag mal, wie alt werden eigentlich Raben?«, fragte ich sie unvermittelt.
    »Wie kommst du denn jetzt darauf?« Sie schüttelte verständnislos den Kopf.
    »Nur so - musste gerade daran denken.«
    »Das kann ich dir nicht so einfach beantworten. Kommt drauf an, ob in Freiheit oder in Gefangenschaft.«
    »In Freiheit natürlich.«
    »Also älter als fünfzehn bis zwanzig Jahre garantiert nicht! Dafür haben sie zu viele Feinde.«
    »Wer genau sind denn ihre Feinde?«
    »An erster Stelle natürlich der Mensch. Der Kolkrabe zum Beispiel ist in Mitteleuropa beinahe ausgerottet worden. Er wurde, als vermeintlicher Feind des Niederwildes, systematisch abgeschossen oder vergiftet, und wird es immer noch.«
    »Aber er ist doch ein Singvogel!«, empörte ich mich.
    »Wen interessiert das denn? Die Menschen denken nur an ihren Profit. Sie teilen die Tiere in ›nützlich‹ und ›schädlich‹ ein, was so viel heißt wie ›gut‹ und ›böse‹. Aber wenn sie meinen, sie müssten neben einer Mülldeponie Ackerbau betreiben, dann ist es nicht weiter verwunderlich, dass dieses Feld eben von den Raben umgepflügt wird. Quasi als Kollateralschaden.«
    »Und außer den Menschen?«
    »Süße - soll das jetzt eine Vorlesung werden?« Sie seufzte. »Vermutlich am ehesten Greifvögel. Der Uhu ist bekannt dafür, dass er Raben frisst, auch der Wanderfalke ist sein Feind. Wahrscheinlich, weil er ihn als Nesträuber sieht. Kolkraben sind auch nicht gerade Unschuldslämmer! Mmh - dann fallen mir noch größere Säuger ein, der Marder zum

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