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Rabenblut drängt (German Edition)

Rabenblut drängt (German Edition)

Titel: Rabenblut drängt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikola Hotel
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völlig gefangen. Ich lag auf dem Bauch, die Bettdecke wegen der Hitze des Ofens von mir gestrampelt und blätterte Seite um Seite um, kämpfte mit Goethe und Schiller in französisch besetzten Gebieten und gegen rasende Wildschweine, folgte den Streitgesprächen zwischen Klassiker und Romantiker und litt Herzensqualen:
    › Kein Baum kühlt so mit frischem Laub, kein Brunnen labt so den Durstigen, Sonn- und Mondlicht und tausend Sterne leuchten nicht ins irdische Dunkel, wie du leuchtest in mein Herz! ‹  
    Mein Nacken schmerzte und mein linker Arm war eingeschlafen. Ich schaute auf die Uhr. Es war bereits nach zehn, und ich hatte nicht eine Minute aufgehört zu lesen. Als es dann unerwartet von draußen gegen mein Fenster pochte, zuckte ich zusammen.
    Angstvoll zog ich den Vorhang zur Seite und kreischte auf, als etwas an der Scheibe vorbeihuschte. M eine Hände zitterten und ich musste mich unheimlich überwinden, nicht einfach wieder in mein Bett zu springen und mir die Decke über den Kopf zu ziehen.  
    Feigling!
    Also gut - das wollte ich mir nicht noch einmal sagen müssen. Ich zog den Griff zur Seite und das Fenster schwang auf. Im selben Moment flog ein Schatten an mir vorbei ins Zimmer, und ich hielt mir in Panik die Hände vors Gesicht. Der Luftzug in meinem Rücken ließ nach und der Fensterriegel rastete ein. Dann zog jemand sanft meine Hände nach unten. Ich kniff die Augen fest zu.
    »Hasenherz«, flüsterte es samtig in mein linkes Ohr.
    »Ich weiß«, antwortete ich und zwang mich, die Augen zu öffnen. Beinahe sofort schloss ich sie wieder.
    »Das hatte ich ganz vergessen!«, rief ich entsetzt aus. »Warte einen Moment!« Ich tastete mich an der Wand entlang, ohne die Hand von den Augen zu nehmen.
    »Wenn du mir sagst, wonach du suchst, könnte ich dir vielleicht behilflich sein«, bot Alexej an.
    »An...zieh...sa...chen«, sagte ich stockend und verschwand mit dem ganzen Kopf in meinem Kleiderschrank. Irgendwo hatte ich sie doch. Ich hatte sie gewaschen, weil ich dachte, dass Alexej sie bestimmt brauchen würde, und doch war ich jetzt völlig überrumpelt, weil er so plötzlich und so nackt in meinem Zimmer stand. Ich hielt ihm das Bündel mit ausgestrecktem Arm nach hinten.  
    Er lachte, nahm aber Gott sei Dank die Sachen entgegen.
    »Fertig«, sagte er nach einer Weile.
    Erleichtert atmete ich auf und drehte mich um.
    »Das nennst du fertig?« Er hatte gerade mal eine Hose an.
    »Wozu sollte ich mir die ganze Mühe machen, wenn ich die Sachen eh gleich wieder ausziehe?«
    Ich gab schnappartige Laute von mir.
    »Ich schlafe nie vollständig bekleidet. Du etwa?«
    »Äh ... nein, natürlich nicht.« Um nicht puterrot anzulaufen, hatte ich den Blick stur auf sein Kinn geheftet.
    »Wo ist dein Bruder?«, fragte er.
    »Er schläft in deinem alten Zimmer. Lara dachte, das wäre am bequemsten. Mein Zimmer ist ja nicht gerade groß und mein Bett -« ich deutete in den Raum und fing an zu stottern.
    »In der Tat. Dein Bett ist ziemlich schmal.«
    In meinem Magen flatterten Schmetterlinge hysterisch von einer Ecke in die andere. Alexej setzte sich auf die Bettkante und griff nach meinem Buch.
    »Ich habe dich lachen hören, als ich ankam«, sagte er. »Welche Szene war es denn?«
    Dankbar für diesen Themenwechsel nahm ich ihm das Buch aus der Hand und suchte die Seite, die ich zuletzt gelesen hatte.
    »Es ist vielleicht nicht ganz das, was du erwartest«, warnte ich ihn vor. Aber er nickte aufmunternd, und so las ich ihm die Stelle vor, in der die Helden des Buches in ein Feuergefecht verwickelt waren.
    » › Schiller setzte seine Armbrust an. »Mars regiert die Stunde!«, rief er seinen Kameraden zu. »Wenn noch ein Tropfen deutschen Heldenbluts in euren Adern rinnt – feuert! ‹ «  
    Alexej lächelte.
    »Es machte mich glücklich, weil es sich einfach wundervoll anhört, findest du nicht?«
    »Absolut.« Er stand auf, nahm mir das Buch aus der Hand und legte es sorgsam auf den Stuhl neben meinem Bett.
    »Nun - in mir rinnt leider kein deutsches Heldenblut«, sagte er. Er griff nach meinem Arm und zog mich an sich. »In meinen Adern rinnt böhmisches Rabenblut!«
    Die Schmetterlinge in meinem Magen flogen hart gegen die Wand und trudelten betäubt zu Boden.
    Er küsste mich, und das tat er nicht gerade sanft. Sein Körper war so furchtbar heiß, dass ich bei der ersten Berührung zusammenzuckte.
    »Hast du Fieber?«
    »Und wie.« Seine Zunge liebkoste meine Lippen. Seine Haut war noch feucht von

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