Rabenfeuer - Die Flammen der Goettin
Neuigkeit beibringe.«
»Herr, dürfte ich mit Euch sprechen, bevor Ihr zu Bett geht?«
Heron, der in seinem Zimmer vor dem Kaminfeuer saß, blickte zur Tür. Der älteste seiner Berater stand auf der Schwelle und streckte vorsichtig den Kopf in den Raum.
»Komm rein«, erwiderte er und bedeutete dem Mann mit einer Geste, auf dem zweiten Lehnstuhl am Feuer Platz zu nehmen. Der besorgte Gesichtsausdruck des Beraters verhieß nichts Gutes. »Was gibt es zu dieser nächtlichen Stunde noch?«
»Es geht um das Unglück von heute Morgen im Bergwerk, Herr. Genauer gesagt um den jungen Mann, der Euch gerettet hat.«
»Raven? Was ist mit ihm?«
»Nun, Ihr habt ihm zugesagt, ihn in Eure Kriegergarde aufzunehmen. Das halte ich für keine kluge Entscheidung«, entgegnete der ältere Mann behutsam.
Herons Blick verfinsterte sich. Wenn er eines nicht ausstehen konnte, dann kritisiert zu werden – schon gar nicht von seinen Bediensteten. »Wegen Ravens Lähmungen?«
Der Berater schüttelte den Kopf. »Nein, wegen des Umstands seiner Geburt.«
»Ich kann dir nicht folgen«, gestand Heron barsch. »Erkläre es mir.«
»Ihr wisst, dass Euer Vater vor Eurer Mutter noch eine andere Ehefrau hatte?«
Er nickte ungeduldig. »Ja, die alte Geschichte ist mir bekannt. Sie hat ihn betrogen, ein Kind empfangen und er hat sie mit ihrem Bastard verstoßen. Das ist nichts Neues.«
»Dieser Bastard ist Raven.«
Herons Augenbrauen hoben sich. »Was?!«, rief er ungläubig aus. »Vater hat nie über dieses Kind gesprochen.«
»Euer Vater hat sich uns allen gegenüber in dieser Geschichte sehr bedeckt gehalten. Zu bedeckt, wenn Ihr mich fragt. Für ihn war die Sache erledigt, nachdem er die Frau – Mana ist ihr Name – aus der Burg gejagt hat. Die Gerüchte sind allerdings nie verstummt, auch wenn die Sache für ihn schnell erledigt war.«
»Welche Gerüchte?« Diese Geschichte gefiel ihm ganz und gar nicht.
»Mana war als Fürstin beim Volk äußerst beliebt. Viele konnten es sich nicht vorstellen, dass sie Wegon betrogen haben sollte.«
Er verstand sofort, was sein Gegenüber damit andeuten wollte, und es gelang ihm nur mit Mühe, einigermaßen beherrscht weiterzusprechen. »Willst du damit sagen, Raven ist möglicherweise gar kein Bastard, sondern mein Halbbruder?«
»Sicher weiß ich es nicht, Herr«, erwiderte der Berater hastig und hob beschwichtigend die Hände. »Es könnte sein. In diesem Fall wäre Raven als der Ältere der rechtmäßige Fürst.«
Heron zwang sich zur Ruhe – wenigstens äußerlich. Wildes Toben würde ihm nicht helfen, er musste mit kühlem Verstand an das Problem herangehen. Trotzdem zuckte sein Wangenmuskel, ein deutliches Zeichen für seine Erregung. »Wenn es keinen Ehebruch gab, warum hätte mein Vater die Frau und das Kind verstoßen sollen?«
»Die Prophezeiung, Herr«, beeilte sich der ältere Mann zu erklären. »Raven ist missgebildet geboren worden, aber nach den Worten der Göttin soll Herons Erbe die Feinde Sarwens besiegen.«
»Verdammt!« Heron schlug mit der Faust auf die Armlehne seines Stuhls. Diese Sache könnte sich zu einer ernsthaften Gefahr für ihn entwickeln. »Gibt es Beweise, dass Raven Wegons erstgeborener Sohn ist?«
»Nein. Allerdings gibt es auch keine, die das widerlegen, abgesehen von der Aussage seiner Mutter.«
Heron starrte ihn an. »Wer könnte sonst noch etwas wissen?«, fragte er scharf.
»Die Hebamme, aber sie verstarb vor einigen Jahren.«
Er fluchte erneut. »Somit können die Gerüchte nicht zerstreut werden, sondern erhalten mit Ravens Erscheinen morgen am Hof neuen Auftrieb.«
Der Berater nickte. »Deshalb bin ich zu Euch gekommen, Herr.«
Und das keinen Augenblick zu früh, wie es Heron schien. »Das Ganze ist zu brisant, als dass ich es einfach übergehen könnte. Unruhen kann ich nicht gebrauchen.« Mit düsterer Miene starrte er ins Feuer. »Was wird sich im Volk genau erzählt?«
»Die Tatsache, dass Eure Mutter gleich nach Eurer Geburt starb, nahmen damals viele als Beweis für die Schuld Eures Vaters. Und seinen unglückseligen Tod vergangene Woche sehen sie als weitere Bestätigung.«
Der unglückselige Tod seines Vaters. Heron unterdrückte ein Schnauben. Treffender hätte der Berater seine Worte nicht wählen können. Misstrauisch sah er den Mann an – ahnte er etwas? Das wäre das Letzte, was er in dieser Situation noch gebrauchen konnte.
Doch sein Gesprächspartner schien seinen prüfenden Blick nicht zu bemerken. »Die entscheidende
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