Rabenfeuer - Die Flammen der Goettin
über ihnen hatte sich ein Stein gelöst und war in die Pfütze gefallen, aus der sie schöpften. Mit dem Handrücken wischte er sich das schmutzige Wasser aus dem Gesicht und blickte zu Forsan. Der junge Wasserknecht wirkte zu Tode erschrocken und Raven konnte es ihm nicht verdenken. Er selbst würde diese Kammer auch lieber früher als später verlassen.
In diesem Moment erschall der Ruf des Vorarbeiters aus den Tiefen des Ganges. »Der Fürst kommt!«
Forsan sprang auf, auch Raven erhob sich und folgte ihm und den anderen Wasserknechten zum Ausgang der Kammer. Gerade als sie den Gang betreten wollten, tauchte der Vorarbeiter vor ihnen auf und versperrte ihnen mit ausgestreckten Armen den Weg.
»Es ist zu spät«, verkündete er. »Alle, die noch in der Kammer sind, bleiben hier. Der Fürst will nicht länger warten und hat den Gang bereits betreten. Stellt euch entlang der Wand auf und verhaltet euch still.«
Ein unwilliges Murmeln entstand unter den verbliebenen Männern. Raven begriff, dass er nicht der Einzige war, der an der Stabilität der Kammer zweifelte. Er warf einen Blick auf Forsan, der bei den Worten des Vorarbeiters aschfahl geworden war. Der Junge war einer Panik nahe, das verrieten seine geweiteten Pupillen eindeutig.
Kurzentschlossen packte Raven Forsan am Arm und drängte sich mit ihm nach vorne zum Ausgang. »Lasst Forsan durch«, bat er den Vorarbeiter, der dort Stellung bezogen hatte. »Er hat schon länger ein dringendes Bedürfnis und Ihr wollt sicher nicht, dass er seine Notdurft vor dem Fürsten verrichtet.«
Der Vorarbeiter warf Raven einen bösen Blick zu, dann sah er Forsan misstrauisch an. »Ist das so, Forsan?«
»Ja, ja«, antwortete dieser geistesgegenwärtig.
»Nun gut.« Er nickte und zeigte in den Gang. »Aber verbeug dich, wenn du am Fürsten vorbeiläufst.«
»Gewiss«, murmelte der junge Mann, warf einen dankbaren Blick zu Raven und verließ die Kammer so schnell er konnte.
Raven sah ihm kurz nach, bevor er sich zu den anderen Wasserknechten an die Wand begab. Kaum stand er an seinem Platz, betrat der Fürst in Begleitung zweier Grubenmeister und einiger seiner Krieger die Kammer. Auch Heron hatte gebückt durch den Gang laufen müssen, nun richtete er sich zu seiner stattlichen Größe auf und sah sich um.
Wie alle anwesenden Männer senkte Raven ehrerbietig den Kopf. Dabei nutzte er die Gelegenheit, seine Kapuze tiefer ins Gesicht zu ziehen. Verstohlen musterte er den jungen Herrscher, der selbstbewusst durch den Raum auf die Silberader zuschritt. Genau wie er selbst war Heron zum Mann gereift, ein durchtrainierter Krieger mit dunkelblauen Augen und hellbraunen Haaren, die im Nacken zum Zopf zusammengefasst waren. Seine Haltung war gebieterisch und um seinen Mund lag ein harter Zug. Ein kostbarer Pelzumhang bedeckte seine breiten Schultern, an seinem Waffengürtel hing ein mächtiges Schwert.
Ein Gesteinsbrocken löste sich hinter Raven aus der Wand und kullerte vor seine Füße. Besorgt runzelte er die Stirn. Hoffentlich hielt der Fürst seinen Besuch kurz. Leider aber sah es nicht danach aus, denn einer der Grubenmeister hielt einen Vortrag über die Erschließung der neuen Silberader und der Fürst lauschte gebannt seinem Vortrag.
Weitere Brocken lösten sich aus dem Gestein und Ravens Ungeduld wuchs. Sein ganzer Körper war angespannt und zur Flucht bereit. Auch die anderen Wasserknechte sahen nervös aus, sie starrten sehnsüchtig auf den Ausgang, vor dem sich Herons Kriegergarde aufgebaut hatte. Ihre Anwesenheit verwunderte Raven. Wieso hatte Heron die Männer mit in die Kammer gebracht? Erwartete der neue Fürst hier unten ernsthaft einen Angriff? Vor der einzigen Gefahr, die ihm im Bergwerk drohte, konnten ihn auch keine bewaffneten Krieger ...
Mit Poltern und Krachen brachen plötzlich Felsen aus der Decke. Dichter Staub erfüllte die Luft und eine Talglampe nach der anderen fiel zu Boden und erlosch. Steine regneten auf sie herab und Schreie erklangen. Die Menschen in der Kammer versuchten zu fliehen, doch der enge Ausgang ließ die Männer nur einzeln passieren, so sehr die hinteren auch drängten. Die beiden Grubenmeister brüllten Befehle, aber niemand hörte auf sie. Zu groß war die Furcht, hier den Tod zu finden.
Raven, der immer noch an der Wand stand, sah sich durch die Staubschleier um. Heron stand direkt vor ihm und blickte fassungslos auf den verstopften Rückweg und die Männer, die sich gegenseitig wegstießen, um den rettenden Tunnel zu
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